Prof. Dr. med. Jürgen Windeler

Wer glaubt, dass die Bekenntnisse zu EbM aus der Gesundheitspolitik mehr als potemkinsche Dörfer sind, sollte einen Blick in den Regierungsentwurf zum „Gesundes-Herz-Gesetz“ werfen, der am 28. August 2024 vorgestellt wurde. Von der Ärzte Zeitung als „Kehrtwende“ gegenüber dem Referentenentwurf aus dem Juni eingestuft, kann man die Änderungen in der Sache kaum anders als Kosmetik bezeichnen.

Diesmal gibt es „Rouge“ statt weißer Salbe für diejenigen, die meinen, mit einer wissenschaftlichen Basis und sachlich-nüchternem Blick könne man in einem Gesundheitssystem sinnvolle, patienten-orientierte und wirtschaftliche Entscheidungen treffen.

Immerhin: Die skandalöse Relativierung der …

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Anke Rüdinger

Die Apotheken vor Ort arbeiten seit vielen Jahren weitgehend digital. Digitale Anwendungen unterstützen ihre Arbeit in vielen Bereichen. Beispiele sind die Warenwirtschaftssysteme, die Ausstellung digitaler Impfzertifikate während der Pandemie oder das E-Rezept. Das ist in unseren Apotheken längst Alltag.

In Zukunft wollen wir die Digitalisierung noch stärker in der Beratung unserer Patientinnen und Patienten nutzen. Da gibt es viel Potential. Aber bei allem Enthusiasmus möchte ich vorab betonen: Digitale Anwendungen können auf keinen Fall dauerhaft das vertrauensvolle persönliche Beratungsgespräch in der Apotheke vor Ort zwischen Apothekerinnen und Apothekern und ihren …

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Ute Repschläger

Bereits heute setzen viele unterschiedliche Professionen im deutschen Gesundheitssystem ihre Kompetenzen dafür ein, Patienten die bestmögliche Behandlung zukommen zu lassen. Die interprofessionelle Zusammenarbeit wird ein Schlüssel dafür sein, eine gute und effiziente Versorgung auch zukünftig gewährleisten zu können. Eine Kultur, in der interprofessionelle Zusammenarbeit eine Selbstverständlichkeit darstellt, muss daher das Ziel der Bemühungen aller Akteure im Gesundheitswesen sein.

Interprofessionelle Zusammenarbeit muss den beidseitigen und gleichberechtigten Austausch auf Augenhöhe ermöglichen, dafür sind Rollen und Verantwortlichkeiten zu bestimmen.

Das Credo der „Lotsenfunktion des Hausarztes“ und der daraus „natürlich“ erwachsenen Gesamtverantwortung für Diagnostik …

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Tessa Wolf

Das Medizinforschungsgesetz (MFG) ist ein Meilenstein. Warum? Weil es dafür sorgt, dass die klinische Forschung wieder auf die Überholspur kommt. Weil es Deutschland dort stärkt, wo seine Talente liegen: In der Entwicklung neuer Therapien für Menschen mit schweren Erkrankungen. Aber das MFG ist kein Selbstläufer: Die Arbeit fängt jetzt erst an.

Nun hat es vor der Sommerpause doch noch geklappt – das politische Gezerre auf der letzten Meile bis zum Placet des Bundestages war noch einmal intensiv. Es hat sich gelohnt: Herausgekommen ist ein Gesetz, das auf mehreren Ebenen dafür …

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Erich Irlstorfer MdB

Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach wollte die Pflege zur Chefsache machen, eine große und weitreichende Pflegereform hat er versprochen – doch in den nun mehr als 930 Tagen seit Amtsantritt passierte nichts dergleichen. Nun die Kehrtwende: Der politische Druck ist zu hoch, die Herausforderungen zu schwerwiegend. Lauterbach kündigt nach den Kabinettsberatungen des Berichts der Bundesregierung zur Finanzierung der sozialen Pflegeversicherung ein großes Reformkonzept an.

Nach der Sommerpause sollen weitreichende Vorschläge vorgelegt werden, die die problematische Situation in der Pflege und der sozialen Pflegeversicherung lösen werden. Dazu gehören mehr Prävention in …

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Dr. Jens Baas

Ein gutes Jahr vor Ende der Legislaturperiode bleiben von A wie Ambulantisierung bis Z wie „Zuschuss dynamisieren“ noch viele gesundheitspolitische Baustellen offen. Eine positive Ausnahme ist der Bereich Digitalisierung, denn hier ist tatsächlich einiges passiert: Mit dem Gesetz zur Schaffung einer Digitalagentur Gesundheit (GDAG) geht bereits das dritte BMG-Gesetz mit digitalem Schwerpunkt an den Start. Sein Ziel ist, die Kompetenzen in der digitalen Infrastruktur zur bündeln.

Das ist schon allein wegen des Fortschreitens der Digitalisierung – von E-Rezept bis elektronischen Patientenakte (ePA) für alle – sinnvoll. Jedoch gilt es, bei …

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Prof. Dr. med. Jürgen Windeler

Neben allerlei eigentümlichen Regelungen enthält der kursierende Referentenentwurf zum „Gesundes-Herz-Gesetz“ eine radikale Abkehr von fast allen Grundsätzen, die in der Methodenbewertung bisher galten, und treibt die monomane Idee, alles selbst und besser zu können, auf die Spitze.

„Der Gemeinsame Bundesausschuss, allgemein G-BA oder auch kleiner Gesetzgeber genannt, war das zentrale Beschlussgremium im deutschen Gesundheitssystem. Er hatte nach den gesetzlichen Regelungen im früheren SGB V in verschiedensten Aufgabenbereichen weitreichende Gestaltungs- und Entscheidungskompetenzen. Insbesondere hatte er in seinen Richtlinien zu regeln, welche Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im GKV-System angewendet und welche Medikamente verordnet …

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Verena Bentele

Knapp 30 Jahre nach der Einführung der Pflegeversicherung steht diese vor einer ungewissen Zukunft. Es drohen steigende Beiträge und Leistungskürzungen. Deshalb muss die Finanzierung dringend reformiert werden – und zwar jetzt.

Dass das Finanzierungssystem der Pflegeversicherung am Limit ist, wissen auch der Bundeskanzler und sein Gesundheitsminister. Dennoch sind sie offenbar uneinig, wann eine Reform in Angriff genommen werden kann: Karl Lauterbach lässt in einem Interview Ende Mai verlauten, dass er daran in dieser Legislatur nicht mehr glaubt, da die Positionen in der Koalition zu weit auseinanderliegen. Olaf Scholz hingegen kündigt …

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Dr. Matthias Gruhl

Der kürzlich vorgelegte Referentenentwurf eines Gesetzes zur Reform der Notfallversorgung (NotfallG) ist der dritte Versuch nach 2019 und 2020 zur Neuformulierung der Notfallgesetzgebung. Während die beiden Vorläufer mutige sektorübergreifende Ansätze beinhalteten, kommt der neue Entwurf mit deutlich geringerer systemischer Veränderungsbereitschaft daher. Nachvollziehbar, wenn man sich das Scheitern der ersten Vorstellungen vergegenwärtigt. Dafür sollte der dritte Versuch aber sitzen.

Aber warum werden die Schrittfehler, die in den Eckpunkten zur Notfallreform vom Januar identifiziert und diskutiert wurden, nicht behoben? Zwar ist eine gewisse Sturheit keine unübliche Praxis in der ministerialen Gesetzesmaschine. Wenn …

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Dr. Thomas Kaiser

Die Fußball-Europameisterschaft in Deutschland startet mit dem Eröffnungsspiel Deutschland gegen Schottland. „Heimspiel für Europa“, so der Slogan der Bundesregierung zu diesem Großereignis, das die Menschen in Europa verbinden soll [1]. Zwei Tage zuvor wurde im Gesundheitsausschuss über ein europapolitisch wichtiges Vorhaben diskutiert: die vertraulichen Erstattungsbeträge für das AMNOG als Bestandteil des Medizinforschungsgesetzes. Bei der Diskussion wurde erneut deutlich: Die geplanten Geheimpreise sind ein Foulspiel gegen Europa. Und sie sind ein Eigentor der pharmazeutischen Industrie.

Ein wichtiges Argument der Befürworter der Geheimhaltung von Erstattungsbeträgen ist so einfach wie falsch: Durch die …

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Stephan Pilsinger MdB

Auch nach dem Beschluss der Bundesregierung über ihr „Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz“ (KHVVG) spricht Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach nach wie vor von einer „Revolution im System“, die das KHVVG für die Krankenhausversorgung mit sich bringe.

Damit meint der SPD-Politiker insbesondere, „das System der Fallpauschalen systematisch überwinden zu wollen“, also das ökonomische Bestreben der Kliniken, im DRG-System möglichst viele lukrative Fälle zu behandeln, die in der krankenhausinternen Mischkalkulation dafür sorgen, dass die Erlöse am Ende immer für schwarze Zahlen sorgen. Das nennt Lauterbach die „Entökonomisierung“ des Krankenhaussektors.

 

Ökonomische Aspekte per se keine Schande

Mal abgesehen …

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Dorothee Brakmann

Die wesentlichen Gründe für Lieferengpässe bei Arzneimitteln in Deutschland und Europa sind preisdruckbedingte Verlagerungen der Arzneimittelproduktion nach Asien, zu geringe Diversifizierung der Produktionsstandorte und Störungen in den globalen Lieferketten durch jüngste Ereignisse wie die Unruhen in Nahost und den Ukraine-Krieg.

Ebenfalls immer wieder zu hören ist, dass Frühwarnsysteme fehlen, mit denen sich aufkommende Probleme erkennen lassen. Eine wichtige Voraussetzung dafür, möglichst früh vor einem Problem zu warnen, ist, es als solches zu erkennen. Wie schwer das sein kann, zeigt sich seit Monaten in China. Mit ihrem Spionageabwehrgesetz aus dem April …

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