20.09.2023
Die Gesundheits-Nina
Am 30. August 2023 beschloss das Bundeskabinett Karl Lauterbachs Gesetzentwurf für ein Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG) – der Startschuss für die parlamentarischen Beratungen. Die Nutzung von Gesundheitsdaten soll auf neue Füße gestellt werden. Unter anderem sollen Kranken- und Pflegekassen „ihre eigenen Daten“ nutzen können, um Versicherte individuell „auf die Ergebnisse dieser Auswertung über Gesundheitsrisiken“ hinzuweisen – zum „Gesundheitsschutz“ und „zur Verbesserung der Versorgung“. So sieht es ein neuer Paragraph 25b im SGB V vor. Abgesehen von ihrer beklagenswerten handwerklichen Ausgestaltung markiert die vorgeschlagene Regelung den vorläufigen Tiefpunkt bzgl. Evidenzbasierung und Patientensouveränität im …
Die neue Finanzierungsvereinbarung zur Telematik-Infrastruktur (TI) ist kein Gewinn. Für Ärzte ist das Kostenmodell auf die Bestrafung der Nichtanschaffung ausgelegt. Die Pflege hat erstmal das Nachsehen; allenfalls im Nachgang sind Änderungen zu erwarten. Verpasst wurde zudem, deutlich zu machen, wann die Telematik endlich greift. Warum die Politik dennoch von einer Beschleunigung bei der Digitalisierung spricht, ist rätselhaft.
Es bleibt zu hoffen, dass die Digitalschnecke zumindest in die richtige Richtung läuft. Dafür lohnt ein Blick in die Kostenerstattung, um die Probleme aufzuzeigen. Die Kostenerstattung für die TI im Bereich der Pflege …
12.09.2023
… leider wieder nicht umsetzbar
Schon der erste Versuch der Regierungskommission vom März, sich der Reform der Notfallversorgung zu nähern, ging bisher folgenlos in der gesundheitspolitischen Diskussion unter. Er ließ zu viele Fragen offen.[1] Leider gilt das Gleiche für die nunmehr vorgelegte neunte Stellungnahme zum Rettungswesen und dessen Finanzierung.
Licht und Schatten wechseln sich in einem Dreiklang ab:
- eine lesenswerte faktenbasierte und umfängliche Defizitanalyse, die die Komplexität des Rettungswesens aufzeigt,
- eine Wiederholung der seit 2018 bekannten Zielvorstellungen, angereichert mit einigen zusätzlichen guten Ideen,
- aber leider wieder keine Lösung, wie man diese Konzeption in der politischen
Was er sich einmal in den Kopf gesetzt hat, das muss mit Biegen und Brechen umgesetzt werden. Nachdem Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach erkennen musste, dass er mit seiner Krankenhausreform nicht die Planungshoheit der Länder aushebeln kann, müssen die von ihm propagierten Level nun halt eine andere Funktion erfüllen: Statt ein Instrument der Krankenhausplanung wird das Level in dem von Lauterbach geplanten „Transparenzverzeichnis“ nun zum Hotelstern, der es – reisewütigen Touristen mit dem Reisekatalog in der Hand gleich – Patienten und Angehörigen künftig ermöglichen soll, über Qualität, Ausstattung und Personal an einem …
05.09.2023
Schon viel mehr, doch immer noch zu wenig
Und jährlich grüßt das Murmeltier… Jedes Jahr im Spätsommer veröffentlicht die Bundesagentur für Arbeit ihren Entgeltaltas mit Informationen über die Gehälter aller sozialpflichtig Beschäftigten, sortiert und gegliedert nach Merkmalen wie Region, Beruf oder Geschlecht. Berechnet wird darin auch der Median der Bruttoarbeitsentgelte der einzelnen Berufe. Für ambulante Physiotherapeuten liegt dieser im aktuellen Betrachtungszeitraum bei 2.740 Euro. Was nicht sehr viel erscheint, ist auch nicht sehr viel. Denn die Physiotherapeuten werden in der offiziellen Klassifikation der statistischen Bundesämter als sogenannte „Spezialisten“ eingestuft.
Die Gehälter der unterschiedlichen Spezialisten variieren im Entgeltatlas zwischen …
Die Honorarverhandlungen zwischen GKV-Spitzenverband (GKV-SV) und KBV stehen in diesem Jahr unter besonderer Beobachtung der Ärzteschaft. Durch den Kostendruck in den Praxen und den fehlenden Fokus von Politik und Krankenkassen auf die ambulante Versorgung ist die Stimmungslage in den Praxen extrem angespannt. Ehrlich gesagt habe ich die Stimmung noch nie so schlecht erlebt.
Einer der Haupttreiber der Frustration ist dabei der „Spar-Wahn“ des GKV-SV. Mittlerweile kann sich niemand im System mehr daran erinnern, wann der GKV-SV – der immerhin auch die Interessen der GKV-Versicherten vertritt – zuletzt einen Vorschlag zur …
Das deutsche Gesundheitswesen steht vor großen Herausforderungen. Mit der geplanten Krankenhausreform und der beabsichtigten Beschleunigung der Digitalisierung beherrschen zwei große Reformvorhaben die aktuelle gesundheitspolitische Debatte. Daneben stellen die beiden Entwicklungen des zunehmenden Fachkräftemangels sowie der stetig steigenden Arzneimittelpreise zwei Bedrohungen dar, welche die Funktionsfähigkeit unseres Gesundheitssystems auf die Probe stellen.
Ein zentraler Punkt der gesundheitspolitischen Debatte auf Bundesebene ist bereits seit Monaten die Krankenhausreform. Lange hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach mit den Bundesländern gerungen. Oft war von einem Dissens in vielen Punkten zwischen Bund und Ländern zu lesen. Dann kam doch …
Mit dem Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG) liegt nun das zweite Gesetz offiziell versendet als Referentenentwurf vor, das die Digitalisierungsstrategie für das Gesundheitswesen und die Pflege umsetzt. Die Ideen der Strategie werden dabei erstaunlich genau abgearbeitet. Der Datenzugang für bestimmte Forschungszwecke über eine Datenzugangsstelle wird mehr Daten auf einer guten rechtlichen Grundlage für die Forschung zugänglich machen. Im Gesetz stecken aber auch Ideen zur Datenverarbeitung der Kassen, die eher an Orwell denken lassen – oder an schlichte Unkenntnis, was Krankenkassendaten heute aussagen können.
Zugang zu Gesundheitsdaten für Forschungszwecke
Angesichts der Schwierigkeit, Gesundheitsdaten …
04.08.2023
Der DigiG-Entwurf nach der Anhörung im BMG
Der August begann mit der Anhörung zum Referentenentwurf des „Gesetzes zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens (Digital-Gesetz – DigiG)“. Weiterentwicklung und Beschleunigung für die digitale Transformation im Gesundheitswesen und der Pflege verspricht der 139 Seiten starke Gesetzentwurf, 54 davon enthalten fünf Artikel mit Änderungen, 95 Nummern in zwei Artikel beziehen sich auf das Fünfte Sozialgesetzbuch (SGB V). Aber was steckt in diesen Änderungen gemessen am Anspruch, den die Digitalisierungsstrategie für das Gesundheitswesen und die Pflege schon entwickelt hatte?
EPA als Plattform für den Datenaustausch
Die Digitalisierungsstrategie vom 9. März …
Im Juni schien der bundesweite Protest der Apotheker Karl Lauterbach noch nicht zu beeindrucken. Im Juli kam dann erste Bewegung in die Debatte zur wirtschaftlichen Lage der Apotheken. Gabriele Regina Overwiening, Präsidentin der ABDA, informierte die „lieben Kolleginnen und Kollegen“, der Minister sei inzwischen zu einem Gespräch bereit. Das ist zumindest ein erster Schritt. Die Lage ist kompliziert – und ernst. Im Kern geht es um das fundamentale betriebswirtschaftliche Problem der Kostenunterdeckung in der RX-Arzneimittelabgabe.
Die Preise für die Abgabe rezeptpflichtiger Fertigarzneimittel in öffentlichen Apotheken sind hoheitlich administriert: Die Stückvergütung …
Kürzlich hat der Bundestag das Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG) verabschiedet. In Bezug auf Kontrastmittel ändert sich allerdings nichts – ein folgenschwerer Fehler, der die Patienten- und Versorgungssicherheit gefährdet.
Anlass für das neue Gesetz waren die vermehrten Lieferengpässe der vergangenen Jahre vor allem bei patentfreien Arzneimitteln. So mangelte es beispielsweise nach einer Infektionswelle im letzten Winter insbesondere an Antibiotika sowie Fieber- und Hustensaft für Kinder. Auch Medikamente für Krebspatienten waren zwischenzeitlich knapp. Allein bei den versorgungsrelevanten und verschreibungspflichtigen Arzneimitteln wies die vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) geführte Übersicht über …
Trotz allen Theaterdonners – die Einigung auf Eckpunkte war voraussehbar.[1] Für Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach ist die Krankenhausreform sein wesentliches „großes“ Prestigeprojekt in dieser Legislatur. Die Länder hoffen auf eine Entlastung bei der nicht mehr umkehrbaren Misere der Krankenhäuser in Deutschland. Beide Seiten waren letztendlich zum Erfolg verdammt: Bei einem Scheitern und dem sich zwangläufig anschließenden „Schwarzer-Peter-Spiel“ wären Bund und Länder beschädigt herausgekommen.
Weder für den Bundesminister und erst recht nicht für die Länder wäre eine andere Lösung in Sicht gewesen. Mit leeren Händen dastehen konnten sich beide nicht leisten – …