Von Tigern zu Bettvorlegern

Oder: Der Innovationsfonds zwischen Finanzierungspool und Versorgungsflop

Dr. Christopher Hermann

Die Ampelkoalition hat sich (auch) in der Gesundheits- und Pflegepolitik viel vorgenommen. Im Koalitionsvertrag (KOV) werden dazu weit mehr als einhundert Vorhaben adressiert. Eine prominente Ankündigung betrifft die dauerhafte Weiterführung des sogenannten Innovationsfonds, mit dem Projekte der neuen Versorgungsformen und der Versorgungsforschung seit 2016 auf ihre Tauglichkeit zur Weiterentwicklung von Versorgungsabläufen, Effizienz und Qualität in der GKV untersucht werden (sollen). Nach aktueller Rechtslage hat es mit dem offiziellen Ende der laufenden Legislaturperiode des Bundestages 2024 auch mit dem Innovationsfonds sein Bewenden.

Eine Begründung für das Vorhaben liefert der KOV nicht. Die damit implizierte Alternativlosigkeit des Instruments gibt freilich Anlass genug, im Folgenden einer solchen Begründung nachzuspüren. Zum einen stellt der Innovationsfonds politisch keineswegs den ersten Versuch dar, in der GKV die Weichen auf systematische Innovationsförderung und Versorgungsoptimierung zu stellen. Aber gab es überhaupt eine realistische Erfolgsoption für solche Vorhaben in der Vergangenheit? Warum verlief die ordnungs- und versorgungspolitische Debatte zunehmend eindimensional in Richtung Innovationsfonds?

Zum anderen stellen sich Fragen sowohl nach dem ordnungspolitischen Narrativ eines auf Dauerbetrieb gestellten Innovationsfonds als auch im Weiteren nach Anspruch und Wirklichkeit des Fonds seit seiner Implementierung Mitte des letzten Jahrzehnts. Wie wird das von Anfang an politisch vorgegebene Ziel der qualitativen Weiterentwicklung der Versorgung in der GKV über die Jahre hinweg eingelöst? Was ist im Hinblick auf die ausdrücklich gewollte Überführung in die Regelversorgung zwischenzeitlich erreicht worden? Kurzum: Wie steht es um die Evidenz der Konstruktion Innovationsfonds selbst?

 

1. Lahnstein und Labor

Bei eher unbedarfter Beobachtung der Entwicklung des GKV-Systems in den letzten Dekaden könnte sich im Kontext leicht Verwirrung einstellen. Was als paradigmatischer Aufbruch in Lahnstein vor drei Jahrzehnten begann und im wenige Wochen später umgesetzten Gesundheits-Strukturgesetz (GSG) Ende 1992 gesetzgeberisch vollzogen wurde – die Umwälzung eines verkrusteten, obrigkeitsstaatlichen Organisationsregimes der GKV durch den Übergang zu einer innovationsfreudigen „Wettbewerbsordnung auf Basis des Solidarprinzips“ (BVerfGE 113, 167, Rn 172; Entscheidung zum Risikostrukturausgleich (RSA) 2005) –, endet eine Generation später im KOV der Ampelparteien 2021 in der Ansage, dass der aktuell bis 2024 befristete zentralstaatliche Innovationsfonds „verstetigt“ wird: „Für erfolgreiche geförderte Projekte … werden wir den Pfad vorgeben, wie diese in die Regelversorgung überführt werden können“ (KOV 2021: 87).

Damit verkehrt sich offensichtlich die einstmals proklamierte Etablierung einer fundamental gewandelten ordnungs- und steuerungspolitischen GKV-Systemlogik über den Aufbau einer „Solidarischen Wettbewerbsordnung“ (Jacobs/Rebscher 2014: Rn 16 ff.), durch die sich die Vorteile der „GKV gegenüber alternativen Systemen staatlicher Gesundheitssicherung … voll entfalten (können)“ (GSG, Allg. Begr.; Bt-Drs. 12/3608: 69), in ihr Gegenteil. Anstelle wettbewerblicher Initiative um qualitätsorientierte und effiziente Versorgungsstrukturen durch politisch eröffnete und nachdrücklich erbetene innovative selektivvertragliche Arrangements zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern soll nunmehr über normative Direktive bestimmt werden, dass und wie sich Innovation und Fortschritt in der Versorgung Bahn brechen. Die über den von den bekannten Akteuren der gemeinsamen Selbstverwaltung administrierten Innovationsfonds, als dessen „übergeordnetes Ziel“ die „qualitative Weiterentwicklung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland“ gesehen wird (Begr. zu § 92a Innovationsfonds; Bt-Drs. 18/4095: 100), sollen „erfolgreich geförderte Projekte“ in Zukunft offenbar anhand eines rechtlich vorgegebenen fixen Ablaufschemas in die althergebrachte Kollektivversorgung implementiert werden.

 

2. Rhetorische Rituale und realpolitische Rinnsale

Die Einrichtung des Innovationsfonds im GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG) der 2. Großen Koalition (GroKo II) 2015 (§§ 92a, 92b SGB V) steht ordnungspolitisch paradigmatisch für eine im Zeitverlauf dominant agierende Abkehr von der seit Lahnstein parteiübergreifend in der GKV-Politik offiziell vielfach durchaus eindrucksvoll beschworenen Wettbewerbsrhetorik (Hermann 2020: Kap. 5). Erstmals in den Vereinbarungen der GroKo III 2018 sowie im Anschluss daran der Koalitionsparteien 2021 blieb diese Art von Ankündigungslyrik aus (Hermann 2022a: 26). Offenkundig entsprachen die realen Ergebnisse des sich seit dem Start in die Wahlfreiheit für die Versicherten bei Kontrahierungszwang der Krankenkassen und funktionstüchtigem RSA Anfang 1996 entwickelnden Vertragswettbewerbs in der GKV nicht den Erwartungen der politisch Verantwortlichen hinsichtlich der Etablierung von als zukunftsweisend empfundener Innovation oder der ausreichenden Fundierung verstärkter Qualität und Effizienz in der gesundheitlichen Versorgung.

Ohne dass diesem Umstand zeitnah die angemessene Aufmerksamkeit geschenkt worden wäre, formulierte der KOV der Rot-Grünen Regierung 2013 den ordnungspolitischen Widerspruch zwischen (programmatisch beschworener) Wettbewerbsorientierung hier und dem verstärkten realpolitischen Anspruch (zumindest) partieller direkter administrativer Steuerung in der GKV dort. Einerseits forderte der KOV, dass die Krankenkassen „Freiräume erhalten“ müssten, „um im Wettbewerb gute Verträge gestalten und regionalen Besonderheiten gerecht werden zu können“. Bestehende Hindernisse bei der Umsetzung integrierter und selektiver Versorgungsformen würden beseitigt (KOV 2013: 76). Andererseits kündigte der Vertrag insbesondere zur „Förderung innovativer sektorenübergreifender Versorgungsformen“ die Schaffung eines Innovationsfonds an. Für die Vergabe der dafür eingeplanten Finanzmittel in jährlich dreistelliger Euro-Millionenhöhe werde der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) verantwortlich (ebd.: 77f.).

Während der Innovationsfonds zwei Jahre später im GKV-VSG entsprechend dem KOV-Auftrag gesetzgeberisch umgesetzt wurde (dazu unten Kap. 4), blieb der Aufbau des neuen ordnungspolitischen Leitbildes der Solidarischen Wettbewerbsordnung ohne konsequente gesetzliche Grundierung. Es entwickelte sich ein inkonsistentes Potpourri verschiedener Selektivvertragsnormen (Übersichten bei Cassel/Nihalani 2009: 4; Jacobs/Rebscher 2014: Rn 41 ff.; Rebscher 2017: 9). Ihre systemische Einbettung in das Leistungserbringungsrecht der GKV konzentrierte sich dabei beständig allenfalls auf eine Supplierung des tradierten Versorgungsgefüges, war indessen gerade nicht auf dessen Substitution ausgelegt (näher Hermann 2020: Kap. 5). Die dominante Problemlösungsstrategie der unterschiedlichen Regierungskoalitionen seit Lahnstein war für alle unmittelbar Beteiligten deutlich anders gepolt: Stabilisierung des korporatistischen Ordnungsmodells bei einer gleichzeitig sukzessiv forcierten Zentralisierung und Uniformierung des bundesweiten Versorgungsgeschehens.

Angesichts dieser politischen Präferenzen nimmt auf der einen Seite die ohnehin schon institutionell begünstigte, weit verbreitete Reformabstinenz insbesondere unter den Krankenkassen nicht Wunder. Der gesetzgeberisch partiell eröffnete wettbewerbliche Optionenraum einer versorgungsmitgestaltenden Vertragsdifferenzierung wurde von der breiten Masse der Krankenkassen zu keinem Zeitpunkt annähernd ausgeschöpft. Im Gegenteil: Der von ihnen gebetsmühlenhaft bei jeder sich vermeintlich bietenden Gelegenheit öffentlich eingeforderte erweiterte vertragsrechtliche Handlungsspielraum, um den mit ähnlich rhetorischen Vehemenz immer wieder beschworenen Wandel vom „Payer zum Player“ erfolgreich bewältigen zu können (vgl. nur AG der Spitzenverbände 1994: 15 ff.; näher Knieps 2014: 22 ff.), blieb realpolitisch stets Schimäre (Monopolkommission 2017: Rn 146; Hermann 2022b: Rn 7). Während die ärztlichen Körperschaften „hinhaltenden Widerstand“ leisteten (Knieps/Müller 2017: Rn 46), operierten die Krankenkassen und ihre Verbände im realen Versorgungsalltag viel lieber weiterhin wie gehabt im Gemeinsam-und-einheitlich-Modus.

Auf der anderen Seite lieferten der institutionelle Strukturkonservatismus und die weit verbreitete vertragswettbewerbliche Verweigerungsattitüde der Kassenseite den politischen Entscheidungsträgern jedweder Couleur den vermeintlich untrügerischen Beweis dafür, dass nachdrückliche Wettbewerbsorientierung und Vertragsdifferenzierung die anwachsenden gesundheits- und versorgungspolitischen Herausforderungen in einer „Gesellschaft des längeren Lebens“ (SVR 2009) nicht befriedigend zu lösen vermochten. Die sowohl auf der Bundesebene als auch unter den maßgeblichen Länderakteuren im Zeitverlauf sukzessive die systemische Ausrichtung dominierenden Vertreterinnen und Vertreter eines möglichst weitgehend uniformen Regelungsregimes samt korporatistischem Beiwerk statt einer funktionalen Rahmensetzung für selektivvertragliche Versorgungsgestaltung hatten zunehmend leichtes Spiel.

Der von der Rot-Grünen Koalition 2002 programmatisch-innovativ angekündigte „Ausbau der solidarischen Wettbewerbsordnung“ (KOV 2002: 53) blieb realpolitisch alsbald im Gestrüpp divergierender Mehrheitsverhältnisse und parteitaktischer Konfrontation zwischen den gesetzgebenden Körperschaften hängen. Der Entwurf des GKV-Modernisierungsgesetzes (GMG), das schließlich Anfang 2004 in Kraft trat, hatte zwar den ordnungspolitischen Paradigmenwechsel insbesondere mit der Ablösung des Kollektivvertragssystems zugunsten obligatorischer Einzelverträge zwischen niedergelassenen Fachärztinnen und Fachärzten einerseits und Krankenkassen andererseits in den Fokus gestellt (Hiddemann/Muckel 2004: 7f.; Hermann 2022c: Kap. 4 mwNw). Damit hätte innovative Versorgungsgestaltung strukturbildend Wirkung entfalten können. Im parlamentarisch schließlich verabschiedeten GMG findet sich indessen von dieser Aufbruchskonzeption nichts mehr wieder.

Wenige Jahre später reklamierte das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG) der GroKo I 2007 nochmals eine ordnungspolitisch ähnliche Konzeption für sich. Danach sollte zukünftig „die Entwicklung neuer Versorgungsstrukturen in der ambulanten Versorgung ausschließlich im dezentralen, wettbewerblichen Selektivvertragssystem organisiert“ werden (Bt-Drs. 16/3100: 113). Die Umsetzung sollte über die eigens normierte Umsetzungsschiene „Hausarztzentrierte Versorgung“ (§ 73b SGB V) und „Besondere ambulant ärztliche Versorgung“ (§ 73c SGB V) für den fachärztlichen Bereich erfolgen. Damit wurde indessen – anders als noch im ursprünglichen GMG-Entwurf – schon keine generelle Substitution des Kollektivvertragsregimes mehr verbunden. Ebenso wenig konnte von einer materiell unterlegten Inzentivierung die Rede sein, so dass von diesem Aufschlag für die Systemakteure bei nüchterner Betrachtung auch kein strukturierender Impuls für die interne Neuorientierung ausgehen konnte.

Etabliert und gleichzeitig mit entsprechenden finanziellen Ressourcen unterlegt wurde indessen bereits 2004 ein „alternatives“ dezentral angelegtes Instrument: Die sogenannte Anschubfinanzierung zur Förderung der integrierten Versorgung (§ 140d SGB V idF des GMG). Danach konnten von den Krankenkassen beim Abschluss von entsprechenden Verträgen zunächst in den Jahren 2004 bis 2006 und schließlich verlängert bis Ende 2008 (im Vertragsarztrechtsänderungsgesetz, VÄndG; Orlowski et al. 2007: 110) jeweils bis zu einem Prozent der Budgets im ambulant-ärztlichen und im Krankenhaussektor zur Förderung der integrierten Versorgung einbehalten werden (Orlowski/Wasem 2003: 91ff.).

In einer „regelrechten Aufbruchstimmung“ (Lilje 2018: 121) wurde mit diesem Instrument zwar 2008 die vordergründig durchaus eindrückliche Anzahl von rd. 6.400 Verträgen zur integrierten Versorgung, Millionen teilnehmenden Versicherten und einem Vergütungsvolumen von mehr als 800 Millionen Euro realisiert (SVR 2012: Ziff. 439; Wille 2009: 109ff.; Schönbach 2015: 19, Tab. 1 und 2). Allerdings verbargen sich dahinter in ganz erheblichem Umfang kassenseitige Mehrfachzählungen von vornehmlich durch Vertragsarbeitsgemeinschaften abgeschlossenen inhaltsidentischen Vereinbarungen. In einer Reihe von Fällen kam es für einen einzelnen Vertrag auf Krankenkassenseite zu mehr als einhundert Zählungen, so dass es sich bei den ausgewiesenen Quantitäten um bloße Bruttovertragszahlen handelt, die deshalb keineswegs auf eine allseits sprudelnde Vertragsdiversität schließen lassen. Zudem wurden vielfach Klein- und Kleinstverträge mit teilweise allenfalls wenigen Dutzend Teilnehmenden abgeschlossen, die für sich zu keinem Zeitpunkt tatsächlich Versorgungsrelevanz beanspruchen konnten. Eine auf nachhaltige Gestaltung zielende intersektorale, koordinierte Versorgung stand regelmäßig gerade nicht im Zentrum dieses Vertragsgeschehens. Vielmehr dominierten Akutbehandlungen mit planbaren Eingriffen wie etwa in der Endoprothetik inklusive Nachsorge und Rehabilitation sowie isoliert definierte Leistungsanlässe wie ambulante Operationen die sogenannte integrierte Versorgung. Mit Beteiligung von Pflegeeinrichtungen und Pflegekassen wurden 2008 – brutto – ganze 35 Verträge gezählt (zum Ganzen SVR 2012: Ziff. 439, 442, 446; Schräder 2003: 419; Wille 2009: 112).

Der unmittelbar mit Auslaufen der pauschalen Bereinigungsregelungen zu verzeichnende sprunghafte Anstieg von Vertragsbeendigungen – allein bis 2010 rd. 2.000 (SVR 2012: Ziff 449) – offenbart, wie sehr die Anschubfinanzierung lediglich eine „Scheinblüte“ (Prüfer-Storks 2017: 45) im Selektivvertragsgeschehen ausgelöst hatte, die weder das tradierte Silodenken der Beteiligten noch die von ihnen verwaltete fragmentierte Versorgungsgestaltung im Kern tangierte.

 

3. Vom Zwischenstopp zur „First-best-Lösung“

Das Ende der sogenannten Anschubfinanzierung fiel zeitlich mit der Einführung des morbiditätsorientierten RSA (MRSA) in der GKV Anfang 2009 zusammen. Wie schon zeitnah kommentiert, erfolgte ordnungspolitisch mit dessen Implementierung auf der Einnahmenseite der Krankenkassen die notwendige weitere Weichenstellung für einen nachhaltig funktionstüchtigen Kassenwettbewerb um Versorgungseffizienz und -optimierung in einem solidarischen Krankenversicherungssystem (Jacobs 2009). Soweit damit die Erwartung verbunden wurde, auf diese Weise ausgabenseitig die „Handlungsanreize“ der Krankenkassen auch tatsächlich primär „versorgungsorientiert auszurichten“ (ebd.: 133), erfüllten sich entsprechende Annahmen nicht. Dazu erwies sich in der Folge die Zielgenauigkeit auch des weiterentwickelten RSA als gleichwohl mängelbehaftet. Dies ließ zum einen systemisch dysfunktionale Aktivitäten von Krankenkassen zur Optimierung ihrer über den Gesundheitsfonds ausgeschütteten MRSA-Einnahmen einzelwirtschaftlich vorteilhaft erscheinen, was sich in einer Vielzahl von in der Regel mit Kassenärztlichen Vereinigungen abgeschlossenen sogenannten Betreuungsstrukurverträgen und Codier-Vereinbarungen widerspiegelte (Monopolkommission 2017: Rn 89f.; Schönbach 2015: 21).

Zum anderen bot das Handeln der politisch Verantwortlichen für die unmittelbar an der Versorgung Beteiligten stets reichlich Anschauungsmaterial, die eigene Komfortzone in der „Hängematte“ Kollektivvertrag auch weiterhin nicht zu verlassen. Die gesetzgeberisch (zunehmend) zentralistisch gepolten Strukturen der GKV-Versorgungsgestaltung (Schönbach 2015: 21; Hermann 2020: Kap. 6) sandten für alle Akteure deutliche Signale für die Zukunft der Systemaufstellung aus. Für eine grundlegende Neuausrichtung des jeweiligen Geschäftsmodells bestand aus der Perspektive der Stakeholder im System regelmäßig keinerlei Anlass.

Gleichzeitig gewann im gesundheitspolitischen Diskurs die Vorstellung, auch Versorgungsinnovation, Prozess- und Effizienzoptimierung im System abseits von dezentralen wettbewerblichen Such- und Entdeckungsverläufen über einen zentralstaatlich gelenkten einheitlichen Finanzpool zu organisieren, zunehmend Befürwortung (BMC 2010; Amelung 2013: 145; Amelung/Wolf 2013a: 103 f.; Amelung/Wolf 2013b).

Da eine Krankenkasse „ihr Geld nie so einsetzen (wird), wie ein Unternehmer, der sich aus einer Investition in die Zukunft einen Fortschritt für sein Unternehmen erhofft“, wurde argumentiert, müsse eine „angemessene, zeitlich begrenzte Anschub- oder Überbrückungsfinanzierung“ erfolgen, die „den Ausweg aus der Zwickmühle“ weise (BMC 2010: 38; ebenso: Amelung/Wolf 2013a: 103). Es solle sich bei der Finanzierung allerdings um ein „im Erfolgsfall rückzahlbares“ Darlehen handeln, da dadurch „das Interesse an wirtschaftlichem Erfolg und wirtschaftlicher Tragfähigkeit des geförderten Projekts deutlich“ gesteigert werde (BMC 2010: 39). Die Vorhaben müssten einer umfassenden Evaluation unterzogen werden. Denn, so wurde überraschend herausgestellt, „solange keine belastbaren Evaluationen existieren, werden IV-Verträge in ihrer Ausbreitung immer begrenzt bleiben“ (Amelung/Wolf 2013b). Im Weiteren sei die Förderung zeitlich zu befristen, „da sich die Versorgungsmodelle nach ihrer Erprobung selbst tragen müssen“ (ebd.).

Bei einem Innovationsfonds handele es sich „um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe“ (ebd.). Allerdings war gleichwohl nur bedingt an die in einem solchen Fall naheliegende Finanzierung aus allgemeinen Steuermitteln gedacht, sondern neben der GKV sollten „weitere Gruppen wie die private Versicherungswirtschaft“ in den Fonds einbezogen werden (ebd.). An anderer Stelle wurde auch reichlich unspezifisch eine Beteiligung der „Gesamtbevölkerung über das Steuersystem oder die Kommunen“ empfohlen (Amelung/Wolf 2013a: 104). Der Mittelbedarf wurde bei zwei Prozent des Finanzvolumens des Gesundheitsfonds gesehen – mithin Anfang der 2010er Jahre bereits bei mehr als 300 Millionen Euro (BMC 2010: 39; Amelung/Wolf 2013a: 104). Ebenso nebulös wie in der Frage des angemessenen Finanziers blieb die Ansage hinsichtlich der institutionellen Verankerung der Mittelvergabe. Als Entscheidungsgremium sei ein Kuratorium „denkbar“, das sich „zusammensetzt aus Vertretern verschiedener Ministerien“ – genannt wurden gleich sechs: Gesundheit, Wirtschaft, Forschung, Arbeit und Soziales, Verbraucherschutz sowie Familie und Frauen – „sowie gesellschaftlich anerkannter Persönlichkeiten“ (BMC 2010: 39; s. auch Amelung/Wolf 2013a: 104).

Ordnungspolitisch sei das Modell des Innovationsfonds zwar eine „Second-best-Lösung“. Da der „Königsweg“ eines „echten Wettbewerbs“ auf einem „möglichst freien Markt“ aber in „näherer Zukunft wohl kaum in realistische Reichweite kommen“ werde, stelle der Innovationsfonds sogar „unter denen gegebenen Umständen die First-best-Lösung dar“ (Amelung/Wolf 2013a: 103). Die Konzeption der Solidarischen Wettbewerbsordnung als Innovationsschmiede findet hier schon gar keine Erwähnung mehr. Die vermeintliche Alternative zu einer einheitlich reglementierten und zentral administrierten Innovationsentwicklung in der GKV wird in einem möglichst „freien“ Marktmodell für die GKV geortet, ein im relevanten politischen Spektrum der Bundesrepublik nirgends programmatisch unterstütztes, geschweige denn realpolitisch verfolgtes Kontrastprogramm. Die Implementierung einstmals erwogener Instrumente zur Beseitigung des als mangelhaft empfundenen Investitionsklimas in der GKV-Landschaft, wenn es um Struktur- und Prozessentwicklung geht, bleibt unerwähnt. Rückbau kollektivvertraglicher Arrangements und Aufhebung des Kontrahierungszwangs, steuerungspolitische Privilegierung von Selektivverträgen und damit insgesamt die Etablierung eines ordnungspolitischen Klimas für einen funktionstüchtigen Innovationswettbewerb, der die sattsam bekannte Rhetorik im politischen Raum beim Wort nimmt, sind kein Thema (dazu in der seinerzeitigen Diskussion: Jacobs 2010: 68f.; Mehl et al. 2013: 76f.; Rebscher 2017: 9f. mwNw).

 

4. „First-best-Lösung“ und „vertiefende Überlegungen“

Die Vorstellung der Einrichtung eines Innovationsfonds zur „Förderung innovativer sektorübergreifender Versorgungsformen“ – ergänzt um das Thema Versorgungsforschung, das zuvor in diesem Kontext kaum diskutiert worden war – findet sich wie beschrieben bereits wenig später im Pflichtenheft der GroKo II Ende 2013 (oben Kap. 1; KOV 2013: 77 f.). Die Grobstruktur spiegelt dabei ganz den zuvor von interessierter Seite eingebrachten Wunschkatalog:

  • Förderungsobjekte („sektorübergreifende Versorgungsformen“, die „über die Regelversorgung hinausgehen“),
  • Fondsumfang (300 Millionen Euro jährlich inklusive einem Anteil für Versorgungsforschung in Höhe von 75 Millionen Euro),
  • Förderungsorganisation [zentralstaatlich über den Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA)] und
  • Fondslaufzeit („eine Evaluierung erfolgt nach vier Jahren“; KOV 2013: 78).

Erläuternd dazu führten die zentralen Protagonisten der GroKo-Gesundheitspolitik in einem gemeinsamen Positionspapier aus, dass „viele neue Versorgungsprojekte an der fehlenden Anschubfinanzierung“ scheiterten. Zudem fehle, so die weitere Erkenntnis, „ein verbindliches und transparentes Regime zum Übergang in die Regelversorgung“ (Lauterbach/Spahn 2014: 1). Damit wurde der mangelnde versorgungspolitische Systemfortschritt auch nicht im Kontext der offenkundigen Defizite im Aufbau der einstmals propagierten Solidarischen Wettbewerbsordnung gesehen, sondern von ihnen schlicht ein seit dem Ende der Anschubfinanzierung ab 2009 fehlendes Subventionsregime verantwortlich gemacht.

Der Innovationsfonds sorgt insoweit seit 2016 für Abhilfe, wobei er allerdings die Solidargemeinschaft der GKV die auszuschüttenden Fördergelder selbst aufbringen lässt. Steuermittel fließen unmittelbar überhaupt nicht und allenfalls in einem sehr bescheidenen Umfang über den Bundeszuschuss zu den Einnahmen der GKV (§ 221 SGB V) ein. Die eine Hälfte der für den Innovationsfonds zur Verfügung stehenden Mittel von zunächst 300 Millionen Euro jährlich für den Zeitraum 2016 bis 2019 (§ 92a III 1 SGB V idF des GKV-VSG) und von 200 Millionen Euro für die Jahre 2020 bis 2024 (§ 92a III 1 SGB V idF des DVG) wird den Krankenkassen anteilig versichertenbezogen unmittelbar aus ihren Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds einbehalten, die andere Hälfte fließt aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds (§ 92a IV SGB V; § 23 RSAV) – mithin im Wesentlichen ebenfalls allein aus Beiträgen von Versicherten und Arbeitgebern (§ 271 II 5 SGB V; Knieps/Müller 2017: Rn 65).

In der Begründung der GroKo zu den einschlägigen Normen wird bereits ausdrücklich hervorgehoben, dass die Vorhaben zu neuen Versorgungsformen zunächst „hinreichendes Potential aufweisen“ müssten für die „Überführung in die Regelversorgung“ (Bt-Drs. 18/4095: 100; ebenso Maag 2017: 43). Wie diese konkret erfolgen kann und soll, blieb entgegen den Vorstellungen der Koalitionsverhandler aber in der gesetzlichen Umsetzung anfangs weithin offen (vgl. Bt-Drs. 18/4095: 100). Insoweit greift hier allerdings die von der GroKo III Ende 2019 betriebene Novellierung im Rahmen des Digitale-Versorgung-Gesetzes (DVG) entsprechend weiter. Seither obliegt dem Innovationsausschuss explizit die Aufgabe, innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Vorlage des Endberichts eine „Empfehlung zur Überführung der neuen Versorgungsform oder wirksamer Teile aus einer neuen Versorgungsform in die Regelversorgung“ abzugeben (§ 92b III 1 SGB V idF des DVG).

Gegenüber der die Ausgestaltung der Regelversorgung „beherrschenden Steuerungsinstanz“ GBA (Hollo 2022: Rn 4; affirmativ für alle Hofmann/Wallrabenstein 2022: Rn 17) mutiert ein positives Votum des Innovationsausschusses faktisch zu einem Weisungsrecht sui generis, da der GBA gleichzeitig gesetzlich verpflichtet wurde, nach einem entsprechenden Beschluss des Innovationsausschusses innerhalb von zwölf Monaten die als notwendig angesehenen Regelungen zur Einführung in die Regelversorgung zu schaffen (§ 92b III 2 ff. SGB V; Huster 2022: Rn 4; Graf/Hermann 2019). Nach dem Willen der GroKo steht dem GBA dabei hinsichtlich der Aufnahme ausdrücklich kein Ermessen mehr zu, sondern lediglich „hinsichtlich des konkreten Weges der Überführung in die Versorgung“. Es soll auf diese Weise „sichergestellt werden, dass erfolgreich erprobte Versorgungsansätze zügig allen gesetzlich Versicherten zugänglich gemacht werden“ (Bt-Drs. 19/13438: 54 f.).

Ungeachtet dessen kündigt der Ampel-KOV Ende 2021 nochmals dezidiert an, den „Pfad“ in die Regelversorgung für „erfolgreiche geförderte Projekte“ verbindlich vorgeben zu wollen (s. oben Kap. Offenkundig spiegelt sich hier eine nachhaltige Aversion der Koalitionäre gegen die bisherigen Abläufe bei der Implementierung „erfolgreicher Projekte“ in die Regelversorgung. Da aber der „Pfad“ dorthin unter verantwortlicher Gestaltung durch die Partner des Korporatismus mit der Novellierung durch das DVG verfahrensseitig als bereits präzise vorgezeichnet gelten muss, dürfte die eigentliche Intention des Ampel-KOV eher in einer grundlegenden Umgestaltung des Prozesses liegen: Die Etablierung eines rechtlich zwingend ausgestalteten Automatismus und – in Kontinuität mit dem gesundheitspolitischen Steuerungsmodell der Vorgängerregierung – der weitere Ausbau unmittelbarer exekutiver Einflussnahme auf die Ergebnisse der Fondsprojekte.

Grundsätzlich darf die organisatorische Ausgestaltung der Durchführung der Förderung durch den Innovationsfonds bereits von Beginn an als ein beredtes Beispiel für den Ausbau des exekutiven Dirigismus in den Jahren der letzten GroKo gelten (Graf/Hermann 2019; Hermann 2020). Zum einen ist ganz im Sinne der Vorstellungen des KOV 2013 und der „vertiefenden Überlegungen“ der maßgeblichen Koalitionäre die organisatorische und institutionelle Verankerung des Innovationsfonds geregelt. Auf Seiten der Leistungserbringer und -träger sind allein tradierte Systemadministratoren – die selbst wesentliche Verantwortung für die Insuffizienzen in der Versorgungs- und Qualitätsentwicklung des deutschen Gesundheitswesens tragen – aufgerufen, abschließend zu bestimmen, welche potentiellen Versorgungsinnovationen Eingang in das GKV-System finden. Im Innovationsausschuss, der beim GBA angesiedelt ist und als eigentliches Vergabegremium für die Mittel des Fonds fungiert, genießen insoweit ausschließlich Vertreter der tradierten Systemaufstellung Sitz und Stimme.

Dabei besetzt aber zum anderen die gemeinsame Selbstverwaltung nur sechs von zehn Sitzen [drei GKV-Spitzenverband; je einen KBV, KZBV und Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG)] und besitzt damit keine originäre Gestaltungsmacht mehr, da für Entscheidungen des Gremiums gesetzlich sieben Stimmen vorgegeben sind (§ 92b II 4 SGB V idF des GKV-VSG; heute § 92b II 12 SGB V). Der unparteiische Vorsitzende des GBA als weiteres Mitglied und gleichzeitig Vorsitzender des Innovationsausschusses (§ 2 V GO IA) kann zwar hier die notwendige Stimmenzahl zur Entscheidungsfindung sichern, dazu bedarf es freilich bereits im Vorfeld der Einigung unter allen Vertretern des Korporatismus. Der unparteiische GBA-Vorsitzende findet sich damit auch nicht mehr in der üblichen Funktion des Schlichters zum Ausgleich divergierender Interessen der Kollektivvertragspartner, sondern in der neuen Rolle eines zwingend benötigten Mehrheitsbeschaffers, um die eigenständige Handlungsfähigkeit der Selbstverwaltung zu erhalten. Im Weiteren stellt nämlich die Exekutive drei Vertreter (zwei BMG, einer BMBF) des Beschlussgremiums (§ 92b I 2 SGB V).

Es bedarf somit gesetzlich lediglich einer geringfügigen weiteren Verschiebung der Mechanismen der Entscheidungsgestaltung, um zukünftig jegliche Beschlussfassung gegen das Votum der Vertreter der Bundesexekutive bereits formal auszuschließen. (Willkommener) Anlass dafür abgeben könnte leicht die im KOV der Ampelregierung angekündigte Entfristung der Laufzeit des Innovationsfonds (s. oben Kap. 1). Die Verbindung von Entfristung und Überführungsautomatismus von „erfolgreichen Projekten“ in die Regelversorgung läge genau in der Logik des exekutiven Dirigismus – es eröffnete sich eine neue Art der Pfadabhängigkeit.

 

5. Vom Labor zur Regel I

Die eigentlich systematisch entscheidende Frage, ob nicht eine Konzeption, mehr und schnellere Innovationen in der GKV-Versorgungslandschaft mit einer Governance anzugehen, verfehlt ist, die dem in den Jahren der GroKo III sukzessiv durchgesetzten ordnungspolitischen Narrativ des exekutiven Dirigismus folgt, der die Systemakteure mit exekutiver Präponderanz und detaillistischer Regulierung wiederholt nur noch als administrative Erfüllungsgehilfen (ge)braucht, stellt sich für die Beteiligten in der Politik – wenig überraschend – nicht. Von den Akteuren der gemeinsamen Selbstverwaltung – schon weniger überraschend – wird sie im Kern auch nur stiefmütterlich behandelt. Die Krankenkassen reklamierten zwar anfangs in der Diskussion den „Erhalt ihres Alleinstellungsanspruchs“ (Hohnl/Seidel 2021: Rn 138). Dem Vorwurf einer angeblichen „Totalopposition“ wollte sich indessen niemand aussetzen (ebd.: Rn 143). Letztlich wurde von den Systembeteiligten Änderungsbedarf allein in Details mit bekannter Lobbyschlagseite in den Argumenten angemeldet (zusammenfassend Gerst 2014).

Wie ein zentrales Steuerungsgremium den agilen Innovationsmotor abgeben soll, das ausschließlich besetzt ist mit Vertretern von Verbänden, die sämtlich für das „befremdliche Überleben“ (Colin Crouch) der Silostrukturen in der deutschen Gesundheitsversorgung seit Jahrzehnten Mitverantwortung tragen, selbst aber Versorgung gerade nicht konkret gewährleisten müssen, schien kaum ernsthaft zu interessieren.

Dies gilt ebenso für die Überlegung, dass Fördergelder, die sich für Leistungserbringer als Subventionen in Form verlorener Zuschüsse darstellen, schnell falsche Anreize für die Initiierung ökonomisch letztlich nicht tragfähiger Vorhaben setzen. Da für die Krankenkassen angesichts ihrer Verluste bei den Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds zugunsten der Finanzierung des Innovationsfonds zudem das „Schlange stehen“ um Fördergelder als Pflichtprogramm gelten darf (s. schon Hermann 2015: 11 f.), konnte hier leicht eine wenig zieladäquate Melange erwartet werden.

Schließlich blieb völlig unzureichend reflektiert, dass die Förderung neuer Versorgungsformen im Rahmen des Innovationsfonds einen Probelauf unter „Laborbedingungen“ – mit häufig hohem intrinsischen Koordinations- und Steuerungsimpetus bei den unmittelbar Beteiligten – darstellt. Die spätere Übertragung in das Korsett der allgemeinen Regelversorgung, die verbindliche Strukturierung von Versorgungsprozessen von wenigen Ausnahmen wie etwa den Disease Management Programmen (DMP; § 137f SGB V) abgesehen gerade nicht kennt, stößt schon von daher schnell an Grenzen. Bei Übertragung eines Projektdesigns in die profane Beliebigkeit der Alltagsversorgung sind massive Qualitätsverluste vorprogrammiert; sie dürfen gleichsam als systemimmanent gelten. Ein patientenbezogener Versorgungsgewinn, erreicht unter von oftmals hochmotivierten Initiatoren entworfenen Modellbedingungen, einerseits und die Effekte im „Echtbetrieb“ unter alltäglichen Versorgungsbedingungen zwischen Flensburg und Lörrach andererseits bilden nicht zwei Seiten derselben Medaille ab. Sie zahlen mit völlig anderer Währung.

Dass für die vom Innovationsfonds geförderten neuen Versorgungsprojekte routinemäßig eine wissenschaftliche Begleitung und Auswertung zu erfolgen hat (§ 92a I 3 SGB V), ändert daran wenig. Begründet wird die Evaluationspflicht schon im GKV-VSG 2015 insbesondere mit dem Verweis darauf, dass „damit die Ergebnisse der Vorhaben und deren Effekt für die Versorgung im Hinblick auf eine Prüfung der dauerhaften Übernahme in die Versorgung valide und auf gesicherter Datengrundlage beurteilt werden können“ (Bt-Drs. 18/4095: 101; ähnlich Maag 2017: 43).

Die Argumentation erinnert aber eher an eine besondere Art von Circulus vitiosus als an eine logische Implikation. Denn die Evaluation kann lediglich „valide und auf gesicherter Datengrundlage“ den Outcome unter Laborbedingungen dokumentieren. Für die Prüfung einer „dauerhaften Übernahme in die Versorgung“ sind im Weiteren die Bedingungen der Alltagsversorgung mit den Vorgaben der Modellaufstellung abzugleichen und die dabei eruierten Differenzen analytisch aufzubereiten. Sodann kann eine realistische „Prüfung“ über die prinzipielle Realisierbarkeit („ob überhaupt“) und gegebenenfalls das Ausmaß („welche Elemente“) der Translation eines Modellprojekts in die Regelversorgung erfolgen. Es kann die generelle und spezielle Machbarkeit der Versorgungsinnovation unter Alltagsbedingungen antizipiert werden. Erst ein solches methodisch-herausforderndes, vielfach hoch komplexes Vorgehen schließt sinnvollerweise eine Evaluation ab, die dann wesentliche Hinweise und Begründungen für die anschließende Entscheidung des Innovationsausschusses liefert. Die gesetzliche Konzeption geht andere Wege, da allein das „Laborergebnis“ verlangt ist.

 

6. Vom Labor zur Regel II

Mittlerweile liegen sieben Jahre Erfahrungen mit dem Instrument des Innovationsfonds vor. Insgesamt stand in diesem Zeitraum ein Investitionsvolumen von 1,8 Mrd. Euro für neue Versorgungsformen und Projekte der Versorgungsforschung, finanziert im Wesentlichen aus Beitragsgeldern der GKV-Gemeinschaft, zur Verteilung an. Bis Ende 2022 wurde damit bei weit mehr als 2.000 eingereichten Anträgen die stattliche Anzahl von 557 Projekten gefördert, 363 davon aus dem Bereich der Versorgungsforschung und 194 aus dem Bereich der neuen Versorgungsformen (GBA 2023).

Für 41 der Förderprojekte zu neuen Versorgungsformen liegen die gesetzlich verlangten Beschlüsse mit Empfehlungen des Innovationsausschusses im Zusammenhang mit dem zu beurteilenden Überführungspotential der neuen Versorgungsform oder einzelner ihrer Elemente in die Regelversorgung vor (§ 92b III 1 SGB V; § 13 I Verfahrensordnung IA [VO IA]). Für 83 Förderprojekte aus dem Bereich der Versorgungsforschung liegen ebenfalls Beschlüsse des Innovationsausschusses vor, wobei hier für die Empfehlung zur Überführung von Erkenntnissen in die Regelversorgung nur eine „Kann“-Bestimmung greift (§ 92b III 2 SGB V, § 13 II VO IA).

Doch welche Ergebnisse und Folgen für die Versorgung haben sich daraus ergeben, insbesondere im Hinblick auf das stets betonte Ziel der „dauerhaften Übernahme“ von Projekten in die Regelversorgung?

Wenn es nach den Verlautbarungen der Ampel-Koalitionäre geht, sollte das Fazit eindeutig sein. Jedenfalls spricht die Vorgabe im KOV, den Innovationsfonds zu entfristen und über das bisher gesetzlich fixierte Endjahr 2024 hinaus unbegrenzt fortlaufen zu lassen (KOV 2021: 87: „wird verstetigt“; oben Kap. 1), eine eindeutige Sprache. Es darf ein Erfolgsmodell vermutet werden.

Indessen lässt eine genauere Analyse an dieser Schlussfolgerung gewisse Zweifel aufkommen. Von den bis Ende 2022 insgesamt veröffentlichten 124 Beschlüssen zu den Ergebnissen von Förderprojekten der Versorgungsforschung und der neuen Versorgungsformen wurde in 59 % der Fälle vom Innovationsausschuss aufgrund der Insuffizienz von Projektverlauf und/oder Projektresultaten oder der Evaluationsergebnisse überhaupt keine Empfehlung ausgesprochen (73 Fälle; hier und im Folgenden eigene Auswertung).

Immer wieder wird bei Projekten der neuen Versorgungsformen auf ein hohes Verzerrungspotential aufgrund eines unbefriedigenden Studiendesigns („fehlende Kontrollgruppe“) oder das Fehlen „signifikanter Ergebnisse für die Wirksamkeit der NVF“ etwa aufgrund niedriger Responseraten bei Befragungen und/oder hoher Drop-out-Quoten der Teilnehmenden im Projektverlauf hingewiesen. Randomisierte Studien höherer Evidenzstufen fehlen völlig (exemplarisch IA 2022c: 1; IA 2022e: 1 f.).

Bereits Ende 2020 erging im Kontext auch ein entsprechender Beschluss ohne Empfehlung zur Zehn-Jahres-Evaluation des Versorgungsprojekts „Gesundes Kinzigtal“, da „auf Basis der Ergebnisse“ eine „Empfehlung zur breiteren Umsetzung nicht ausgesprochen“ werden könne. Die Versorgungsqualität hätte „über die betrachteten 10 Jahre nicht über den säkularen Trend hinausgehend verbessert werden“ können (IA 2020b: 1; vgl. auch Schubert et al. 2021: v.a. 470; Hermann 2021: Kap. 3).

Im Rahmen von Projekten der Versorgungsforschung heben die Beschlüsse wiederholt auf grundlegende methodische Einschränkungen und/oder die mangelnde Studienqualität (Selektionsbias, „unverblindete randomisierte Studie“, „fehlendes Matching der Patientinnen und Patienten“) und dadurch verursachte erhebliche Limitationen im Hinblick auf die Aussagekraft vorgelegter Ergebnisse ab (exemplarisch IA 2021: 1; IA 2022d: 1). Der Verweis darauf, dass jede Wissenschaftlerin und jeder Wissenschaftler in Deutschland „im Rahmen ihrer eigenen Agenda erforschen“ könne, was er oder sie „will“ (Stegmaier 2022: 27), trägt im Kontext sicher nicht weiter. Schon nach der gesetzlichen Grundnorm des § 92a II 1 SGB V sollen Versorgungsforschungsprojekte konkret auf „Erkenntnisgewinn zur Verbesserung der bestehenden Versorgung“ in der GKV ausgerichtet sein. Sie sollen zudem „von hoher praktischer Relevanz sein und eine besondere Nähe zur praktischen Patientenversorgung haben“ (Bt-Drs. 18/4095: 101; s. auch § 7 II VO IA).

Da der Innovationsausschuss bei allen seinen Entscheidungen auf die Zuarbeit des Expertenpools zugreift (§ 92b V SGB V), darf verfahrensmäßig bereits hier ein wesentliches Nadelöhr für die Standards der Qualitätsorientierung beantragter Projekte vermutet werden. Dies gilt ebenso für Vorhaben zu neuen Versorgungsformen, die gesetzlich bereits bei Beantragung ein „hinreichendes Potential nachweisen“ müssen, dauerhaft in die Versorgung aufgenommen zu werden (§ 92a I 2 SGB V). Der Expertenpool, mittlerweile eine Gruppe von 120 Personen (Bt-Drs. 20/1361: 24), hat mit dem DVG den früheren Expertenbeirat, dessen Mitgliederzahl zehn „nicht überschreiten“ sollte (§ 92b V 3 SGB V a.F.), in seinen Funktionen abgelöst. Wenn etwa regelmäßig Vergleichsstudien von fragwürdiger Qualität in den standardisierten Kurzgutachten mit Abgabefrist drei Wochen – mehr ist ohnehin nicht verlangt – (§ 9 III VO IA) gleichwohl ein positives Votum hinsichtlich der ausdrücklich geforderten methodischen und wissenschaftlichen Qualität der Anträge bewirken (§ 3 VI, VII VO IA), ergeben sich zumindest gewisse grundsätzliche Zweifel am Auswahlverfahren.

In 35 % der Beschlussfälle (43 absolut) wurde vom Innovationsausschuss eine Weiterleitung zur Prüfung in eigener Zuständigkeit an verschiedenste Akteure und Gremien im Gesundheits- oder Pflegekontext oder die Information entsprechender Institutionen für sinnvoll angesehen. Zu drei Projekten der Versorgungsforschung empfiehlt der Innovationsausschuss deren Erprobung im Rahmen bereits bekannter Projekte zu neuen Versorgungsformen. So erging im April 2020 ein Beschluss zum Projekt EMSE – Entwicklung von Methoden zur Nutzung von Routinedaten für ein sektorenübergreifendes Entlassmanagement mit dem Ziel zu erproben, ob der „idealtypische Prozessaufbau im Versorgungsalltag umsetzbar ist“ (IA 2020a: 2). Dies soll im Projekt USER – Umsetzung eines strukturierten Entlassmanagements mit Routinedaten erfolgen (ebd.: 1).

Im Weiteren sieht der Innovationsausschuss in seinen Beschlüssen bei vier Projekten (3,2 %) zumindest „Ansätze“ für eine Überführung einer neuen Versorgungsform in die Regelversorgung und spricht in einem Fall (0,8 %) (ARena – Antibiotika-Resistenzentwicklung nachhaltig abwenden) eine vorbehaltlose „Empfehlung zur Überführung in die Regelversorgung“ aus (IA 2022a: 1).

 

7. Evidenz und Prognose

Bei den vier Projekten, die vom Innovationsausschuss in Ansätzen zur Überführung in die Alltagsversorgung empfohlen werden, findet sich auch das Modell INVEST Billstedt/Horn als Prototyp für eine Integrierte gesundheitliche Vollversorgung in deprivierten großstädtischen Regionen (IA 2022b). Nach dem Beschluss des Innovationsausschusses wird neben der Prüfung durch die Gesundheits- und Sozialministerien der Länder oder die Akteure der Selbstverwaltung, „wie Ansätze der neuen Versorgungsform zur Verbesserung wohnortnaher Versorgungs- und Beratungsangebote genutzt werden können“, um namentlich in „sozial deprivierten Stadtteilen oder Kommunen“ gesundheitliche Chancengleichheit zu stärken, insbesondere das BMG aufgefordert zu prüfen, ob gesetzliche „Anpassungen zur Umsetzung und umsetzungsbezogenen Finanzierung niederschwelliger Beratungs- und Versorgungsangebote“ in entsprechenden Settings vorgeschlagen werden können (ebd.: 1).

Allerdings veranschaulichen die Evaluationsergebnisse nach den Erkenntnissen des Innovationsausschusses „insgesamt ein heterogenes Bild“, das zudem auch hier durch eine eingeschränkte Validität der Ergebnisse aufgrund „einiger Limitationen“ (teils sehr niedrige Fallzahlen und Rücklaufquoten bei Befragungen, nicht randomisierte Vergleiche) geprägt sei. Hinsichtlich einer Reihe der für die Ergebnisbewertung herausgestellten Erfolgsparameter für das Projekt wie etwa

  • der Patientinnen- und Patientenaktivierung
  • der gesundheitsbezogenen Lebensqualität
  • der Gesundheitskompetenz
  • der Arztkommunikation oder
  • der Inanspruchnahme von Versorgungsleistungen und den damit verbundenen Ausgaben

konnten keine signifikanten Unterschiede oder Verbesserungen in der Versorgung festgestellt werden (ebd.: 2; ausführlich Wild et al. 2021: 75 ff. v.a. 121 f.; auch Stillfried 2022).

Der Innovationsausschuss macht in seinem Beschluss darauf aufmerksam, dass im KOV der Ampelregierung im Zusammenhang bereits eine „Absichtserklärung“ enthalten sei (IA 2022b: 2). Dort wird ausgeführt: „In besonders benachteiligten Kommunen und Stadtteilen (5 Prozent) errichten wir niederschwellige Beratungsangebote (z. B. Gesundheitskioske) für Behandlung und Prävention“ (KOV 2021: 85). Bei dieser geradezu ultimativen Ankündigung scheint zumindest zweifelhaft, ob es der Evaluation des Billstedt/Horn-Projekts, deren abschließende Bewertung durch den Innovationsausschuss erst Monate nach Abschluss der Koalitionsverhandlungen erfolgte, überhaupt bedurfte.

Nach den vom BMG im Sommer 2022 zur Umsetzung dieses KOV-Versprechens vorgelegten Eckpunkten (BMG 2022), die nicht zuletzt bereits den Aufbau von „langfristig 1000“ Gesundheitskiosken ankündigen (ebd.: 1, 3), ist von weiterer Evidenzbasierung, die der Innovationsausschuss schon aufgrund des explorativen Studiencharakters der Evaluation dringend empfohlen hat (IA 2022b: 3), keine Rede. Auch die Bundesregierung erkennt Ende 2022 ausdrücklich keine Notwendigkeit für eine Erprobungsphase mehr (Bt-Drs. 20/4439: 2). Im Unterschied zu der durchaus ambivalent-abwägenden Beurteilung der Evaluationsergebnisse durch den Innovationsausschuss meint sie ohnehin, bereits die Folgen des Aufbaus der angekündigten tausend Gesundheitskioske („perspektivisch in etwa pro 80.000 Einwohnerinnen und Einwohner ein Kiosk“; ebd.: 2) dezidiert prognostizieren zu können. Mit ihrer Hilfe, so stellt die Bundesregierung mit gleichsam ultimativer Attitude fest, „wird es gelingen, die individuelle Gesundheitskompetenz zu erhöhen, die Prävention zu stärken und Menschen mit besonderem Unterstützungsbedarf zu helfen, ihren Anspruch auf medizinische Versorgung zu verwirklichen“ (ebd.: 4).

 

8. „Erfolgsgeschichte“ und neue Chance

Bei ihrer Absicht, den Innovationsfonds als Dauereinrichtung im Krankenversicherungsrecht zu implementieren, kann sich die Ampelkoalition auf die Empfehlung des schon im GKV-VSG (§ 92a V SGB V) beauftragten Berichts „über die wissenschaftliche Auswertung der Förderung durch den Innovationsfonds im Hinblick auf deren Eignung zur Weiterentwicklung“ stützen (Bt-Drs. 20/1361: 8, 177f.). Der Abschlussbericht, von Prognos erstellt, wurde im März 2022 finalisiert.

Der Auftrag des Innovationsfonds, so heißt es dort in der Diktion vermeintlicher Alternativlosigkeit, sei nicht auf eine „aktuelle Problemlage oder einen abschließenden Erkenntnisgewinn gerichtet, sondern als permanente langfristige Aufgabe und als kontinuierlicher Lernprozess angelegt“ (ebd.: 178). Im Abschlussbericht werden ansonsten lediglich im Hinblick auf verschiedene administrativ-prozessuale Verfahrensregeln „Empfehlungen für mögliche Weiterentwicklungen“ formuliert (ebd.: 178-189). Sie gehen, wie auch einstmals maßgebliche Konzeptentwickler und öffentlichkeitswirksame Initiatoren der Idee eines zentralen Innovationsfonds (oben Kap. 3) mittlerweile wohl eher ernüchtert feststellen, über „kosmetische Anpassungen“ an keiner Stelle hinaus (BMC 2022: 4). Insgesamt, so wird dort im Weiteren angemerkt, sei der Innovationsfonds zwar eine „Erfolgsgeschichte“, aber „auch eine Geschichte verpasster Chancen“ (ebd.).

Eine kontradiktorische Bewertung, deren zweite Aussage freilich auch von prominenter Seite aus dem Innovationsausschuss selbst offenkundig ähnlich beurteilt wird, wenn mit Fokus auf die Vielzahl von Projekten der Versorgungsforschung Ende 2022 der fehlende „große Wurf“ angemahnt wird. Vielfach würden Probleme adressiert, „die man als ‚Klein-Klein‘ bezeichnen kann“ (Hecken 2022: 12). Bei der angekündigten Entfristung des Innovationsfonds müsse in die Gesetzesnovelle ein „neuer Ansatz der Versorgungsforschung“ einfließen (ebd.: 13). Aus dem Bereich der Krankenkassen kommt mit Blick auf die Projekte zu neuen Versorgungsformen mittlerweile die Erkenntnis, dass der „zentrale Problemfall“ des Innovationsfonds die Translation in die Regelversorgung sei und bleibe (Brandt et al. 2022: 70).

Wenn es indessen zutreffend ist, wie diese Stimmen aus dem Kreis der bisherigen (?) Apologeten des Innovationsfonds nahelegen und nicht zuletzt die Zusammenschau der vorliegenden Beschlüsse des Innovationsausschusses dokumentiert (oben Kap. 6), dass der Innovationsfonds sieben Jahre nach seinem Start „den wichtigsten Nachweis seiner Existenzberechtigung nicht erbringen (konnte): Die tatsächliche Verbesserung der Regelversorgung durch erprobte Innovationen“ (BMC 2022: 4; ähnlich bereits Greß et al. 2021: 163 f.), scheint sich Geschichte doch zu wiederholen – freilich jetzt „als Farce“ (Marx 1975: 115).

Über die Nachhaltigkeit der tausendfach abgeschlossenen Verträge zur angeblichen Durchsetzung der integrierten Versorgung im Rahmen der sogenannten Anschubfinanzierung in der ersten Dekade dieses Jahrhundert (oben Kap. 2) verliert schon lange niemand mehr von den (damals direkt oder indirekt) Beteiligten nur noch ein Wort. Weit mehr als 500 abgeschlossene oder laufende Projekte zu neuen Versorgungsformen und zur Versorgungsforschung im Rahmen des Innovationsfonds später, scheint (einigen) Protagonisten mittlerweile zu dämmern, dass sich beim Innovationsfonds mit Blick auf Innovationsentwicklung und Qualitätsfortschritt für die Versorgungsstrukturen der GKV ähnlich Unproduktives abspielt.

Die logische Volte, Innovation systemisch in die Versorgung bringen zu können gerade nicht über strategisch agierende „First mover“, sondern durch die institutionellen Gralshüter des tradierten Systems selbst, dürfte sich auch in Zeiten des exekutiven Dirigismus endgültig als Illusion entpuppt haben. Die permanente Suche nach Versorgungsoptimierung und Effizienzsteigerung im Gesundheitswesen hat – wie gesehen – zu keiner Zeit das dominante Geschäftsmodell in der Kassenlandschaft abgegeben. Mittlerweile ist sie aber aus deren Portfolio abseits von Nischen gänzlich entschwunden. Da der Weg einer wettbewerblich ausgelegten Optimierung von Versorgungsprozessen im Rahmen einer solidarischen Wettbewerbsordnung als stets ausschließlich programmatisch gepflegtes ordnungspolitisches Narrativ auch für alle weiteren prägenden Systemakteure selbst kaum noch eine Reminiszenz an überwundene systemische Aufbruchszeiten abgibt und lange ausgedient hat (oben Kap. 3), bleibt allenfalls spannend, ob der Innovationsfonds – allen Koalitionsschwüren zum Trotz – mit seiner objektiv geradezu grotesk anmutenden Insuffizienz dem unabweisbaren strukturellen Konsolidierungsbedarf der GKV für die Jahre 2024 ff. zum Opfer fällt.

Diese Konstellation verspricht in der Tat ungewöhnlich zu werden: Die Finanzmisere der GKV spielt Garant für die Evidenzbasierung des Systems.

 

 

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