Unser Markenrechtsstreit: Wir haben uns mit dem Guardian geeinigt

Dauerhaft friedliche Koexistenz vereinbart – Marke „observer gesundheit“ bleibt erhalten

Prof. Dr. Andreas Lehr, Inhaber und Geschäftsführer Agentur für Gesundheitspolitische Information

Der gerichtliche Streit mit dem Guardian ist beendet. Wir haben uns geeinigt – ein Vergleich auf Augenhöhe. Das Wichtigste: Unsere Marke „observer Gesundheit“ bleibt erhalten. Ihre Unterstützung hat uns bei der rechtlichen Auseinandersetzung geholfen. Dafür danke ich Ihnen.

Der letzte Bericht über unseren Markenstreit endete mit der begründeten Hoffnung, dass der zweiten mündlichen Verhandlung vor dem Bundespatentgericht auch ein fairer Vergleich folgt. Diese Hoffnung hat sich erfüllt. Mitte September hat das Bundespatentgericht den zwischen den Parteien zuvor ausgehandelten Vergleich offiziell als Dokument zugestellt. Damit ist das Beschwerdeverfahren „Prof. Dr. Andreas Lehr ./. Guardian News & Media Limited – 28 W (pat) 77/20 (30 2017 026 538.7)“ abgeschlossen.

Der intensive Streit zwischen den sehr unterschiedlichen Parteien um die Verwechslungsgefahr der Marken „THE OBSERVER“ und „observer gesundheit“ hat sich knapp viereinhalb Jahre bis zum Bundespatentgericht hingezogen. Wir haben das Verfahren wirtschaftlich aushalten können – auf der einen Seite der traditionsreiche und finanzkräftige Guardian-Verlag, auf der anderen Seite wir, ein überschaubares Familienunternehmen mit einem speziellen Medienfokus. Ihre Unterstützung, unsere Standhaftigkeit und der Einsatz unserer Rechtsanwälte haben sich gelohnt: Wir dürfen unsere Wort-/Bildmarke „observer gesundheit“ mit Beschränkung auf unseren tatsächlichen Branchenfokus behalten, wie auch das gesamte Ihnen vertraute Umfeld auf der Website mit dem Zugang zur Datenbank „observer 4.0 MIS – Management Information System Gesundheitspolitik“. Für Sie als Leserinnen und Leser bleibt also alles wie bisher. Sie müssen sich an keine neuen Produktnamen gewöhnen.

 

Intensive Auseinandersetzung

Vollständig haben wir unsere Rechtsauffassung nicht durchsetzen können. Es ist ein Vergleich, bei dem naturgemäß ein Geben und Nehmen das Ergebnis ist. In einem finalen, wochenlangen Abstimmungsprozess haben wir mit den Prozessbevollmächtigten des Guardian einen Vergleich ausgehandelt, der in einem Satz seiner einleitenden Präambel den Umfang und die Intensität der Auseinandersetzung erahnen lässt: „Die Parteien sind nunmehr nach intensiver Auseinandersetzung übereingekommen, die aufgetretenen Konflikte einverständlich beizulegen und insoweit eine dauerhafte und friedliche Koexistenz zu vereinbaren.“

Der Guardian und auch dessen Prozessbevollmächtigte haben sich trotz intensiver Auseinandersetzung bis zuletzt professionell und sachlich gezeigt, sodass wir eine für beide Seiten akzeptable Lösung gefunden haben. Der Inhalt des Vergleichs spiegelt nach unserer Auffassung wieder, dass die Verhandlungen auf Augenhöhe stattgefunden haben. Wir haben uns deshalb auch aus Achtung unseres Gegners dafür entschieden, keine weiteren Details zum Vergleich zu veröffentlichen. Für uns ist schlicht wesentlich, dass der Guardian den Widerspruch gegen unsere Marke „observer gesundheit“ zurücknimmt.

Ungewöhnlich war nicht die gesamte Verfahrensdauer von fast viereinhalb Jahren, nachdem am 26. Februar 2018 der Guardian Widerspruch gegen unsere Markenanmeldung eingelegt hat und die Löschung unserer Marke „observer gesundheit“ forderte. Für derartige Verfahren ungewöhnlich war eher, dass wir diesen beschwerlichen Weg überhaupt so lange gegangen sind und alle Rechtsmittel ausgeschöpft haben. Wir haben mit Ihnen gemeinsam in einem schwierigen, zeitweise sogar aussichtslos erscheinenden Verfahren gekämpft – ungewöhnlich und wohl einmalig auch mit der direkten Einbeziehung von Leserinnen und Lesern, die ihre Statements zur vermeintlichen Verwechslungsgefahr abgegeben haben. Diese haben wir systematisch ausgewertet, und sie sind vollständig Teil eines Schriftsatzes für das Bundespatentgericht gewesen.

Der Fall war aber auch rein markenrechtlich ungewöhnlich. Das Deutsche Patent- und Markenamt hat in seinen Beschlüssen eine Verwechslungsgefahr zwischen den im Streit stehenden Marken angenommen. Eine nach unserer Auffassung falsche Grundannahme war bereits, dass es sich bei der Grafik unserer „observer gesundheit“ Wort-/Bildmarke nur um ein rein dekoratives Element handelt, das bei der rechtlichen Prüfung der Verwechslungsgefahr somit zu vernachlässigen ist.

 

Bildbestandteil kann klangliche Ähnlichkeit neutralisieren

Tatsächlich handelt es sich bei unserem Logo um eine zwar puristische, aber doch aufwändige und originelle Gestaltung. Das grafische Element ist nämlich keinesfalls bloße Dekoration, sondern stellt ein Auge dar, das mit den Wortbestandteilen „observer gesundheit“ korrespondiert. Es war nach unserer Auffassung also der tendenziell seltene Fall gegeben, dass der Bildbestandteil bei der Frage der Verwechslungsgefahr mit zu berücksichtigen ist. Insoweit haben wir erhebliche Mühen investiert, dem Senat des Bundespatentgerichts aufzuzeigen, dass eine Verwechslungsgefahr nicht vorliegt.

Ein weiteres Argument haben wir in diesem Zusammenhang auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gestützt, der die sog. Neutralisierungslehre vertritt. Nach unserer Argumentation hätte dies bedeutet, dass die schriftbildliche Unähnlichkeit unserer Marke und der Marke des Guardian die durch den Bestandteil „observer“ bedingte klangliche Ähnlichkeit neutralisieren kann, sodass eine Verwechslungsgefahr nicht anzunehmen ist. Der Bundesgerichtshof hatte bisher offengelassen, ob eine bildliche Unähnlichkeit eine vorhandene klangliche Ähnlichkeit mit dem Ergebnis neutralisieren kann, dass keine Verwechslungsgefahr vorliegt.

Im Ergebnis lässt sich resümieren, dass das Verfahren gegen den Guardian nicht nur tatsächlich, sondern auch rechtlich herausfordernd war; wir haben es weder uns selbst, dem Guardian noch dem Bundespatentgericht (allein zwei mündliche Verhandlungen!) leicht gemacht. Umso zufriedener können wir auf das sachlich ausgewogene Ergebnis in Gestalt des geschlossenen Vergleichs blicken.

 

Danke für Ihre Unterstützung

Zum Abschluss der Sache möchten wir uns deshalb noch einmal bei Ihnen bedanken, für die zahlreichen Zuschriften zur Frage der Verwechslungsgefahr und die uns aufmunternd zum Durchhalten ermutigt haben. Mit dieser Unterstützung würden wir sofort wieder für unsere und Ihre Überzeugung antreten – für unsere kleine, aber starke Community.

 

Nachtrag

Der Observer Gesundheit heißt weiter Observer Gesundheit und bleibt markenrechtlich fest verankert. Das „Beschwerdeverfahren ist erledigt“, wie es in einer Mitteilung des Bundespatengerichtes vom 15. November 2022 heißt. Der Guardian hat seinen Widerspruch gegen unsere Marke zurückgezogen. „Bonner und Londoner Observer schließen Frieden“, titelt der Bonner Generalanzeiger hinsichtlich unseres Verfahrens und bringt es damit auf den Punkt.

 

 

Lesen Sie auch:

„Bonner und Londoner Observer schließen Frieden“, Generalanzeiger Bonn, 24. Oktober 2022,

„Ausgewogene weitere Verhandlung um ´Observer Gesundheit` vor dem Bundespatentgericht“, Observer Gesundheit, 16. Mai 2022,

„Markenrechtsstreit geht in eine neue Runde“, Observer Gesundheit, 22. April 2022,

„The Observer“ und Bonner Unternehmer streiten um Markennamen: englisches Medienhaus verklagt Familienunternehmen, Generalanzeiger Bonn, 18. März 2022,

„Goliath gegen David: Wie ein Mediengigant gegen ein Familienunternehmen zu Felde zieht“, Alpenmagazin, 23. Februar 2022,

„Observer Gesundheit“ – Markenrechtsstreit: Danke für Ihre Unterstützung, aber wir sind noch nicht am Ziel, Observer Gesundheit, 23. Februar 2022,

„Observer Gesundheit“ – Markenrechtsentscheidung vor dem Bundespatentgericht: Wir brauchen Sie!, Observer Gesundheit, 9. Dezember 2021,

„Observer Gesundheit – jetzt Streitgegenstand vor dem Bundespatentgericht“, Observer Gesundheit, 8. November 2021 sowie

„Observer Gesundheit unter britischer Beobachtung“, Observer Gesundheit, 31. Oktober 2019.


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