13.02.2023
Statistiken im Gesundheitswesen: Pflegestatistik
Dr. Ines Niehaus, Redakteurin Observer Datenbank, Observer Gesundheit
Welche frei verfügbaren Datensätze über das deutsche Gesundheitswesen gibt es, und wofür kann man diese verwenden? Mit den neuen Beiträgen zu Statistiken im Gesundheitswesen antworten wir auf diese Fragen. In unserer losen Serie zeigen wir ausgewählte Datensätze, geben Inspirationen für mögliche Datenauswertungen, decken Trends im Gesundheitswesen auf und eröffnen einen kurzen verständlichen Einblick in die statistische Erhebungsmethodik. Mit diesem Wissen ist es möglich, diese Datensätze für ausgewählte Fragestellungen zu nutzen. Heute: Pflegestatistik.
Der verwendete Datensatz
Quelle: in Anlehnung an [1].
Was ist mit dem Datensatz möglich?
In der Datenquelle „Pflegestatistik“ werden Informationen zu den Pflegebedürftigen, den stationären und ambulanten Pflegeeinrichtungen erfasst. Aus dem Datensatz können Rückschlüsse zum Angebot und zur Nachfrage in der pflegerischen Versorgung gezogen werden. [1]
Über die Genesis-Online Datenbank [2] oder über die Internetseite des GBE-Bund [3] können die Daten eingesehen werden. Informationen zu den Pflegeeinrichtungen und den Pflegebedürftigen auf Bundesebene können für unterschiedliche Zeiträume abgerufen werden. Teilweise wurde der Datensatz über die Jahre weiterentwickelt (z.B. Variable: Pflegegrad), sodass nicht alle Variablen für alle Zeiträume zur Verfügung stehen. Man hat die Möglichkeit, Tabellen mit unterschiedlichen Variablen darzustellen. Die Daten können z.B. auch als Excel-Datei exportiert werden. Dadurch wird eine weitere Bearbeitung erleichtert. Ist man an Pflegestatistikdaten auf Kreis- oder Regierungsbezirksebene interessiert, kann das entsprechende Statistische Landesamt behilflich sein.[1]
Zur Methodik der Datenerhebung
Die Datenquelle besteht aus zwei Erhebungen. Im Rahmen von der ersten Erhebung werden die stationären und ambulanten Pflegeeinrichtungen befragt (z.B. Beschäftigungsverhältnisse, verfügbare Plätze etc.). Der Erhebungsstichtag ist der 15. Dezember. Die zweite Erhebung dient dazu, Informationen über die Empfänger von Pflegegeldleistungen zu erhalten (z.B. Pflegegrad und Alter). Hierfür liefern die Spitzenverbände der Pflegekassen und der Verband der privaten Krankenversicherung entsprechende Daten (Erhebungsstichtag: 31. Dezember). Um die Anonymität der erfassten Personen und Einrichtungen zu wahren, werden die Daten in aggregierter Form dargestellt. Daher ist eine Auswertung auf Individualdaten-Ebene nicht möglich. [1]
Eine ausführliche Erläuterung zur Methodik und entsprechende Besonderheiten bei der Erhebung werden vom Statistischen Bundesamt bereitgestellt (z.B. [1]).
Welche Trends lassen sich aus dem Datensatz ableiten?
Pflegebedürftigkeit
Pflegebedürftig (im Sinne des Pflegeversicherungsgesetzes SGB XI) waren im Dezember 2021 knapp 5,0 Millionen Menschen. Die Versorgung zu Hause fand bei einem sehr großen Teil der Pflegebedürftigen (84%) statt.
Schaut man sich die Versorgungssituation differenziert für die stationären Pflegeinrichtungen (d.h. Pflegeheime) und ambulanten Pflegeeinrichtungen an (d.h. Pflege- und Betreuungsdienste), kommen interessante Erkenntnisse zum Vorschein.
2021 gab es 15.376 Pflege- und Betreuungsdienste. Im Durchschnitt versorgte eine ambulante Pflegeeinrichtung 68 Pflegebedürftige. Von den 16.115 Pflegeheimen im Jahr 2021 wurden im Durchschnitt jeweils 58 Pflegebedürftige versorgt.
Anhand von Abbildung 1 wird deutlich, dass ambulante Pflege oft bei niedrigeren Pflegegraden beansprucht wird. Pflegebedürftige mit einem höheren Pflegegrad werden tendenziell eher in Pflegeheimen versorgt.
Abbildung 1: Pflegebedürftige nach Pflegegrad und Pflegeeinrichtung in 2021
Quelle: eigene Darstellung und Berechnung basierend auf den Daten des Statistischen Bundesamtes (Pflegestatistik).
Angesichts des Alters von Pflegebedürftigen, die Leistungen von ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen beanspruchen, lässt sich festhalten, dass diese vorrangig zwischen 80 und 95 Jahre alt sind. Bis zum 89. Lebensjahr überwiegt bei Pflegebedürftigen die Beanspruchung von ambulanten Pflegeeinrichtungen. Erst ab dem 90. Lebensjahr wählen Pflegebedürftige häufiger ein Pflegeheim für die pflegerische Versorgung (siehe Abbildung 2).
Abbildung 2: Pflegebedürftige nach Altersgruppen und Pflegeeinrichtung in 2021
Quelle: eigene Darstellung und Berechnung basierend auf den Daten des Statistischen Bundesamtes (Pflegestatistik).
Beschäftigungsverhältnisse
Für ambulante Pflegeinrichtungen sind insgesamt 442.860 Beschäftigte tätig. Für stationäre Pflegeheime ist die Anzahl deutlich höher (814.042 Beschäftigte). „Zum Personalbestand einer Pflegeeinrichtung gehören alle, die dort beschäftigt sind, die also in einem Arbeitsverhältnis zur Pflegeeinrichtung stehen und teilweise oder ausschließlich Leistungen nach SGB XI erbringen.“[1]
Sowohl in der ambulanten als auch stationären Pflege arbeitet ein Großteil des Personals eher in Teilzeit. Für eine Vollzeitbeschäftigung entscheiden sich nur noch zwischen 28% und 29% des Personals (siehe Abbildung 3).
Abbildung 3: Prozentuale Verteilung der Beschäftigungsverhältnisse in ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen (2021)
Quelle: eigene Darstellung und Berechnung basierend auf den Daten des Statistischen Bundesamtes (Pflegestatistik).
Auf die Altersstruktur der Beschäftigten in der Pflege sollte ein besonderes Augenmerk gelegt werden. In ambulanten Pflegeeinrichtungen sind 41% und in stationären Pflegeeinrichtungen 43% der Beschäftigten 50 Jahre oder älter (siehe Abbildung 4).
Zwar ist der Personalbestand in den ambulanten Pflegeeinrichtungen (+5,1%) und in den stationären Pflegeeinrichtungen (+2,2%) im Vergleich 2021 mit 2019 angestiegen, dennoch lässt sich vor dem Hintergrund des bevorstehenden Renteneintritts der Baby-Boomer-Generation und der demografischen Entwicklung in Deutschland eine herausfordernde Zukunft für die pflegerische Versorgung ableiten. Stellt man die Zahlen von 2021 mit 2019 gegenüber, ist ersichtlich, dass es 2021 20,2% mehr Pflegebedürftige gab. Ein Grund für den hohen Anstieg an Pflegebedürftigen lässt sich nach dem Statistischen Bundesamt unter anderem durch den Effekt des weitergefassten Pflegebedürftigkeitsbegriffes im Jahr 2017 erklären.
Abbildung 4: Prozentuale Verteilung der Beschäftigten nach Altersgruppen in ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen (2021)
Quelle: eigene Darstellung und Berechnung basierend auf den Daten des Statistischen Bundesamtes (Pflegestatistik).
[1] Statistisches Bundesamt (2022). Pflegestatistik – Pflege im Rahmen der Pflegeversicherung – Deutschlandergebnisse – 2021. Abgerufen am 06.02.2023. Abrufbar unter: https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Gesundheit/Pflege/Publikationen/Downloads-Pflege/pflege-deutschlandergebnisse-5224001219005.html
[2] Statistisches Bundesamt (2023). Genesis-Online. Abgerufen am 06.02.2023. Abrufbar unter: https://www-genesis.destatis.de/genesis/online
[3] Gesundheitsberichterstattung des Bundes (2023). Datenquellen des Statistischen Bundesamtes. Abgerufen am 06.02.2023. Abrufbar unter: https://www.gbe-bund.de/gbe/hrecherche.prc_datenquellen?p_aid=31714410&p_uid=gast&p_sprache=D&p_knoten=STBA&tk=51310&tk2=51311&cnt_ut=1&ut=51311
Lesen Sie zu dieser Reihe auch:
Dr. Ines Niehaus: „Statistiken im Gesundheitswesen: Gesundheitspersonalrechnung“, Observer Gesundheit, 27. Juli 2022.
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