Neujahrsempfang der Bundeszahnärztekammer und Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung

Die Gastgeber des Neujahrsempfangs: Wolfang Eßer (KZBV) (l.) und Peter Engel (BZÄK)
Peter Engel (BZÄK) bei seiner Rede
Ein nachdenklicher Wolfgang Eßer (KZBV)
Dietmar Oesterreich (BZÄK) mit Juliane von Hoyningen-Huene (Women Dentists Worldwide) und Wieland Schinnenburg MdB (FDP) (v.l.n.r.)
Einziger politischer Redner: Erwin Rüddel MdB (CDU) und Vorsitzender des Gesundheitsausschusses
Mahnende Worte an die Politik richtete Wolfgang Eßer (KZBV)
Thomas Kriedel (KBV) mit Karl-Georg Pochhammer (KZBV) (r.)
Wolfgang Eßer (KZBV), Klaus Reinhardt (BÄK) (r.)
Dietmar Oesterreich (BZÄK) (l.) mit Erwin Rüddel MdB (CDU)
Gruppenbild mit Dame: Wolfang Eßer (KZBV), Christine Aschenberg-Dugnus MdB (FDP), Peter Engel, Dietmar Oesterreich, Christoph Benz (alle BZÄK) (v.l.n.r.)
Schönes Ambiente: die Parlamentarische Gesellschaft


Beim diesjährigen Neujahrsempfang der Zahnärzteschaft am 28. Januar in der Parlamentarischen Gesellschaft hieß es erst einmal warten. Bundeszahnärztekammer (BZÄK) und Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) hatten sich für Erwin Rüddel MdB, Vorsitzender des Gesundheitsausschuss, entschieden, der an Stelle aller gesundheitspolitischer Sprecher der Fraktionen am Pult stehen und das Parlament repräsentieren sollte. Der war allerdings noch mit einer südkoreanischen Delegation unterwegs. Die knapp eineinhalb Stunden schauen, plaudern und eben warten lohnten sich aber: Rüddel kündigte ein neues Präventionsgesetz in diesem Jahr an – ganz offiziell und dabei mit Blick auf die erfolgreiche Praxis der Zahnärzte.

Gute Prävention werde eine besondere Rolle in diesem Jahr spielen, sagte der CDU-Politiker – mit einem neuen diesbezüglichen Gesetz werde sich die Politik auseinandersetzen. Die Zahnärzte seien hier bereits erfolgreich unterwegs. Die Mundgesundheit der Deutschen sei auch im internationalen Vergleich „überdurchschnittlich“. Vorsorgen statt versorgen habe sich ausgezahlt – für Patienten und die Solidargemeinschaft. Auch dank Zuschüsse hätten die Zahnärzte eines „der erfolgreichsten“ Programme – das müsse etwa auch für die noch zu wenig genutzte Krebsvorsorge bzw. -früherkennung genutzt werden. Anreize könnten dafür eine Rolle spielen.

Die Zahnärzteschaft sei der Politik wichtig. „Wo wir Einfluss haben, werden wir gemeinsam eine Lösung finden“, betonte Rüddel mit Blick auf die Zukunft. „Kontinuierlich“ weiterentwickelt würden die Rahmenbedingungen bei den zahnärztlichen Medizinischen Versorgungszentren (MVZ). Der Einfluss von reinen Kapitalinvestoren sei bereits mit dem TSVG beschränkt worden. Ein geplantes Gutachten zu MVZ werde Klarheit schaffen, ob weiterer Handlungsbedarf bestehe. Bei der Digitalisierung müsse Deutschland noch nachlegen. Es gelte, einen Rückstand von zehn Jahren aufzuholen. „In zwei, drei Jahren sind wir auf Ballhöhe mit jenen Ländern, die wir derzeit noch bewundern“, so Rüddel. In diesem Jahr werde Datensicherheit und -schutz ein Thema auf der politischen Agenda; zudem die Finanzierung der Pflege und der Krankenhausstrukturen. Für Rüddel sei derzeit das Gesetz zur Reform der Notfallversorgung das wichtigste; Sektorengrenzen könnten „eng aneinander“ gebracht werden.

Der Präsident der BZÄK, Dr. Peter Engel, verwies an den Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar. Die Zahnärzte hätten „allen Grund“, sich zu erinnern, Lehren aus der Vergangenheit zu ziehen und den „ethischen Kompass“ neu zu justieren. Engel bezog sich augenscheinlich damit auf die Ergebnisse des Forschungsprojekts „Zahnmedizin und Zahnärzte im Nationalsozialismus“, die im November 2019 unter anderem von BZÄK und KZBV präsentiert wurden. Aktuell kritisierte Engel, dass das deutsche Berufsrecht durch geplante EU-Regelungen zur sogenannten Verhältnismäßigkeitsprüfung zum Schlechteren verändert würde. Engel befürchtete „ein gigantisches Bürokratiemonster, das die Selbstverwaltung knebelt.“ Weiterer Dorn im Auge für Engel sei der Einfluss von berufsfremden Investoren auf die Behandlung von Patienten und die damit verbundene Kommerzialisierung des Gesundheitswesens. Die zahnärztliche Berufsordnung binde jeden einzelnen Zahnarzt, nicht aber Dentalgesellschafen. „Rechtlich gleichlange Spieße“ für alle Zahnärzte verlangte Engel von der Politik. Eine weitere Forderung betreffe die Digitalisierung. Gebraucht werde ein Ordnungsrahmen, dass sie da ende, wo die freie Arztwahl und Therapiefreiheit eingeschränkt werde.

Dr. Wolfgang Eßer, Vorstandsvorsitzender der KZBV, lehnte ebenso wie Engel die rein zahnärztlichen MVZ unter Kontrolle von Fremdinvestoren kategorisch ab. Gleichzeitig freute er sich über die zahlreichen Verbesserungen für die zahnärztliche Versorgung der Patienten: Erhöhung der Festzuschüsse, größere Transparenz in der kieferorthopädischen Behandlung durch die Mehrkostenregelung oder Abschaffung der Degression. Für Pflegebedürftige, behinderte Menschen sowie Kleinkinder konnte eine Versorgungslücke geschlossen werden.

92 bis 95 Prozent der Zahnärzte seien an der Telematikinfrastruktur angeschlossen. Der Vertrag zum papierlosen Antrags- und Genehmigungsverfahren sei jetzt mit dem GKV-Spitzenverband unterschrieben. Das bedeute Entlastung der Bürokratie und mehr Transparenz für den Patienten. Vereinbart sei mittlerweile auch die Finanzierung zur Einführung eines sicheren Kommunikationsnetzes (KOM-LE). Vom DVG II erwartete Eßer eine klare Regelung zur Haftung der Zahnärzte in Bezug auf Datensicherheit und Datenschutz. Die dürften „nur bis zu den Konnektoren für die TI reichen“ und nicht darüber hinaus.

Für Eßer sei es sehr wichtig, die Freiberuflichkeit zu erhalten und zu fördern. Es dürfe keinem gleichgültig sein, wer die ärztliche und zahnärztliche Leistung erbringe. Genauso, wie es niemandem gleichgültig sein dürfe, wer ihn regiere. Genug Stoff also für anschließende Gespräche.

 

Fina Geschonneck


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