15.05.2018
Frühjahrsfest der KZBV und BZÄK
Für Bundesgesundheitsminister Jens Spahn ist ein Frühlingsempfang „gute Musik und grillen“. Im Gesundheitswesen sei er ein Ort, um Botschaften auszutauschen, so gesagt auf dem Frühjahrsfest der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) und der Bundeszahnärztekammer (BZÄK). Der CDU-Politiker hatte am Abend des 15. Mai ein volles Programm: 17.45 Rede vor der Stiftung Marktwirtschaft, 19 Uhr Ansprache in der Britischen Botschaft, danach Gespräche führen beim ABDA-Sommerfest in Kreuzberg.
Wohl deshalb hatte Dr. Wolfgang Eßer, Vorstandsvorsitzender der KZBV, in seinen einleitenden Worten die Gäste erstmal um Ruhe gebeten: „Sonst ist der Minister weg, bevor er gesprochen hat.“ Nichts desto trotz ließ Eßer noch die vergangenen Wochen in der Gesundheitspolitik Revue passieren. Froh seien die Zahnärzte gewesen, dass die grundlegende Systemdebatte vorerst ad acta gelegt wurde – sprich die Bürgerversicherung. Gute Versorgung vor Ort sei die Verpflichtung. Allerdings würden die Zahnärzte Rahmenbedingungen benötigen, die sie bei der Arbeit motivieren würden – dies sei die Aufgabe der Politik. Es reiche nicht aus, „einfach die Mütze der Ärzte überzustülpen“. Die zahnärztliche Versorgung benötige eigene Steuerungsinstrumente mit separaten gesetzlichen Regelungen. Schärfster Kritikpunkt für Eßer seien die zahnärztlichen Medizinischen Versorgungszentren (MVZ), 500 derzeit an der Zahl. Sie seien überwiegend dort etabliert, wo es bereits schon eine gute Versorgung gebe – in den Ballungszentren. „MVZ leisten keinen aktiven Beitrag“, so Eßer. Finanzinvestoren würden den Trend forcieren, der die Vergewerblichung der Zahnarztpraxen mit sich bringt. Das müsse gestoppt werden. Das Thema Digitalisierung durfte natürlich nicht fehlen. Offen und technikaffin seien die Zahnärzte, Sanktionen würden jedoch abgelehnt. Positiv sei die Regelung im Koalitionsvertrag aufgenommen worden, die Festzuschüsse für GKV-Patienten von 50 auf 60 Prozent zu erhöhen.
Spahn hörte es gern, sei doch sein Zahnarzt der einzige Gesprächspartner, mit dem er keinen Dialog führen könne. In seiner Zeit im Finanzministerium seien die Gespräche mit dem Zahnarzt seines Vertrauens ein wenig knapper ausgefallen. Jetzt gebe es wieder mehr Themen. Und wie bereits in einigen Reden zuvor, lobte der Minister das beste Gesundheitssystem in Deutschland, wo allerdings nicht alles „perfekt“ sei. Bei der Pflege zum Beispiel oder der Mundgesundheit von Älteren, aber auch bei der zahnärztlichen Versorgung von Kindern. „Das Paradies werden wir im Gesundheitssystem nie erreichen“, sagte Katholik Spahn. Aber an wohlwollenden Patienten und Leistungserbringern liegt es ihm schon. Denn: „Wenn Sie und die Patienten unzufrieden sind, dann geht es mir auch nicht gut.“ Dass im Koalitionsvertrag der Bereich zahnärztliche Versorgung überschaubar ist, kommentierte der Minister: „Steht nichts im Koalitionsvertrag, passiert auch nichts oder nichts Falsches.“ Ein Raunen zog sich durch die Hallen der Botschaft.
Digitalisierung streifte Spahn nur kurz. Ein großes Thema für ihn. Eine neue Abteilung habe er im BMG installiert und er sei schon überrascht, „was da derzeit abgeht“. Mit der großen öffentlichen Diskussionen um die eGK – kommt sie oder nicht – hat offenbar der Minister nicht gerechnet. Gestalten oder erleiden: Das sind seine Schlagworte. Es sei in Sachen eGK zu wenig passiert für die Dauer der Zeit und die Höhe des Geldes. Die eGK sei notwendig mit „deutschem Datenschutz und sicherem Netz“. Für Spahn sei die Frage: Was passiert in diesem Netz? Punkt.
Eine Veränderung der Approbationsordnung der Zahnärzte – aus dem Jahre 1955 – habe er angeschoben, einen Ministerpräsidenten schon überzeugen können, zwei würde er noch brauchen für eine Neufassung.
Dr. Peter Engel, Präsident der BZÄK, sprach sich für einheitliche Standards aus, aber man müsse sich auch auf „gewünschte Grenzen“ verständigen. Die Digitalisierung müsse beim Patienten ankommen. Dann nahm sich Engel die BARMER und ihren kürzlich veröffentlichen Zahnreport 2018 vor. Die Zahnärzte würden zu wenig für die Mundgesundheit der Pflegebedürftigen tun, das könne er nicht so stehen lassen. Zahlreiche neue Projekte würden BZÄK und KZBV auf den Weg bringen. Ab Juli würden zudem neue Leistungen angeboten. Anpassung der wirtschaftlichen Realitäten forderte Engel für seine Zunft: Ein Veterinär erhalte für eine Zahnextraktion bei einem Haustier 12,82 Euro. Eine Zahnärztin bekomme für die gleiche Behandlung bei einer Oberstudienrätin 7,88 Euro. Für die Gäste eine gute Vorlage für weitere Gespräche – unter anderem bei Spargel und Schinken sowie hervorragendem Wein.
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