Gemeinsam optimale Rahmenbedingungen für Zelltherapien entwickeln

Mit Sprunginnovationen, wie der CAR-T-Zelltherapie, einen Mehrwert schaffen

Dr. Bettina Bauer, Geschäftsführerin Gilead Sciences Deutschland

Sprunginnovationen sind ein Teil von Gileads DNA. Wir entwickeln innovative Therapien für lebensbedrohliche Krankheiten mit dem Ziel, Patientinnen und Patienten zu heilen. Gilead ist im Bereich der Onkologie durch unser Unternehmen Kite ein Vorreiter in der Entwicklung der CAR-T-Zelltherapie. Die zugelassenen CAR-T-Zelltherapien adressieren bestimmte Formen der Leukämie bei Patientinnen und Patienten, denen nur noch wenige kurative Behandlungsoptionen zur Verfügung stehen und die oft nur noch eine Lebenserwartung von einigen Monaten haben. CAR-T-Zelltherapien decken damit einen hohen medizinischen Bedarf.

Aufgrund der hohen Qualitätsstandards, die an diese Therapieform gestellt werden, findet die Behandlung mit CAR-T-Zelltherapien derzeit ausschließlich in spezialisierten Zentren mit substantieller Erfahrung und Infrastruktur statt. Nur so kann eine bestmögliche Versorgung der Patientinnen und Patienten gewährleistet werden. Aktuell gibt es mehr als ein Dutzend Zentren in Deutschland, die wir für den Einsatz der Gilead-CAR-T-Zelltherapie qualifiziert haben. Die Qualifizierung weiterer Zentren ist geplant, um deutschlandweit optimale Versorgungsstrukturen zu schaffen.

Rund ein Jahr nach der Zulassung in Europa und Deutschland und neun Monate, nachdem die ersten Patientinnen und Patienten in Deutschland mit zugelassenen CAR-T-Zelltherapien behandelt wurden, scheint uns ein geeigneter Zeitpunkt, um eine erste Bilanz zu ziehen.

 

Bessere Rahmenbedingungen für Sprunginnovationen im Gesundheitssystem schaffen

Wie andere Innovationen haben auch die CAR-T-Zelltherapien das deutsche Gesundheitssystem vor neue Herausforderungen gestellt, die die Versorgung der Patientinnen und Patienten nach wie vor beeinträchtigen.

  1. Unklare Erstattungssituation für qualifizierte Zentren bis zum Abschluss der Budget-Verhandlungen

Eine zeitweise unklare Erstattungssituation für die qualifizierten Krankenhäuser entsteht bei der Anwendung innovativer Therapien wie der CAR-T-Zelltherapie dadurch, dass sie anfangs finanziell noch nicht sachgerecht über das pauschale Vergütungssystem im DRG-System (Diagnosis Related Groups: diagnosebezogene Fallgruppierungen) für stationäre Krankenhausleistungen abgebildet werden können. Dies geschieht Krankenhaus-individuell mittels Verhandlungen zwischen Klinik und Krankenkasse über die Vereinbarung eines sogenannten NUB-Entgeltes (NUB: neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden). Allerdings finden diese Verhandlungen nur einmal jährlich und in den unterschiedlichen Kliniken zudem noch zu unterschiedlichen Zeitpunkten statt, was bedeutet, dass eine zeitliche Lücke zwischen Produkteinsatz und Erstattung entsteht, in der die Vergütung der Behandlung für die Klinik nicht abschließend gesichert ist.

Um Sicherheit für alle Beteiligten herzustellen, sollten Optionen für eine schnellere Aufnahme von Innovationen wie der CAR-T-Zelltherapie in die stationäre Versorgung geprüft werden. Das haben kürzlich bereits die Gesundheitsminister der Länder während ihrer gemeinsamen Konferenz 2019 gefordert. Die Sicherstellung der Vergütung sollte automatisch nach Qualifizierung des Zentrums erfolgen. Das könnte beispielsweise durch ein auf spezielle Kliniken begrenztes separates Budget für Klinik-Innovationen auf Bundesebene umgesetzt werden.

  1. Heterogene Qualitätsanforderungen in den Bundesländern erschweren standardisierte Qualifizierung von Zentren

Jedes Zentrum muss einzeln qualifiziert werden. Dabei zeigt sich eine Heterogenität von rechtlichen Anforderungen, die die regional angesiedelten Überwachungsbehörden an die behandelnden Zentren stellen. Unterschiedliche Anforderungen können dazu führen, dass sich die flächendeckende Versorgung der Patientinnen und Patienten, die dringend auf innovative Therapien angewiesen sind, verzögert. Abhilfe könnten gemeinsame überregionale Standards, Best-Practice-Modelle und der Abbau regionaler bürokratischer Hürden durch standardisierte Qualitätsvorgaben auf nationaler Ebene schaffen.

 

Ausblick – Zukunft der Zelltherapie

Wir setzen auch in Zukunft auf Innovation. So forscht Gilead intensiv im Bereich der Zelltherapie, bei den CAR-T-Zelltherapien laufen bereits weitere klinische Studien. Mit Hilfe von „next generation“-Technologien erforscht Gilead Behandlungsoptionen für solide Tumore. Hier besteht zum einen ein sehr großer medizinischer Bedarf bei vielen Patientinnen und Patienten, zum anderen ein erheblicher Forschungsbedarf, Antigene zu identifizieren, anhand derer die T-Zellen eine Reaktion in Gang setzen, bei der die Tumorzellen eliminiert werden. Zum Beispiel läuft aktuell eine Phase-1-Studie, in der TCR-(T-Zellrezeptor spezifische) Therapien bei soliden Tumoren untersucht werden. TCR-Therapien verwenden genetisch modifizierte T-Zell-eigene TCRs, die spezifische Tumormarker erkennen können. Für die Entwicklung von Zelltherapien gegen solide Tumore könnte das ein entscheidender Faktor sein.

Für die Einführung von weiteren innovativen CAR-T-Zelltherapien möchten wir gemeinsam mit Politik, Medizin, Forschung und Patientenvereinigungen unser Gesundheitssystem weiterentwickeln. Es muss unser Anspruch sein, dass innovative Behandlungsmethoden einen Platz innerhalb des Systems einnehmen, damit Patientinnen und Patienten schnelleren Zugang zu effektiven Therapieoptionen mit sehr hohen Standards für Patientensicherheit erhalten.


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