Eröffnung des 121. Deutschen Ärztetages in Erfurt

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und Ärztekammerpräsident Frank Ulrich Montgomery in trauter Zweisamkeit.
Musik zur Einstimmung bei der Eröffnungsveranstaltung des Ärztetages vom Thüringer Ärzteorchester
Ellen Lundershausen, Landesärztekammer Thüringen, begrüßt die Teilnehmer.
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow
Freundlicher Applaus von Max Kaplan (Bundesärztekammer), Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, Frank Ulrich Montgomery (Bundesärztekammer) und Heike Werner (Gesundheits- und Sozialministerin Thüringen) (v.l.n.r.)
Ärztekammerpräsident Frank Ulrich Montgomery bei seiner Rede
Blick auf die Delegierten während der Veranstaltung im Steigerwaldstadion in Erfurt
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn – ein Mann des Wortes und der Gestik
Ein Blick auf die Musiker mit Pianistin Katharina Treutler
Begehrter Gesprächspartner: Frank Ulrich Montgomery (Bundesärztekammer)


Die männlichen Teilnehmer des diesjährigen Ärztetages werden sich vielleicht bei der Eröffnungsveranstaltung am 8. Mai an ihre Bundeswehrzeit erinnert haben. Das ärztliche Gelöbnis – der Mediziner-Eid – legten erstmalig die rund tausend Delegierten ab – lautstark, bestimmend und vielleicht auch ein wenig fordernd. Die Deklaration von Genf, 1948 vom Weltärztebund verabschiedet, wurde grundlegend reformiert und liegt seit November vergangenen Jahres in deutscher Fassung vor. Und was liegt da näher, dass die Ärzteschaft öffentlich ein Gelöbnis ablegt, dachte sich die Bundesärztekammer. So mancher Arzt in den Reihen fühlte sich vielleicht auch an die katholischen oder evangelischen Gottesdienste – mit dem festen liturgischen Element des gemeinsam gebeteten Glaubensbekenntnisses – erinnert, wenn es im Erfurter Steigerwaldstadion hallte: „Als Mitglied der ärztlichen Profession gelobe ich feierlich, mein Leben in den Dienst der Menschlichkeit zu stellen.“ Und gelobt wurde viel Neues, beispielsweise die Autonomie und die Würde der Patienten respektieren, den Beruf „nach bestem Wissen und Gewissen, mit Würde und im Einklang mit guter medizinischer Praxis ausüben.“ Oder auch: „Ich werde auf meine eigene Gesundheit, mein Wohlergehen und meine Fähigkeiten achten, um eine Behandlung auf höchstem Niveau leisten zu können.“

Neues und vor allem für die Ärzte Weitreichendes wurde sich von der Rede von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn erhofft. Der CDU-Politiker gab sich versöhnlich und hielt sich mit kernigen Ankündigungen zurück. Er sprach vom Arzt als „Seelsorger und Ansprechpartner für Menschlichkeit“ sowie „Vergütung außerhalb des Budgets.“ Und gegen die Ärzte gehe es nicht. Spahn braucht die Mediziner, um seine Vorhaben in dieser Legislatur umzusetzen: Die Sprechstundenzeiten von Kassenärzten sollen von 20 auf mindestens 25 Stunden ausgeweitet werden. „Zu oft“ müssten Kassenpatienten im Vergleich zu privat Versicherten länger auf einen Termin beim Facharzt warten, kritisierte Spahn dennoch. Dafür sei auch eine Minderheit von Ärzten mitverantwortlich, die ihr Sprechstundenpotenzial nicht ausschöpfe. Mehr GKV-Patienten schneller gut behandeln – darin sieht Spahn seinen Auftrag. Auch in Sachen Digitalisierung und Online-Angeboten, die nicht mehr aufzuhalten seien. „Helfen Sie, dass wir es gut machen“, appellierte er. Man wird sehen.

Kämpferisch zeigte sich dagegen Bundesärztekammer-Präsident Prof. Dr. Frank Montgomery in seiner Eingangsrede. Sein letztes Amtsjahr hat jetzt begonnen. Die Patienten müssten gesteuert werden, damit das knapp gewordene Gut „Arztstunden“ denen zugutekomme, die es bräuchten. Zweifel habe er an der vorgesehenen Erhöhung der Pflichtstundenzahl bei den Sprechstunden. Dies erscheine Montgomery angesichts der bestehenden hohen Arbeitsbelastung der Vertragsärzte „eher stimmungs- als weltverändernd.“ Weiteres Reizthema sei auch die Honorarreform. Die bisherige Arbeit des GOÄ-Ausschusses bedürfe keiner wissenschaftlichen Begleitung oder eines Moratoriums bis 2019. Montgomery, der auch stellvertretender Vorsitzender des Weltärztebundes ist, sprach auch über den Mediziner-Eid. Das Gelöbnis fordere nicht nur vom Arzt Besinnung, es gebiete auch gesellschaftlichen Rückhalt, den man von den politischen Verantwortlichen abfordere.

Schärfere Arbeitsnachweise forderte Montgomery für ausländische Ärzte, die in Deutschland praktizieren wollen. Es sei kein Ausweg, Ärzte nach Deutschland zu holen, um Versorgungslücken zu schließen. Für die Ausübung ihres Berufes hier müsse neben der Sprachprüfung, auch ein intensiver Nachweis der medizinischen Kenntnisse erfolgen. „Diese Kollegen sind uns sehr willkommen“, sagte er dazu. Sie würden jedoch in ihren Heimatländern fehlen. Montgomery kündigte eine Diskussion unter der Ärzteschaft an. Die Forderung: Ärzte aus Drittstaaten sollen für eine Tätigkeit in Deutschland ein deutsches Staatsexamen ablegen. Patientensicherheit, Datenschutz, aber auch die rechtliche Sicherheit des Arztes müsse bei allen Veränderungen gewährleistet sein. Montgomery: „Wo Arzt draufsteht, muss auch Arzt drin sein.“

Bei diesen Worten erinnerte man sich gern an die einleitenden Worte von Dr. Ellen Lundershausen, Präsidentin der Landesärztekammer Thüringen. Mit Sachverstand und Augenmaß werde die Politik von Heilern und Helfern beraten. Dies sei zwar belastend, aber die Belastbarkeit „findet ein Ende, wo es um Leib und Seele geht“. Und im Gedächtnis bleibt auch das Datum der Eröffnung des Ärztetages – der 8. Mai. Dem „Tag der Befreiung“ im Jahre 1945 – darauf hat übrigens der Ministerpräsident von Thüringen, Bodo Ramelow, hingewiesen. Das Gastgeber-Bundesland Thüringen zeigte sich nach der Veranstaltung übrigens von seiner kulinarischen Seite: Thüringer Rostbratwurst für alle – fettig und sehr kalorienhaltig – geschmeckt hat es trotzdem.


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