10 Jahre Forum Zahn- und Mundgesundheit in der Axica Sky Lobby

Der Präsident der Bundeszahnärztekammer und Gastgeber des Forums Christoph Benz hält das Eingangsstatement.
Schleswig-Holsteiner unter sich: Michael Brandt (Zahnärztekammer) mit Christine Aschenberg-Dugnus MdB (FDP)
Louisa Mewes, Ufuk Adali, Simon Peroz, Maximilian Jentsch, Hannah Bleiel (alle Zahnärztekammer Berlin) (v.l.n.r.)
Andreas Brandhorst (BMG) springt für Staatssekretärin Sabine Dittmar für das Grußwort ein.
Christine Aschenberg-Dugnus MdB (FDP) bei ihrer Rede
Beeindruckende Architektur: die AXICA Sky Lobby am Pariser Platz in Berlin-Mitte
Aufmerksamer Zuhörer: Christoph Benz (Bundeszahnärztekammer)
Andreas Brandhorst (BMG) lässt sich in die Kaugummivielfalt von Nina Wenzl (Mars Wrigley) einführen.
Nina Wenzl (Mars Wrigley) erklärt das Engagement ihres Unternehmens.
Sebastian Ziller (Bundeszahnärztekammer), Ina Nitschke (Deutsche Gesellschaft für Alterszahnmedizin), Christoph Benz (Bundeszahnärztekammer (v.l.n.r.)
Peter Sendrowicz (MSL), Sebastian Nikoloff (MSL), Janina Werner (Mars GmbH), Laura Landschof (MSL), Fabian Siemer (MSL) (v.l.n.r.)
Henrik Dommisch (Charité, DG Paro) umringt von Gesprächspartnern


„Sie waren fantastisch!“ – mit solch überschwänglichem Lob bedachte Christoph Benz, Präsident der Bundeszahnärztekammer, die Festrednerin Christine Aschenberg-Dugnus von der FDP. Die Gesundheitspolitikerin hatte in ihrem Beitrag zum zehnjährigen Jubiläum des Forums Zahn- und Mundgesundheit den Zahnärzten aus der Seele gesprochen: Sie sei stolz auf den Erhalt der PKV, für die Freiberuflichkeit in der Medizin, kritisch gegenüber Investor-getragenen MVZ und für jede Art von Entbürokratisierung.

Bei so viel inhaltlicher Nähe war der Zuspruch des Gastgebers nicht wirklich überraschend. Entscheidend war jedoch, dass Aschenberg-Dugnus sich eindeutig aussprach für das zentrale Anliegen des Forums: Die Zahn- und Mundgesundheit soll als 9. Ziel in das Präventionsgesetz aufgenommen werden. Damit bewegt sich die Abgeordnete grundsätzlich auf Ampel-Kurs, schließlich steht im Koalitionsvertrag: „Wir entwickeln das Präventionsgesetz weiter und stärken die Primär- und Sekundärprävention.“ Offen ist allerdings noch, wer letztendlich das Rennen machen wird – und welcher Teil des Körpers im Gesetz dann namentlich genannt wird. An ärztlichen Disziplinen (und Körperteilen mit Präventionsbedarf) mangelt es schließlich nicht. Mit Aschenberg-Dugnus als Fürsprecherin stehen Mund und Zähne nun in der Pole Position.

Auch das BMG war beim Empfang vertreten, diesmal aus der zweiten Reihe. Staatssekretärin Sabine Dittmar war verhindert und wurde ersetzt durch BMG-Referatsleiter Andreas Brandhorst, der anstelle der SPD-Politikerin die Arbeit des Forums würdigte. Auch Brandhorst sagte zu, sich bei der Meinungsbildung im BMG für die Aufnahme der Zahn- und Mundgesundheit ins Präventionsgesetz einzusetzen – wenn auch mit etwas weniger Verve als seiner Vorrednerin. Referatsleiter sind – berufsbedingt – eher zurückhaltend, wenn es um die Parteinahme für ein konkretes Anliegen geht. In diesem Fall scheint Brandhorsts Unterstützung aber unproblematisch. In der illustren Zuständigkeit seines Referates bewegen sich die Zahnärzte neben Hilfsmitteln und dem Rettungsdienst – da sind keine heilberuflichen Neider um die Fürsprache des Referatsleiters in Sicht.

Aschenberg-Dugnus bemühte sich auch gleich um klare Verhältnisse und bat Ihren Co-Redner: „Richten Sie Frau Dittmar aus, wir sind uns hier einig! Karl Lauterbach übernehme ich.“ Diese Aufgabenteilung entspricht nicht nur dem Selbstbild der Abgeordneten, sondern auch ihrer Funktion. Als parlamentarische Geschäftsführerin der FDP-Bundestagsfraktion gehört sie inzwischen zur oberen Führungsebene der Ampel. Gepaart mit ihrem kerngesunden Selbstbewusstsein ist das eine gute Voraussetzung, um politischen Einfluss zu nehmen. Auch Brandhorsts Unterstützung ist nicht unerheblich. Der ehemalige Leiter des Ministerbüros von Andrea Fischer ist erfahren und gilt als unprätentiös und konzeptstark: Das wird (auch) im BMG geschätzt. Damit war das Anliegen des Forums auf dem Empfang gut platziert. Vielleicht klappt´s ja und die Zahn- und Mundgesundheit wird die Nummer 9 im Zielekanon des Präventionsgesetzes.

Das Forum konnte schon in der Vergangenheit einige Erfolge verzeichnen. Christoph Benz ließ in seiner Ansprache zwar durchblicken, dass (Eigen-)Lob aus Redemanuskripten nicht zu seinen größten Leidenschaften gehört. Da ein Kammerpräsident auf einer Jubiläumsfeier aber eine klare Rolle hat, wollte er die Erfolge des Forums Zahn- und Mundgesundheit dann auch angemessen würdigen. Aus der Erfolgsgeschichte stach eine Zahl besonders heraus: Heute sind über 80 Prozent der Zwölfjährigen kariesfrei. Das bedeutet: In den letzten Jahrzehnten muss wahrlich viel passiert sein. Früher hatte man als Zwölfjähriger längst den Grundstein gelegt für einen Kranz an Amalgam-Füllungen. „Kariesfrei“ war noch vor 40 Jahren etwas für die medizinische Kuriositätensammlung – zumindest im Westteil der Republik. Den guten Zustand der jugendlichen Zähne können sich die Zahnärzte daher auf die eigene Fahne schreiben. Der Heilberuf hat sich vor Jahrzehnten auf eine lange Reise begeben und die zahnärztliche Behandlung auf Zahnerhalt ausgerichtet. Offensichtlich mit nachhaltigem Erfolg.

Lautes Selbstlob scheint deren Sache allerdings nicht zu sein. Anders als manch anderer Heilberuf verzichtete Benz darauf, die eigene Leistung in der Pandemie wortreich herauszustellen. Die war jedoch außerordentlich, schließlich hielten Zahnärzte und ihre Mitarbeiter schon zu Beginn der Pandemie den Kopf tapfer weiter in den Luftstrom der Viren. Das Auftreten des BZÄK-Präsidenten vermittelte insgesamt den Eindruck: die Zahnärzte sind gut aufgestellt. Als unprätentiöser Zahnarzt mit wissenschaftlichen Meriten vertritt Benz den Heilberuf glaubwürdig, ohne überkommene Klischees zu bedienen. Zusätzlich hatte sein Pendant, Wolfgang Eßer von der KZBV, kürzlich im G-BA einen beachtlichen Erfolg errungen: Die GKV übernimmt zukünftig die Nachbehandlung der Parodontitis über zwei volle Jahre – ein großer Erfolg in einem großen Versorgungsbereich. Mehr Leistung, mehr Vergütung und mehr Prävention. Das scheint ganz im Sinne der Zahnärzte. Bei den Gesprächen am Rande des Empfanges zeigte man sich denn auch recht zufrieden mit der eigenen Selbstverwaltung.

Auf dem Podium durften natürlich ein paar freundliche Worte des Sponsors Mars Wrigley nicht fehlen. Nina Wenzl, Cheflobbyistin des Konzerns, ging überraschend fröhlich in die Offensive. Nicht alle Produkte des Unternehmensportfolios seien präventionsgeeignet. An M&Ms könne man sich auch mal die Zähne ausbeißen. Um diesen Makel zu heilen hatte Wenzl gleich Dutzende von Kaugummi-Dosen im Raum verteilt. Zuckerfreie Kaugummis seien zur Prävention geeignet – dafür gibt es laut Wenzl sogar Evidenz. Die um sich greifende Evidenz-Begeisterung scheint  nun auch die Süßwaren-Industrie erreicht zu haben. Allerdings wohl nur für bestimmte Teile des Produktportfolios.

In Erinnerung bleiben – wie immer – die persönlichen Momente des Abends. Üblicherweise nutzen Verbände solche Veranstaltungen, um Politikern das wahre (meist recht mühselige) Leben ihres Berufsalltages näher zu bringen. Christine Aschenberg-Dugnus drehte den Spieß kurzerhand um und erzählte aus ihrem eigenen Leben: Nachdem sie einen Zahnarzt geheiratet hatte, ließ sich auch ihre Mutter vom Nutzen der Prävention überzeugen. Den Erfolg nutzte die Dame noch im hohen Alter – für einen Spaß: Immer, wenn jemand vom Pflegepersonal sie ermahnte, sie müsse nun ihre Prothese herausnehmen, habe sie sich standhaft geweigert und ein Weilchen den Anschein der renitenten alten Dame genossen. Der wahre Grund war jedoch ein anderer: Sie konnte ihre Prothese nicht herausnehmen, weil sie keine hatte, erzählte Aschenberg-Dugnus. Das war zur Zeit bei Hochbetagten noch die absolute Ausnahme. Die Mutter der Politikerin war privilegiert – durch das familiäre Engagement eines Zahnarztes. So geht Prävention im wahren Leben und der Schwank aus berufenem Munde bietet drei Erkenntnisse:

  • Prävention bringt Spaß – allerdings erst im hohen Alter.
  • Das Pflegepersonal hat es schwer, das war schon immer so.
  • Die Fähigkeit, sich geschickt in Szene zu setzen, scheint sich auf weiblicher Linie zu vererben.

Insgesamt war das Jubiläum des Forums Zahn- und Mundgesundheit eine passende Plattform für gute Nachrichten und ein nachvollziehbares Anliegen zum Präventionsgesetz. Dem wollten sich auch die einflussreichen Gäste nicht verschließen. Unverkennbar war die Botschaft: Power für die Prävention (dann klappt´s auch mit den Schokodrops des Sponsors).

 

Sebastian Hofmann


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