Bayerns Dreiklang im Kampf gegen Corona: testen, schützen, vorsorgen

Melanie Huml, Bayerische Staatsministerin für Gesundheit und Pflege

Das Corona-Virus hat Bayern früh getroffen. Wir haben konsequent die notwendigen Schutzmaßnahmen ergriffen, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen. Häufig werde ich gefragt, was wir aus der Krise gelernt haben. Die Antwort auf diese Frage ist der Kern unserer bayerischen Corona-Strategie.

Es war der 27. Januar 2020, als bekannt wurde, dass sich in einem Unternehmen im Landkreis Starnberg bei München ein Mitarbeiter mit dem neuartigen Coronavirus infiziert hat. Daraus entwickelte sich das erste SARS-CoV-2-Cluster in Deutschland. Ausgerechnet bei uns in Bayern! Doch das war auch eine Chance, in kurzer Zeit viel zu lernen im Kampf gegen ein tödliches Virus.

Wir haben damals schnell und entschlossen gehandelt. Das war wichtig, denn wir wussten ja anfangs nur sehr wenig über das Virus. Experten bestätigen uns, dass wir Schlimmeres verhindert haben: Sie gehen davon aus, dass wir in der Anfangsphase allein in Bayern rund 50.000 Infektionen und zahlreiche Todesfälle mehr möglich gewesen wären, wenn wir nicht so beherzt eingegriffen hätten.

In den vergangenen Monaten haben wir viele hilfreiche Maßnahmen entwickelt und daraus eine Strategie geformt. Sie lautet: „Testen, schützen, vorsorgen.“

 

Testen

Eine der wichtigsten Erkenntnisse ist: Je mehr wir wissen, desto angepasster und zielführender sind unsere Maßnahmen. Deswegen ist unsere differenzierte Teststrategie in Bayern das Kernelement der Pandemiebekämpfung. Mit gezielten Reihentestungen in gefährdeten Bereichen konnten wir Infektionsherde eindämmen und vermeiden. Alten- und Pflegeheime, Krankenhäuser, Saisonarbeiten, Schlachtbetriebe, Schulen und Kitas – überall, wo Menschen besonders gefährdet sind, konnten wir durch Tests mehr Sicherheit schaffen.

Eine besondere Gefahr ging von der Urlaubssaison aus. Schon zu Beginn der Pandemie waren es vor allem Heimkehrer aus dem Skiurlaub, die das Virus bei uns verbreitet haben. Deswegen haben wir im Sommer kostenlose Corona-Tests für Reiserückkehrer an wichtigen Autobahnen in Grenznähe, an Bahnhöfen und Flughäfen angeboten. Wir haben mehr als eine halbe Million Menschen getestet und dabei bisher rund 7.800 Infizierte entdeckt. Diese Menschen hätten ohne unser Angebot bundesweit unzählige Menschen anstecken können. Somit waren unsere Urlauber-Tests, die es so nur in Bayern gab, auch ein Service für ganz Deutschland.

Darüber hinaus bieten wir bereits seit Juli kostenlose Tests für jedermann in Bayern an – unabhängig davon, ob jemand Symptome hat oder nicht. Mir ist völlig klar, dass solche Tests immer nur eine Momentaufnahme sind und keine hundertprozentige Garantie sein können. Aber sie sollen denen mehr Sicherheit geben, die Sorge haben, sie könnten sich infiziert haben. Auch dieses Angebot ist bundesweit einzigartig.

 

Schützen

Nach dem Test beginnt die eigentliche Arbeit: Isolation von Infizierten, Kontaktverfolgung und Kontrolle der Maßnahmen. Wir haben frühzeitig unsere Gesundheitsämter personell verstärkt, damit sie diese enormen Aufgaben bewältigen können. Im Frühjahr haben wir kurzfristig rund 4.000 Kräfte zur Unterstützung bereitgestellt, davon ein Großteil für das Contact Tracing. Das waren Beamte aus anderen Bereichen, Beamtenanwärter, Studierende, etc. Derzeit bauen wir mit 775 Neueinstellungen sowie 2.550 geschulten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus allen Ressorts bei den Gesundheitsämtern und Regierungen eine langfristige Hilfe auf. Ziel ist, dass im Bedarfsfall ein fünfköpfiges Contact Tracing Team pro 20.000 Einwohner eingesetzt werden kann.

 

Vorsorgen

Zu unserem Schutzkonzept gehört auch die Hotspot-Prävention. Dafür haben wir ein Frühwarnsystem eingerichtet. Wird in einer Kommune oder in einem Landkreis der Inzidenzwert von 35 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner überschritten, analysieren die zuständigen Behörden die Situation und können Gegenmaßnahmen einleiten, damit die Infektionszahlen nicht noch weiter steigen. Zwar verhindert das nicht in jedem Fall einen weiteren Anstieg des Inzidenzwertes. Aber wichtig ist, dass wir sensibel sind für die Entwicklung und uns vorbereiten können.

Zur Vorsorge gehört auch die Versorgung. Damit wir in der Krise handlungsfähig bleiben, brauchen wir einen soliden Grundstock an Material und medizinischem Gerät sowie funktionierende Krankenhäuser. Wir sind all das systematisch angegangen. Wir haben die Zahl der Intensivbetten von rund 3.500 im März auf etwa 5.000 ausgeweitet. Wir richten gerade ein Pandemie-Zentrallager ein, in dem wir medizinische Masken und weitere Schutzausrüstung im großen Stil vorhalten, um unsere Ärzte und Kliniken zu unterstützen. Und wir geben unseren Krankenhäusern in Bayern unter anderem Finanzspritzen von insgesamt 138 Millionen Euro als Ergänzung zu Hilfen des Bundes, die durch das COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz vorgesehen sind.

Ich werde häufig gefragt, was wir aus Corona lernen können. Wichtig ist, dass wir nach vorne schauen und aus dem bisherigen Pandemieverlauf unsere Schlüsse ziehen. Ich wünsche mir, dass wir es auch über den Herbst und Winter schaffen, die Neuerkrankungszahlen zu senken und Infektionsketten rechtzeitig zu erkennen und zu unterbrechen, damit das Gesundheitssystem nicht an seine Grenzen kommt. Daran arbeiten wir mit Hochdruck weiter. Dabei gilt immer: Corona-Politik ist Politik FÜR die Menschen. Egal wie streng und hart unsere Maßnahmen im Einzelfall erscheinen mögen, sie dienen einzig und allein dem Zweck, Menschenleben zu schützen und diese Krise gemeinsam zu meistern.

Dazu gehört auch, dass wir regelmäßig einen Schritt zurücktreten und Lehren aus der Pandemie ziehen, wie und wo wir unser Gesundheitssystem als Ganzes reformieren und stärken sollten. Es heißt: „Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man Schönes bauen.“ In diesem Sinne ist Corona auch eine Chance, die wir nutzen müssen. Ich finde, hier sind wir auf einem guten Weg.


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