Ärztliche Führungskräfte erzielen bessere Qualitätsergebnisse

Studienergebnisse aus den USA: höhere Bettenauslastung bei ärztlicher Geschäftsführung



Wirtschaftlichkeit und eine hohe Versorgungsqualität gewährleisten: Das sind die Anforderungen, die an Führungskräfte von Krankenhäusern gestellt werden. Managementkenntnisse allein sind für eine gute Führung eines Krankenhauses jedoch nicht ausreichend. Die Einbindung von medizinischen Fachkenntnissen kann richtungsweisend für strategische Entscheidungen sein. Immer mehr Ärzte übernehmen obere Führungspositionen von Gesundheitsorganisationen. Es stellt sich die Frage, welche Auswirkungen diese Entwicklung auf Krankenhäuser bzw. Klinikverbünde hat. Im Rahmen einer groß angelegten USA-Studie wurde erstmalig untersucht, ob eine ärztliche oder nicht-ärztliche Krankenhausgeschäftsführung bessere Qualitäts- und Wirtschaftsergebnisse erzielt [1].

Im Gesundheitswesen wird verstärkt das Ziel verfolgt, den Wert der Gesundheitsversorgung zu steigern, indem qualitativ hochwertige Gesundheitsleistungen mit einem möglichst geringen finanziellen Einsatz erbracht werden. Die Geschäftsführung von Krankenhäusern übernimmt bei der Umsetzung dieser Zielsetzung eine tragende Rolle, da hier richtungsweisende Entscheidungen zum strategischen Vorgehen und zu betriebswirtschaftliche Prioritäten in der Gesundheitsversorgung getroffen werden. Immer mehr Ärzte übernehmen obere Führungspositionen im Gesundheitswesen. Mit der Einbindung von Ärzten in Führungsaufgaben kann ein Krankenhaus wertsteigende Effekte in der Gesundheitsversorgung erzielen, da Ärzte eine wertvolle Perspektive zum betriebswirtschaftlichen Verständnis in der Medizin einbringen können. Bislang wurde jedoch nicht umfassend untersucht, welchen Effekt tatsächlich eine ärztliche Geschäftsführung im Vergleich zu einer nicht-ärztlichen Geschäftsführung auf die Wirtschaftlichkeit und Qualität eines Krankenhauses hat. Aus diesem Grund setzten sich Tasi et al. [1] im Zuge einer Studie nähergehend mit dieser Fragestellung auseinander.

 

Studiendesign

Tasi et al. [1] haben für die Studie 115 Krankenhäuser aus den USA eingeschlossen, welche die höchste Anzahl an belegten Betten im Jahr 2014 aufwiesen.

Die Identifizierung der Führungspositionen wurde zwischen Dezember 2014 und Februar 2015 manuell für jedes eingeschlossene Krankenhaus durchgeführt. Als hauptverantwortliche Führungskraft wurde die oberste Leitung eines Krankenhauses ausgewählt. Für Krankenhäuser, die beispielsweise Teil eines Klinikverbundes sind, wurde die Unternehmensleitung des Klinikverbundes als oberste Führungskraft für die betroffenen Krankenhäuser bestimmt. Die identifizierten Führungskräfte wurden im Anschluss danach charakterisiert, ob sie einen ärztlichen oder keinen ärztlichen Hintergrund besitzen. Von den 115 Krankenhäusern befanden sich 34 unter einer ärztlichen und 81 unter einer nicht-ärztlichen Leitung.

Um die Qualität der Krankenhäuser beurteilen zu können, wurde auf die Qualitätsbewertungsergebnisse der „U.S. News and World Report quality ratings“  aus dem Jahr 2015 zurückgegriffen [2]. Hier können die Krankenhäuser für einzelne medizinische Fachgebiete (z.B. Onkologie, Neurologie) einen Score zwischen 0 und 100 erreichen, wobei ein hoher Score für eine hohe Qualität in dem entsprechenden medizinischen Fachgebiet steht. Im Rahmen von der Studie wurden die Qualitätsbewertungsergebnisse von 12 medizinischen Fachrichtungen eingeschlossen: Ein Score setzte sich aus den folgenden Qualitätsbereichen zusammen:

 

Score-Zusammensetzung für die Qualitätsbewertung von medizinischen Fachgebieten


Quelle: In Anlehnung an Tasi et al. [1] & Olmsted et al. [3].

 

Die finanziellen Kennzahlen zu den eingeschlossenen Krankenhäusern wurden aus einem öffentlichen Kostenbericht basierend auf den Geschäftsjahren 2013/2014 erhoben [4].

Die krankenhausspezifischen Daten zu der Führung, der Qualität und den Finanzen wurden im Anschluss statistisch auf einen Zusammenhang überprüft.

 

Ärztliche Führung & Qualität

Basierend auf den betrachteten Qualitätsbewertungsergebnissen konnte gezeigt werden, dass ein Zusammenhang zwischen einer übergeordneten ärztlichen Krankenhausleitung und besseren Qualitätsergebnissen bei allen 12 medizinischen Fachgebieten besteht. Im Durchschnitt hatten Krankenhäuser mit einer ärztlichen Geschäftsführung einen Qualitätsscore von 59,81 %. Bei Krankenhäusern mit einer nicht-ärztlichen Geschäftsführung lag der durchschnittliche Qualitätsscore bei 49,35 %.

 

Ärztliche Führung & Wirtschaftlichkeit

Bei den betrachteten Finanzkennzahlen (z.B. Gewinnspanne, Gesamtumsatz) zeigte sich kein statistischer Unterschied zwischen Krankenhäusern mit oder ohne ärztliche Geschäftsführung.

Eine Abweichung ließ sich jedoch hinsichtlich der betriebswirtschaftlichen Effizienz erkennen. Krankenhäuser mit einer ärztlichen Geschäftsführung wiesen eine höhere Bettenauslastung auf als Krankenhäuser mit einer nicht-ärztlichen Geschäftsführung. Unter einer ärztlichen Geschäftsführung war ein Krankenhausbett im Durchschnitt an 280,4 Tagen im Jahr belegt. Unter einer nicht-ärztlichen Geschäftsführung war ein Bett durchschnittlich 259,5 Tage im Jahr besetzt. Die Anzahl an Patiententagen war bei beiden Führungsformen vergleichbar.

Warum zeigt sich jedoch in der Gegenüberstellung von Krankenhäusern mit oder ohne ärztliche Geschäftsführung kein Unterschied in der Gewinnspanne? Eine mögliche Erklärung besteht darin, dass eine höhere Bettenauslastung mit höheren Kosten für bspw. Personal verbunden ist, sodass sich die Gewinnspannen unter Krankenhäusern angleichen.

 

Was bedeuten die Ergebnisse für die Praxis?

Die Studie von Tasi et al. [1] zeigt, dass eine ärztliche Geschäftsführung mit besseren Qualitätsbewertungsergebnissen zusammenhängt, die keine negativen Effekte auf die Wirtschaftlichkeit eines Krankenhauses haben.

Qualitätsbewertungen nehmen im Gesundheitswesen eine zunehmende Rolle ein und können den Patienten in seiner Krankenhausauswahl beeinflussen. Auch in Deutschland existieren bereits solche Qualitätsbewertungsportale. Beispielsweise kann die „Weisse Liste“ für Patienten als Entscheidungsgrundlage dienen, um sich über die Eignung eines Krankenhauses für die Behandlung einer bestimmten Diagnose zu informieren [5].

Um Ärzte auf zukünftige Führungspositionen vorzubereiten und deren Führungskompetenzen weiter auszubauen, empfiehlt es sich, im Rahmen der ärztlichen Ausbildung gezielte Schulungsangebote anzubieten.

Krankenhäuser mit einer übergeordneten ärztlichen Leitung haben bessere Qualitätsbewertungen und eine höhere Bettenauslastung als Krankenhäuser mit einer nicht-ärztlichen Geschäftsführung, wobei aus der finanziellen Perspektive keine Unterschiede zu verzeichnen sind. Um ärztliche Führungskompetenzen weiter auszubauen, sollten entsprechende Ausbildungsangebote zur Verfügung gestellt werden.

 

  1. Tasi, M.C., Keswani, A., and Bozic, K.J., Does physician leadership affect hospital quality, operational efficiency, and financial performance? Health Care Management Review, 2019. 44(3): p. 256-262.
  2. U.S. News and World Report quality ratings. 2015; Verfügbar unter: https://www.usnews.com/info/blogs/press-room/2015/07/21/us-news-releases-201516-best-hospitals
  3. Olmsted, M.G., Powell, R., Murphy, J., Bell, D., Morley, M., and Stanley, M. Methodology – U.S. News & World Report 2019-20 Best Hospitals: Specialty Rankings. 2019; Verfügbar unter: https://health.usnews.com/media/best_hospitals/Best_Hospitals_Methodology_2019-20
  4. American Hospital Directory. 2015; Verfügbar unter: https://www.ahd.com/
  5. Weisse Liste. 2020; Verfügbar unter: https://www.weisse-liste.de/de/

 

Redaktion / Ines Niehaus


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