Die Schattenseite der Profitorientierung von Pflegeheimen



Das Fazit einer systematischen Übersichtsstudie[1] zur Bedeutung des Profitstatus eines Pflegeheims aus den USA lässt aufhorchen: Die bessere Finanzlage von profitorientierten im Vergleich zu gemeinnützigen Pflegeheimen scheint mit schlechteren Ergebnissen hinsichtlich des Wohlbefindens sowohl bei den Beschäftigten als auch den Patienten zusammenzuhängen.

Die Autoren beziehen sich hierbei auf die Resultate von insgesamt 50 empirischen Studien aus den Jahren 2004-2014, die mittels einer systematischen Literaturrecherche als geeignet und qualitativ hochwertig eingestuft worden sind.

In jeder dieser Studien stellt der Profitstatus von privatgeführten Pflegeheimen eine zentrale Variable dar. Dabei analysieren die Studien mitunter Unterschiede zwischen entweder profitorientierten oder gemeinnützigen Pflegeheimen in Bezug auf mindestens eine der folgenden drei Dimensionen, „Finanzlage“, „Wohlbefinden der Beschäftigten“ sowie „Wohlbefinden der Patienten“. Jede der drei Dimensionen repräsentiert hierbei also eine unterschiedliche Interessengruppe.

So finden die Interessen der Pflegeheimeigentümer durch den Einschluss der finanziellen Lage Berücksichtigung. Die zu der Finanzlage von Pflegeheimen eingeschlossenen Studien (zwölf Prozent) finden einen positiven Zusammenhang zwischen einer höheren Gewinnspanne als auch einem höheren Effizienzlevel und der Profitorientierung eines Heimes.

Das Wohlbefinden der Beschäftigten, die eine weitere Interessengruppe abbilden, wurde mittels objektiver sowie subjektiver Maße, im Spezifischen der Zufriedenheit der Beschäftigten, bestimmt. Insgesamt kommen die relevanten 18 Studien (36 Prozent) zu den Ergebnissen, dass gemeinnützige Pflegeheime allgemein einen höheren Personalbestand, bessere Arbeitsbedingungen sowie geringere Fluktuationsraten als auch eine höhere Arbeitszufriedenheit der Beschäftigten aufweisen.

Die Belange (das Wohlbefinden) der Patienten, die die dritte relevante Interessengruppe darstellen, werden durch die Hospitalisierungs-, Beschwerde- bzw. Klagerate sowie der anhand klinischer Maße gemessenen Pflegequalität von 31 der Studien (62 Prozent)[2] adressiert. Hinsichtlich der Pflegequalität kann die Mehrheit keinen signifikanten Unterschied zwischen profitorientierten und gemeinnützigen Heimen feststellen. Während insgesamt zwar keine der Studien belegt, dass die Pflegequalität in profitorientierten Pflegeheimen besser als in gemeinnützigen ist, gibt es einige Studien, die eine bessere Qualität in gemeinnützigen Heimen suggerieren. Darüber hinaus weisen profitorientierte Pflegeheime zum einen höhere Hospitalisierungsraten und zum anderen eine höhere Anzahl an Beschwerden und Klagen auf.

Gesamtheitlich betrachtet, bringt die Literaturübersicht Erkenntnis darüber, ob positive Ergebnisse für eine Interessengruppe auf Kosten einer anderen Interessengruppe erreicht werden oder die verschiedenen Interessengruppen gemeinsam profitieren können. Die Abbildung stellt den Zusammenhang zwischen den verschiedenen Variablen veranschaulicht dar und fasst die Kernaussagen der Übersichtsstudie zusammen: Bei profitorientierten Heimen scheint ein höheres Wohlergehen seitens der Beschäftigten in Verbindung mit einem höheren Wohlergehen seitens der Patienten zu stehen. Im Gegensatz dazu lassen die Ergebnisse darauf schließen, dass das Wohlbefinden beider Gruppen negativ mit einer besseren Finanzlage des Heimes zusammenhängt.

 

Abbildung: Zusammenfassung der Ergebnisse zu der Beziehung von Profitorientierung und den drei Dimensionen

 

 

Die Abbildung veranschaulicht die Unterschiede zwischen profitorientierten und gemeinnützigen Pflegeheimen hinsichtlich der Dimensionen. Ein „+“ bedeutet, dass profitorientierte Pflegeheime in Bezug auf die jeweilige Dimension allgemein bessere Ergebnisse als gemeinnützige Pflegeheime erzielt haben, ein „-“ bedeutet, dass profitorientierte Pflegeheime allgemein schlechtere Ergebnisse als gemeinnützige Pflegeheime in Bezug auf die jeweilige Dimension erzielt haben.

 

Daher sollten Entscheidungsträger bei der Strukturierung des privaten Pflegeheimsektors stets die Chancen und Gefahren für die unterschiedlichen Interessengruppen im Blickwinkel haben und diese gegeneinander abwägen, so die Autoren.

 

[1] Bos, Aline, Boselie, Paul and Margo Trappenburg (2017): “Financial performance, employee well-being, and client well-being in for-profit and not-for-profit nursing homes: A systematic review”, Health Care Management Review.

[2] Da 5 der 50 Studien Variablen zu mehr als einer Dimension beinhalten, summieren sich die Prozentangaben auf insgesamt 110%.

 

Redaktion / Mona Groß


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