Kampf gegen das Grippe-Virus – politisch vernachlässigt, doch lebensrettend

Mit gesundheitspolitischem Durchsetzungswillen zu mehr Bevölkerungsschutz

Prof. Dr. med. Klaus Wahle, Facharzt für Innere und Allgemeinmedizin, Sprecher „Projekt: Grippeschutz“

Nur zum Impfen gegen das Grippe-Virus aufzurufen, ist viel zu kurz gesprungen. Die Betrachtung einzelner „neuralgischer Punkte“ in der Grippebekämpfung wie Impfquote, Einsatz von effektiven Impfstoffen, endlich Nutzung von Real-World-Daten zeigt: Mit der gesundheitspolitischen Umsetzung von vier Impulsen zur Grippeimpfung könnte Deutschland ein robustes und innovatives Grippeschutzprogramm aufbauen, das bei den Menschen auch wirklich ankommt.

Damit wäre in der Influenzabekämpfung ein großer Schritt nach vorne erreicht und Deutschland könnte wieder Anschluss finden an andere europäische Länder, die in der Influenzabekämpfung deutlich erfolgreicher sind. Man muss nur wollen – und die notwendigen Institutionen dafür stärken und mitnehmen.

„Unterschätze niemals Feinde, weil sie klein und zahnlos sind. Nicht Löwen und Krokodile töten die meisten Menschen, sondern Viren und Bakterien“[1] – diese Erkenntnis steht wie keine andere für den Erreger der Grippe, dem Influenza-Virus. Dabei gehört die Grippe wohl zu den am meisten unterschätzten viralen Erkrankungen. Sie fordert jede Saison zahlreiche Opfer – allein in der Saison 2017/2018 waren 25.000 Tote in Deutschland zu beklagen. Zunehmend gibt es zudem Hinweise darauf, dass die Influenza ein Risikofaktor für Herzinfarkte bzw. Schlaganfälle ist. Denn als virale Infektion führt sie zu Entzündungen in Blutgefäßen, was bei Vorliegen weiterer Risikofaktoren Herzinfarkte oder Schlaganfälle begünstigen kann[2]. Und nicht zuletzt: Der allein in der Saison 2022/2023 verursachte Krankenstand hat nach Hochrechnungen des Kiel Instituts für Weltwirtschaft (IfW) Kosten in Höhe von bis zu  40 Milliarden Euro für die deutsche Volkswirtschaft verursacht[3]. Auch für die Saison 2023/2024 legt das Institut aktuell Zahlen vor. Demnach droht der deutschen Volkswirtschaft allein durch den krankheitsbedingten Arbeitsausfall infolge von Atemwegserkrankungen ein Verlust in der Bruttowertschöpfung von 32 bis 36 Milliarden Euro[4]. Gründe genug, so sollte man meinen, um alle Anstrengungen zu bündeln und dieser Viruserkrankung entschlossen den Kampf anzusagen. Denn eine wirksame Waffe liegt – jedes Jahr neu geschärft -parat: Die Impfung gegen das Influenzavirus! Denn Schutzimpfungen wie diese verhindern laut WHO derzeit weltweit jedes Jahr 3,5 – 5 Millionen Todesfälle durch Krankheiten wie Diphtherie, Tetanus, Keuchhusten, Grippe und Masern[5]. Sie gehören damit zu den wirkungsvollsten und kostengünstigsten präventiven Maßnahmen der modernen Medizin. Sie bieten den Geimpften Schutz vor schweren Infektionskrankheiten, vermeiden Krankheitskomplikationen und schwere Krankheitsverläufe.

Hinzu kommt: Impfen als Präventionsleistung lohnt sich auch ökonomisch: Einer Studie zufolge resultiert jeder investierte Euro in Erwachsenenimmunisierung in vier Euro Wirtschaftsleistung[6].

Aber: Über die individuellen gesundheitlichen Vorteile hinaus ist der Nutzen von Impfungen für die gesamte Bevölkerung abhängig von 1) hohen Impfquoten und 2) effektiven Impfstoffen. Nur so können durch die sogenannte Herdenimmunität alle Individuen, also auch diejenigen, die zu jung oder zu krank für eine Impfung sind, wirkungsvoll geschützt werden. Im Ergebnis senken sie die Erkrankungshäufigkeit überproportional und verlängern die ausbruchsfreien Intervalle.

Für das Grippevirus gilt dabei eine Besonderheit: Aufgrund seiner Mutationsrate ist eine jährliche Anpassung des Impfstoffes an die jeweils zirkulierenden Virusstämme notwendig, damit jede Saison ein passender Impfstoff verimpft werden kann. Somit bieten die Impfstoffe nur für die jeweils aktuelle Saison den bestmöglichen Schutz. Damit kann Influenza bezüglich der Populationsimmunität nicht mit anderen Erkrankungen wie z.B. Masern verglichen werden, die mit einer Grundimmunisierung und Auffrischimpfungen präventabel sind.

 

Influenza-Impfquote in Deutschland: Weit abgeschlagenes Schlusslicht in Europa

Leider hinken wir in Deutschland den Möglichkeiten, Influenza zu bekämpfen und einen wirkungsvollen Bevölkerungsschutz aufzubauen, beschämend deutlich hinterher. Um in den Genuss der Herdenimmunität mit all ihren positiven Auswirkungen zu kommen, empfiehlt die WHO eine Impfquote von 75 Prozent bei Älteren und anderen vulnerablen Gruppen. Und wie sieht die Impfquote in Deutschland aus? Ernüchternd muss man feststellen, dass wir hier – wie seit Jahren – über 43 Prozent nicht hinauskommen und zu den Schlusslichtern im europäischen Ausland gehören. Dänemark schafft 78 Prozent, Großbritannien, Spanien, Frankreich, Schweden, Griechenland, Italien, Niederlande – alle weisen Impfquoten zwischen 60 und den geforderten 75 Prozent auf[7].

Halten wir also fest: Bis heute ist es gesundheitspolitisch nicht gelungen, die Impfquote zu erhöhen

Was also läuft bei unseren Nachbarn besser? Welche gesundheitspolitischen Maßnahmen lassen sich ableiten, um zukünftig Erkrankungen und Todesfälle durch das Influenza-Virus zu vermeiden und um die Bevölkerung deutlich besser als bisher zu schützen?

Eine Expertengruppe aus verschiedenen Bereichen des Gesundheitssystems hat sich hierzu in einem Impulspapier Gedanken gemacht, das Grundlage für die folgenden Ausführungen ist.

 

1. Impfquote erhöhen: Grippeimpfungen für Alle und motivierende Ansprache

Das klingt banal, ist aber ein wichtiger Schritt. In Deutschland fehlt es grundsätzlich an einem durchdachten nationalen Impfplan mit konkreten Zielen, die auch überprüft und nachgesteuert werden und einer daraus resultierenden zielgruppenorientierten Kommunikationsstrategie. Der derzeitige Impfplan, der als „Bestandsaufnahme und Handlungsbedarf“ fungieren soll, ist aus dem Jahr 2012[8]. Zwar wird auch dort schon auf die niedrigen Impfquoten bei Influenza hingewiesen, geändert hat sich nichts.

Eine zielgruppenorientierte Impfkampagne könnte – unabhängig von einem überarbeiteten Nationalen Impfplan – die Bevölkerung motivieren, sich impfen zu lassen. Warum zielgruppenorientiert? Zwar wäre das Erreichen einer ausreichenden Herdenimmunität ein altruistischer Impfgrund, motivationssteigernd ist es erfahrungsgemäß jedoch, wenn der eigene individuelle Vorteil einer Influenzaimpfung klar ist.

Hier stößt man aktuell jedoch auf eine Hürde: Wer sollte zurzeit für diese dringend benötigte Impfkampagne verantwortlich sein? Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) – genau für solche Kampagnen einst gegründet – zeigte sich zuletzt nur wenig innovativ und befindet sich aktuell im Auflösungszustand. Das angekündigte Bundesinstitut für Prävention und Aufklärung in der Medizin (BIPAM) soll erst in 2025 das Licht der Welt erblicken – ungewiss, wann es dann mit neuen Kampagnen glänzen darf, zumal es sich zwar um Prävention, dabei aber um nicht-übertragbare Krankheiten kümmern soll. Das zeitliche und inhaltliche Vakuum zwischen beiden Institutionen scheint die Politik nicht zu stören.

Hinzu kommt: Nach wie vor empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO), die in Deutschland für die Bewertung von Impfungen und Impfstoffen zuständig ist, die Influenza-Impfung nur für Menschen über 60 Jahre und Menschen mit chronischen Erkrankungen, für Menschen, die in Berufen mit viel Publikumsverkehr arbeiten und für weitere vulnerable Gruppen. Und nur diese Personengruppen haben das Recht auf eine Kostenübernahme für die Impfung durch ihre Krankenkasse. Ein Blick auf die Infektionszahlen zeigt aber: Gerade in der Grippesaison 2022/2023 wurde Influenza vorwiegend in den Altersgruppen der 5- bis 14-Jährigen (22 %) und der 15- bis 34-Jährigen (60 %) diagnostiziert. Auch aktuell – so die AOK in einer Pressemitteilung[9] – seien „vornehmlich Kinder im Schulalter und junge Erwachsene“ von Infekten mit Influenzaviren betroffen.

Bevor es zu Missverständnissen kommt: Eine Impfempfehlung für alle ist keine Impfpflicht! Es sollte lediglich für die Impfwilligen in allen Bevölkerungsgruppen über eine entsprechend breite Impfempfehlung sichergestellt sein, dass die Kosten der Impfung erstattet werden. Wenn man genau hinschaut, ist die STIKO ja bereits von der Realität ein- und überholt worden, denn fast alle Krankenkassen erstatten mittlerweile Impfungen gegen Influenza unabhängig von der STIKO-Empfehlung. Auch das Robert-Koch-Institut (RKI) gibt zu, dass „auch viele Arbeitgeber ihren Angestellten die Influenzaimpfung anbieten, um Grippeerkrankungen und dem damit verbundenen Arbeitsausfall vorzubeugen“. Und ergänzt: „Dass die Ständige Impfkommission (STIKO) die Influenza-Impfung nur für bestimmte Personengruppen empfiehlt, bedeutet jedoch nicht, dass die STIKO von einer Influenzaimpfung anderer Personen abrät. Bei Bedarf sollte geklärt werden, ob die Krankenkasse die Kosten übernimmt[10].

Fassen wir also zusammen: Deutschland benötigt dringend ein innovatives, robustes Impfprogramm gegen Influenza, das in der Bevölkerung ankommt!

 

2. Real-World-Daten müssen bei mutierenden Viren wie dem Influenza-Virus eine entscheidendere Rolle erhalten

Wie bereits dargelegt, bedeutet eine Erhöhung des Impfschutzes, mehr Menschen mit dem jeweils effektivsten Impfstoff zu impfen. Wie lässt sich diese Effektivität aber messen? Grundsätzlich gelten in Deutschland für die Bewertung von Gesundheitsleistungen randomisierte klinische Studien (Randomized Clinical Trials/RCT) als Goldstandard. RCT entsprechen einem hohen Maß an Evidenz und sind eine wesentliche Grundlage für den Marktzugang. Trotz der unstrittigen Vorteile der RCT kommen diese bei Grippeimpfstoffen an ihre Grenzen.

 

RCT für die Bewertung von Grippeimpfstoffen nur wenig geeignet

Warum ist das so? Eine RCT spiegelt nur einen nach Ein- und Ausschlusskriterien zugeschnittenen Ausschnitt zur Effizienzmessung über ein bis zwei Grippesaisons wider.  Da sich das Virus aber rapide ändert, werden die entsprechenden Impfstoffe angepasst. Hier legt die WHO jährlich fest, auf welche Virusstämme die Impfstoffe neu angepasst werden müssen. Damit sinkt die Aussagekraft einer RCT im Laufe der Zeit, da der für die RCT genutzte Impfstoff nicht mehr mit dem aktuellen Impfstoff identisch ist und sich auch der Virus weiterentwickelt hat. Diese Erkenntnisse, die meist auch nur aus Daten von wenigen historischen Saisons stammen, sind damit wenig generalisierbar und übertragbar auf die jeweilige Effektivität.  Dies unterscheidet die RCT bei Influenza-Impfstoffen ganz wesentlich z.B. von einer RCT, die die Effizienz eines Wirkstoffs in einem Arzneimittel überprüft, dessen Struktur sich über die Zeit nicht ändert.

Im Gegensatz dazu spielen Real-World-Daten (RWD) eine besondere Bedeutung bei Impfstoffen gegen schnell mutierende Viren wie dem Grippevirus. Diese müssen aufgrund der hohen Mutationsrate regelmäßig (bei Grippe einmal jährlich für jede Welthalbkugel) angepasst werden. Die Impfstoffeffektivität, die hochvariabel sein und zwischen 0 und ca. 70 % schwanken kann, ist daher im besonderen Maße abhängig von der Passgenauigkeit mit dem zirkulierenden Virus jeder Saison. Dies stärkt die Bedeutung von Real-World Evidence (RWE) für diese besonderen Impfstoffe. Sie können einfacher kontinuierliche Erkenntnisse hinsichtlich Effektivität und Sicherheit über mehrere Saisons und aus großen, heterogenen Teilnehmergruppen liefern. Das stellt im Gegensatz zu RCTs einen maßgeblichen Unterschied dar, weshalb diese Datensets mindestens komplementär zu verstehen sind.

 

Gute Erfahrungen mit RWD aus der COVID-Pandemie auf Influenza übertragen 

Problematisch ist, dass die Daten aus RCTs à priori eine hohe Berücksichtigung in die Evidenz-Bewertung der STIKO haben, jedoch aufgrund definierter Kriterien herabgestuft werden können. Für die bei mutierenden Viren besonders relevanten RWD wird initial das Evidenzlevel als so niedrig angenommen, das sie kaum Einfluss auf die Bewertung haben. Zudem verzichtet die STIKO prinzipiell auf Teile der vorhandenen RWD, denn sie akzeptiert nur Daten mit laborbestätigten Influenza-Infektionen. Dies geht aber an der Realität vorbei, denn Influenza-Infektionen werden – anders als COVID-19-Infektionen – nur selten laborbestätigt.

Interessanterweise hat die STIKO während der COVID-19-Pandemie verstärkt RWD genutzt, um versorgungsdatenbasiert COVID-19-Impfstoffempfehlungen zu geben bzw. anzupassen – mit Erfolg, wie wir heute erkennen können, denn es zeigte sich, dass RWD schneller und verlässlicher als RCT in der Lage waren, Neben- und Wechselwirkungen zu erkennen. Es stellt sich die Frage, ob sich die STIKO von diesem Vorgehen wieder abwendet und bei zukünftigen Empfehlungen auch bei den COVID-19-Impfstoffen, da die Pandemie nun offiziell für beendet erklärt ist, wieder weniger RWD und mehr RCT berücksichtigt.

Erfreulich wäre, wenn die STIKO ihren Bewertungsalgorithmus entsprechend anpassen würde bzw. für schnell mutierende Viren einen eigenen entwickeln würde. Nun zeigt sich auch hier eine Hürde: Die STIKO ist zurzeit im Umbruch. Nachdem Bundesgesundheitsminister Lauterbach die aktuelle Berufungsperiode der STIKO Anfang 2023 um ein Jahr verlängert hatte, hat das Bundesministerium für Gesundheit Ende 2023 die maximale Anzahl der Berufungsperioden für die STIKO-Mitglieder auf drei begrenzt. Damit scheiden zwölf der insgesamt 17 Mitglieder automatisch aus. Es bleibt zu hoffen, dass sich die neu zusammengesetzte STIKO auf eine entsprechende Anpassung des Bewertungsalgorithmus einigen kann, der den Besonderheiten der mutierenden Viren wie dem Influenza-Virus gerecht(er) wird.

Unser Fazit hier: Die Impfstoffeffektivität kann zwischen 0 und ca. 70 % schwanken – daher sollten Real-World-Daten zukünftig eine gewichtigere Rolle bei der Bewertung spielen.

 

3. Schnelle Empfehlungsaktualisierungen müssen Routine werden

Durch die ständige Mutation des Influenza-Virus müssen die Grippeimpfstoffe von Saison zu Saison angepasst werden. Hinzu kommen neue Impfstofftechnologien, die die Effektivität bzw. Verträglichkeit erhöhen sollen. Dies erfordert eine kontinuierliche jährliche Anpassung der Empfehlungen, um die wachsenden Erkenntnisse in Bezug auf Effektivität und Sicherheit zu berücksichtigen – das Vorgehen bei den COVID-19-Impfstoffen ist dafür ein gutes Beispiel.

Damit wäre auch sichergestellt, dass neue Impfstoffe bzw. neue Impfstofftechnologien frühzeitig bewertet werden und so ggf. für den Schutz der Bevölkerung zur Verfügung stehen. So können Empfehlungen optimal auf eine kommende Grippesaison angepasst werden. Eine kontinuierliche jährliche Anpassung kann zu einer verbesserten Impfakzeptanz und somit so zu einer höheren Impfrate und einem optimierten Bevölkerungsschutz führen.

Zudem benötigen auch Impfstoff-Hersteller Verlässlichkeit in Hinblick auf Bewertungen durch die STIKO. Solange keine Bewertung erfolgt ist, fehlt  im Prinzip die rechtliche Voraussetzung für eine Erstattung. Insofern ist eine verlässliche routinemäßige Bewertung von Grippeimpfstoffen für die Hersteller, aber auch für die Impfenden motivierend. Gerade letztere können so sicher sein, stets den besten verfügbaren Impfstoff anbieten zu können.

Das Resümee hier: Eine regelhafte jährliche Aktualisierung der Impfempfehlungen wird dringend empfohlen, um über neue Erkenntnisse zu einem besseren Impfschutz zu kommen.

 

4. Mögliche Verteilungs- und Lieferprobleme von Impfstoffen durch Mitbewertung versorgungsrelevanter Aspekte vermeiden

In der gesundheitspolitischen Diskussion der letzten Monate haben Probleme bei der Lieferfähigkeit und daraus resultierende Lieferengpässe von Gütern eine herausragende Rolle gespielt und zu einer Verunsicherung in der Bevölkerung geführt. Die Frage der Lieferfähigkeit ist auch bei Impfstoffen ein entscheidendes Thema, denn Impfen ist nun einmal in einem kurzen Zeitfenster nur mit ausreichend vorhandenem Impfstoff möglich. Dafür geben impfende Ärztinnen und Ärzte sowie Apothekerinnen und Apotheker rechtzeitig vor Beginn einer Saison Vorbestellungen auf. Ihre Auswahl orientiert sich dabei an den Empfehlungen der STIKO und der Schutzimpfungs-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesauschusses (G-BA). Für die Impfstoffhersteller bleiben für Herstellung und anschließende Distribution jeweils begrenzte und eng getaktete Zeiträume, um zu Beginn der Grippeimpfsaison rechtzeitig und ausreichend Impfstoffe in allen Arztpraxen und Apotheken vorrätig zu haben. Störungen wie Lieferverzögerungen, Ausfall einer Charge oder erhöhte Nachfrage sind grundsätzlich besser zu begegnen und im besten Fall ausgleichbar, wenn Impfstoffalternativen verordnungsfähig sind.

Impfkommissionen in anderen Ländern berücksichtigen bei ihren Empfehlungen bereits solche Überlegungen, insbesondere Umsetzungsaspekte fließen in Impfempfehlungen ein. Ein Beispiel hierfür ist der Fragenkatalog des US-amerikanische Advisory Committee on Immunization Practices (ACIP). ACIP berücksichtigt dabei neben Epidemiologie und Krankheitslast, Wirksamkeit, Effektivität und Sicherheit der Impfstoffe, auch wirtschaftliche Analysen und Umsetzungsfragen[11].

Hier also lautet die Empfehlung: Bei Empfehlungen für Impfstoffe gegen schnell mutierende Viren sollten auch versorgungsrelevante Aspekte wie Lieferfähigkeit und Logistik stärkere Berücksichtigung finden.

 

Mit vier Impulsen zu einer vorbildlichen Grippeprävention

Der kleine und zahnlose, aber gefährliche Feind „Influenza-Virus“ lässt sich mit einer durchdachten Impfstrategie und wenigen gesundheitspolitisch veränderten Rahmenbedingungen wie ausgeführt in Schach halten. Die Berücksichtigung von vier Impulsen ist dafür notwendig.

Voraussetzung ist der gesundheitspolitische Durchsetzungswille und eine offene Kommunikation der Politik mit der STIKO über pragmatische Wege zu mehr Bevölkerungsschutz. Der Kampf gegen die COVID-19-Pandemie hat gezeigt, was geht, wenn alle an einem Strang ziehen. Es ist höchste Zeit, diese Erfahrungen auch auf den Kampf gegen die Influenza zu übertragen. 

 

[1]  Hohl, Peter: Ein Mittel gegen Einsamkeit…, Verlag Secumedia 1999, ISBN 978-3-922746-61-4

[2] https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/Impfen/Influenza/FAQ_Uebersicht.html

[3] https://www.ifw-kiel.de/de/publikationen/schwere-grippewelle-kann-bis-zu-40-milliarden-euro-kosten-26024/

[4] Jeder Zehnte ist krank – diese Rechnung zeigt die wahren Kosten der Grippewelle vom 30.12.2023, WELT

[5] https://www.who.int/health-topics/vaccines-and-immunization#tab=tab_1; (Letzter Abruf: 05.10.2023)

[6] Vaccines Europe. Adult Vaccination: A Key Component of Healthy Ageing. Vaccines Europe; Brussels, Belgium: 2018.

[7] Projekt: Grippeschutz, Grippereport zur Saison 2022/2023, 12. Juni 2023;  projektgrippeschutz.de

[8] https://www.nali-impfen.de/fileadmin/pdf/NationalerImpfplan.pdf

[9] https://www.aok.de/pp/gg/update/rki-grippewelle-hat-begonnen/ vom 04.01.2024

[10] https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/Impfen/Influenza/FAQ_Uebersicht.html

[11] U.S. Advisory Committee on Immunization Practices (ACIP): “Handbook for Developing Evidence-based Recommendations”

 


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