30.01.2024
Neujahrsempfang von BZÄK und KZBV
Eigentlich verwundert ein wenig, dass so moderne Institutionen wie die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) und Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) ausgerechnet bei den Dinosauriern feiern. Aber Zahnärzte sind immer wieder für eine Überraschung gut. Das Naturkundemuseum in Berlin ist der perfekte Rahmen für den Neujahrsempfang. Denn „Oskar“, wie der große Dinosaurier im Eingangsbereich genannt wird, litt unter Parodontose.
Das meint zumindest BZÄK-Präsident Prof. Dr. Christoph Benz. Zu Zeiten der Dinosaurier hätten Zähne das Leben und vor allem Überleben gesichert. Das Überleben hätte heute nicht mehr die Bedeutung, jedoch die Gesundheit. Das Zauberwort heißt dafür vor allem Prävention – und hier können die Zahnärzte Erfolge vorweisen. Mechanische Leistungen, wie Benz sie nennt, seien zurückgeschraubt worden. 58 Prozent weniger Anteil am GKV-Topf seit 1980. Alle Stresstests der Vergangenheit seien zudem mit Bravour bestanden worden – von HIV bis hin zu Corona – Zahnarzt sei der sicherste Gesundheitsberuf.
Nicht ohne Stolz berichtet Benz, dass in den sogenannten Planungsbereichen der Kassenzahnärztlichen Vereinigungen keine Unterversorgung gemessen sei. Aber die Zukunft mache ihm Sorgen. Weniger Zahnärzte würden sich niederlassen. Und ungewohnt offen berichtet Benz, dass auch die BZÄK daran Schuld habe. Eine Überspezialisierung sei jahrelang befürwortet worden, auch mit Blick auf die Auswahl der Studierenden. Der Trend geht nun zur Tiny-Praxis, wie der Präsident sie liebevoll nennt – mit Wärme für die Patienten und ganzheitlichem Behandlungskonzept.
Und dann kommt Benz auf die Ereignisse in Potsdam zu sprechen. Hochrangige AfD-Politiker, Neonazis und finanzstarke Unternehmer sind danach im November in einem Hotel bei Potsdam zusammengekommen. Ziel ist nach der Recherche von „Correctiv“ die Vertreibung von Millionen von Menschen aus Deutschland. Der Einladende ist ein Zahnarzt, berichtet Benz, und in diesem Augenblick sieht man die Wut in seinem Gesicht. Grund ist, in der ehemaligen Praxis des Mannes in Düsseldorf hätten sechs von elf Mitarbeitern einen Migrationshintergrund. Benz frage sich, wie der Mann das vertreten wolle in dieser Praxis. Und dann sendet der Präsident eine unmissverständliche Botschaft mit Blick auf betroffene Beschäftigten: „Eure Mitarbeit ist wichtig. Ihr seid Teil des Erfolges.“
Kirsten Kappert-Gonther MdB (Grüne), die amtierende Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im Bundestag, gratuliert zu Beginn ihrer Rede, dass es der KZBV gelungen sei, zum ersten Mal seit ihrem Bestehen eine Frau in den Vorstand zu wählen – Dr. Ute Maier. Und dann setzt sie zu einem politischen Bekenntnis an: Unter Demokraten gebe es eine Position, die eint: „Wir wenden uns gegen Faschismus, gegen bizarre Vorstellungen von Deportation, und wir stehen gemeinsam ein für Demokratie.“
Zu finanziellen Kürzungen hinsichtlich der Parodontitisbehandlung sagt sie, dass man eine „gemeinsame Lösung“ finden müsse, um dann noch einmal den politischen Bogen zu schlagen hinsichtlich anstehender Landtagswahlen. „Wählen zu gehen, ist wie Zähne putzen. Wenn man es lässt, wird alles braun. Wir stehen für Zähneputzen und für Demokratie“, betont sie.
Auch der Vorstandsvorsitzende der KZBV, Martin Hendges , sagt klipp und klar: „Wir stehen fest zu Demokratie, Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Toleranz. Diese Werte müssen wir bedingungslos und alle gemeinsam verteidigen.“
Die Prävention liegt Hendges sehr am Herzen. Die KZBV habe Vorschläge gemacht, doch die Parodontitisbehandlung sei dennoch gekürzt worden und habe „damit einen drastischen Einbruch von rund einem Drittel bei den Neubehandlungsfällen verursacht und dann auch noch die damit verbundenen Folgekosten im Gesundheitswesen billigend in Kauf genommen“, kritisiert er.
Gute und zielführende Gespräche wünscht er zum Schluss seiner Rede. Die Gäste haben dies fürwahr genutzt an diesem Abend. Und natürlich hat jeder einen kritischen Blick auf „Otto“ geworfen, der war übrigens Pflanzenfresser.
Fina Geschonneck
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