Wiedereinweisungen von Patienten stellen kein gutes Qualitätsmaß für Krankenhäuser dar



Wiederholte Patienteneinweisungen scheinen weniger mit der eigentlichen Leistung des Krankenhauses selbst als mit den Charakteristika des Kreises, in dem sich das Krankenhaus befindet, zusammen zu hängen. Zu diesen Erkenntnissen kommt eine Studie[1] aus den USA. Daraus lassen sich auch Schlüsse für die Situation in Deutschland ziehen.

Im Idealfall stellt die Entlassung eines Patienten aus dem Krankenhaus den Abschluss seiner stationären Behandlung dar. Die Realität sieht oftmals anders aus: Beinahe jeder fünfte Patient (18 Prozent) wird in Deutschland innerhalb von 30 Tagen wieder ins Krankenhaus eingewiesen[2].

Viele Krankenhäuser streben die Verringerung der Wiedereinweisungsrate für eine bessere Kontrolle der Kosten sowie eine optimierte Patientenversorgung an. Um dieses Ziel zu erreichen, gilt es zunächst die grundlegenden Fragen zu klären, durch welche Faktoren die Variationen in Krankenhauswiedereinweisungsraten begründet werden können und inwiefern denn die Notwendigkeit einer wiederholten Einweisung im Einflussbereich des Krankenhauses liegt.

Die Erkenntnisse der US-amerikanischen Studie können zur Beantwortungen der Fragen beitragen. Der Studie zufolge scheint die Rehospitalisierungsrate eines Krankenhauses weniger mit der Leistung selbst als mit gemeindebezogenen Charakteristika zusammenzuhängen.

Diesbezüglich stellen die Wissenschaftler um Jeph Herrin die Hypothese auf, dass die Wahrscheinlichkeit der Wiederaufnahme in eine Klinik nur zum Teil durch Faktoren, die das Krankenhaus selbst kontrollieren kann, zu erklären sind. Neben den patientenindividuellen Risikofaktoren, wo Alter, Komorbiditäten und medizinische Vorgeschichte – wie in statistischen Modellen üblich – kontrolliert werden, sollen zudem drei Typen gemeindespezifischer Charakteristika für die Wahrscheinlichkeit der Wiederaufnahme mitverantwortlich sein. Darunter fallen Faktoren zur Soziodemographie, zum Zugang zur medizinischen Versorgung und zur Quantität und Qualität der Pflegeheime im Umkreis.

Zur Thesenüberprüfung wurde der Zusammenhang zwischen diesen gemeindebezogenen Charakteristika und der risikoadjustierten Wiedereinweisungsrate innerhalb von 30 Tagen nach Entlassung von mehr als 4.000 Krankenhäusern in mehr als 2.200 US-amerikanischen Counties untersucht. Dabei beziehen sich die Wiedereinweisungen auf Patienten, die mit einem akuten Herzinfarkt, Herzversagen oder einer Pneumonie (Lungenentzündung) zwischen 2007 und 2010 entlassen worden sind.

Bei der statistischen Analyse konnten unterschiedliche Faktoren auf Gemeindeebene identifiziert werden, die dazu beitragen, die Varianz der Wiedereinweisungsrate zu erklären. Dabei zeigt sich: Eine höhere Wiedereinweisungsrate eines Krankenhauses hängt damit zusammen, dass ein höherer Anteil an bisher unverheirateten Anwohnern, an Empfängern von Medicare-Leistungen (dies sind US-amerikanischen-Gesundheitsdienstleistungen für ältere Menschen) sowie an geringfügig Beschäftigten in der Gemeinde anzutreffen sind. In Verbindung mit einer geringeren Wiedereinweisungsrate steht hingegen eine Einstufung der Gemeinde, in der sich das Krankenhaus befindet, also als Ruhestand-Destination[3]. In Bezug auf das Gesundheitssystem ist auch der Anteil von Allgemeinmedizinern zur Einwohnerzahl sowie das Verhältnis dieser Ärztegruppe zu Spezialisten im Zusammenhang mit der Wiedereinweisungsrate zu betrachten. Die Anzahl der Pflegeeinrichtungen als auch die dortige qualitative Betreuung beeinflussen außerdem die Rate der Wiedereinweisung. Darüber hinaus wurden Faktoren auf Krankenhausebene in die Analyse eingeschlossen, im Spezifischen die Trägerschaft, der Status als Lehrkrankenhaus, die Bettenzahl, der sozioökonomische Status der Patienten sowie der Status als Safety-Net-Krankenhaus, der angibt, dass auch Patienten ohne Krankenversicherung oder mit wenig finanziellen Mitteln behandelt werden. Im Ergebnis haben die krankenhausindividuellen Faktoren allerdings nur geringfügig mehr der Varianz der Wiederaufnahmerate erklären können.

Insgesamt kann mehr als die Hälfte (58 Prozent) der Schwankungen, die bei den 30-tägigen stationären Wiederaufnahmeraten zwischen den Krankenhäusern bestehen, der Gemeinde, in dem sich das Krankenhaus innerhalb der USA befindet, zugerechnet werden. Im Umkehrschluss scheint die individuelle Performance des Krankenhauses nur höchstens 42 Prozent der Schwankungen zu erklären.

Das Fazit: Vor diesem Hintergrund erweist sich die Effektivität politischer Maßnahmen, Krankenhäuser mit höher als erwarteten Wiedereinweisungsraten zu sanktionieren, als fraglich. Da krankenhausspezifische im Gegensatz zu gemeindespezifischen Charakteristika nur einen sehr eingeschränkten Erklärungsbeitrag hinsichtlich der Schwankungen zu leisten scheinen, geben die Autoren den Anstoß, dass effektive Maßnahmen weitreichender als nur auf die vorhandenen Krankenhäuser ausgerichtet werden sollten. Für bestmögliche Ergebnisse sind auch die Grundversorgung durch Allgemeinmediziner als auch die vorhandenen Pflegeheime miteinzubeziehen.

 

[1] Herrin, Jeph, St. Andre, Justin, Kenward, Kevin, Joshi, Maulik S., Audet, Anne-Marie J. und Stephen C. Hines (2015): “Community Factors and Hospital Readmissions Rates”, Health Services Research.

[2] Swart, Enno (2005): „Was sagen uns Wiedereinweisungen über die Qualität der stationären Versorgung?“, Das Gesundheitswesen.

[3] Der Datensatz bezieht sich dabei auf die Einstufung gemäß des US-amerikanischen Gesundheitsministeriums (Stand 2010), nach der eine Gemeinde als Ruhestand-Destination gilt, wenn die Anzahl der ab 60-jährigen Anwohner um mindestens 15 Prozent zwischen den Jahren 1990 und 2000 durch Immigration gestiegen ist.

 

Redaktion / Mona Groß


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