Aus dem Reallabor in den Alltag

Drohnen verbessern die Gesundheitsversorgung

Andreas Scheuer MdB, Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur

Der Patient ist in Narkose, die Operation läuft. Ob sie erfolgreich war, wird eine Gewebeprobe zeigen. Sie muss zur Untersuchung vom Krankenhaus in ein Labor gebracht werden, das rund zehn Kilometer entfernt ist. Und das mitten im Berufsverkehr, die Straßen sind voll. Selbst mit Blaulicht kann das dauern. Die Operation und damit die Narkosezeit verlängern sich. Es sei denn, der Transport wird von einer Drohne übernommen. Sie überfliegt ganz einfach den Straßenverkehr und schafft es in deutlich kürzerer Zeit zum Labor. Je schneller die Probe untersucht werden kann, umso kürzer die Operation und umso besser für den Patienten.

Zukunftsmusik? Nein, solche innovativen Vorhaben werden bereits mit Hochdruck vorangetrieben. Etwa in Hamburg, wo das Reallabor-Projekt Medifly im Jahr 2020 den Transport von Gewebeproben per Drohne getestet hat. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur förderte es mit rund 230.000 Euro. Der Pilotbetrieb lief so gut, dass nun intensiv an der zweiten Stufe gearbeitet wird, dem Übergang in den Regelbetrieb des Medifly. Wir unterstützen auch hier mit Fördergeld in Höhe von rund 830.000 Euro.

 

Sechsmonatiger Testlauf für Medifly startet

Als nächster Schritt soll ein sechsmonatiger Testlauf unter Realbedingungen gestartet werden. Außerdem geht es darum, die Menschen über das Projekt und die Chancen des Medifly zu informieren, sie zu sensibilisieren und die Akzeptanz zu steigern. Denn Drohnen können nicht nur Gewebeproben schnell und sicher transportieren, sondern auch Blutkonserven, Medikamente oder Defibrillatoren – etwa in ländlichen Regionen, wo der Weg zum nächsten Arzt oder der nächsten Apotheke mitunter etwas länger sein kann. Das macht deutlich: Drohnen können die Gesundheitsversorgung deutlich verbessern.

Das gilt übrigens auch für Flugtaxis, eine andere Form unbemannter Luftfahrtsysteme. Zum Beispiel bei der Notfallrettung: Wenn derzeit ein Rettungshubschrauber abhebt, ist durchschnittlich in drei Vierteln aller Fälle neben der Besatzung lediglich der Notarzt an Bord; nur bei jedem vierten Einsatz fliegen Patienten mit. Das ist aufwändig und teuer. Als Notarztzubringer können Flugtaxis eine ideale Ergänzung sein. Sie sind flexibel und sparen Geld. Außerdem können sie die Anzahl der Luftrettungsstandorte erhöhen und damit die medizinische Hilfe in ländlichen Regionen verbessern.

Damit all das künftig zu unserem Alltag gehören kann, heißt es aber noch Erproben und Experimentieren, Testen und Untersuchen, Informieren und Diskutieren. Wie das Beispiel Medifly in Hamburg zeigt, funktioniert das am besten in Reallaboren. In diesen Testräumen können Spitzentechnologien im realen Umfeld erlebbar gemacht werden. So lernen wir schon in einem frühen Stadium, wie Innovationen wirken, von den Menschen angenommen werden und wo noch verbessert und optimiert werden muss.

 

Unterstützung von Drohnen-Startups sowie der Forschung

Was den Einsatz von Drohnen betrifft, haben wir im Sommer 2021 ein weiteres Testfeld gestartet: das U-Space-Reallabor in Hamburg. Es ist das deutschlandweit erste dieser Art. Gefördert wird es von uns mit rund 492.000 Euro. Im U-Space-Reallabor testen wir in der Praxis, wie Drohnen und perspektivisch auch Flugtaxis sicher und intelligent in den Luftraum integriert werden können. Das U-Space-Reallabor ist Teil unseres Aktionsplans „Unbemannte Luftfahrtsysteme und innovative Luftfahrtkonzepte“. Darin haben wir Maßnahmen definiert, um Drohnen und Flugtaxis den Weg in die Praxis zu ebnen, hohe Sicherheitsstandards zu etablieren und Deutschland zum Leitmarkt zu machen. Außerdem geht es darum, die Menschen mitzunehmen und Antworten auf ihre Fragen zum Beispiel zum Schutz der Daten, der Privatsphäre und der Umwelt zu geben. Wir gestalten also einen passenden und umfassenden Rahmen: gesellschaftlich, infrastrukturell, umweltbewusst und rechtlich. So haben wir die nationalen Regeln an europäische Vorgaben angepasst und ermöglichen einen leichteren, schnelleren und sichereren Einsatz von Drohnen. Die unbemannte Luftfahrt bekommt dadurch einen echten Innovationsschub.

Genau wie durch unsere Förderprogramme: Bereits seit 2019 unterstützen wir mit dem Programm mFUND Drohnen-Startups und die Forschung. Der Förderaufruf war damals ein großer Erfolg, die Nachfrage enorm. Im Frühjahr 2021 zündeten wir mit der Förderrichtlinie „Innovative Luftmobilität“ die nächste Stufe. Damit stellen wir insgesamt elf Millionen Euro für innovative Anwendungen und Konzepte bereit, die möglichst schnell umgesetzt werden können. Das Interesse war erneut riesig: Fast 100 innovative Projekte bewarben sich um eine Förderung, darunter auch Vorhaben aus dem Gesundheitsbereich. Die Ideenskizzen wurden bereits bewertet. Die erfolgversprechendsten Projekte prüft derzeit der Projektträger.

Fördern, Regulieren, Erproben: Mit diesem Dreiklang stoßen wir in eine neue Dimension der Luftfahrt vor. Und wir sorgen damit auch für eine optimale und sichere Gesundheitsversorgung der Menschen in unserem Land.


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