03.07.2023
Sommerfest der DKG in Clärchens Ballhaus
„Symbolisch gut gemacht“. So beschreibt Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach den Weg zum diesjährigen Sommerempfang der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) in Clärchens Ballhaus, in die Berliner Auguststraße. Dicke Rauchschwaden ziehen da am frühen Abend nur einige Meter vom Ballhaus entfernt in den Himmel, verursacht von einem Kellerbrand in einem unbewohnten Haus. Für Lauterbach eine gut gemachte Inszenierung; für DKG-Vorstandsvorsitzenden Gerald Gaß eine brenzlige Lage, wie die der Krankenhäuser. Die Berliner Feuerwehr ist jedoch schnell vor Ort; gerufen übrigens von Gästen des Sommerempfangs.
In diesem Jahr lädt die DKG in Clärchens Ballhaus, wo regelmäßig getanzt und gelacht wird. Vor wenigen Jahren ist die Eventadresse der DKG noch das noble Hyatt am Potsdamer Platz, erinnert der Bundesgesundheitsminister. Wie Gerald Gaß sagt, habe sich die DKG bewusst für Clärchens, wie es liebevoll von den Berlinern genannt wird, entschieden. Es erinnere ein wenig an die deutschen Krankenhäuser. Man könnte überlegen, ob man investiert: Habe dann noch einmal nachgedacht und entschieden, dass man es doch besser lässt.
Die wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser sei nie so dramatisch, wie in dieser Zeit. Dennoch würde Lauterbach jedoch an diesem Abend nicht selbst bezahlen müssen; die DKG stehe dafür ein, die Gäste hier zu bewirten. Die wiederum lachen herzlich.
DKG-Vorstandsvorsitzender erinnert an SPD-Botschaft: Respekt
Bevor Gaß zu seiner Rund-um-Kritik ausholt, macht er klar: „Die Krankenhäuser stehen zur Reform, und wir unterstützen sie auch.“ Dazu würde auch die Transformation ganzer Standorte gehören; über Fusionen von Krankenhäusern oder den Umbau zu regionalen Gesundheitszentren. Der Weg dorthin sei entscheidend, und dabei gehe es um ein Wort: Respekt. Dies sei die zentrale Botschaft der SPD im Bundestagswahlkampf 2021 gewesen. Respekt – an das eigene politische Handeln, als Maßstab, an dem die Wähler die Politik messen würden. Die DKG respektiere die Entscheidung des Parlaments. Das sei beim Ausstieg aus der Kohle, aus der Kernkraft so, das werde auch beim Umbau der Krankenhausstruktur so sein. Die drei K: Kohle, Kernkraft, Krankenhäuser. Gaß: „Das war es aber auch schon mit den Gemeinsamkeiten.“ Bei Kohle und Kernkraftwerk habe man mit den Mitarbeitern einen respektvollen Transformationsprozess verabredet mit langfristigen Umbaumaßnahmen. Bei den Krankenhäusern laufe das derzeit anders.
Lauterbach spreche von Entökonomisierung. Jedoch sei der ökonomische Druck noch nie so stark gewesen wie in diesen Zeiten, „indem Sie nichts tun“, kritisiert Gaß Richtung Minister. Monatlich müssten die Krankenhäuser 500 Millionen Euro mitbringen, um die Kosten für die Patientenversorgung zu finanzieren.
Das Thema Qualität, wie es derzeit diskutiert werde, sei für Gaß „bedrückend“. Die Krankenhäuser hätten keine Angst vor Transparenz. Sie seien transparenter als alle anderen Bereiche im Gesundheitswesen.
Die Qualitätsberichte der Krankenhäuser würden fast alle Daten enthalten, die Lauterbach gefordert habe: Anzahl der Pflegekräfte, der Ärzte, Art und Anzahl der Operationen. Schwierig nur, dass die Berichte nicht verstanden werden, wirft ein Gast ein.
Die Diskussion über Qualität würden die Krankenhäuser „nicht als respektvoll“ empfinden. Es gebe hier sicher Probleme und Potenziale. „Lassen Sie uns darüber reden, in einem Austausch gehen, diskutieren“, betont Gaß. Es gehe nicht darum, Krankenhäuser und deren Mitarbeiter an den Pranger zu stellen: „Lassen Sie uns diesen Konfrontationskurs beenden“, fügt er hinzu.
Bundesgesundheitsminister will fehlenden Respekt nicht stehenlassen
Und Lauterbach – der ist sichtlich angegriffen hinsichtlich des Vorwurfs eines fehlenden Respekts. Sicher habe man im Koalitionsvertrag finanzielle Zusicherungen im Gesundheitsbereich, speziell der GKV, gemacht. „Es gehört auch zum Respekt zu erwähnen, dass man damals nicht mit dem verbrecherischen und verhängnisvollen Angriffskrieg von Putin gegen die Ukraine gerechnet hat.“ Das Gebot des Respekts verdiene es, „den Umstand wenigstens mit einer Silbe zu erwähnen“. In jedem Ressort müssten schmerzhaft Einschnitte vorgenommen worden. Im BMG sei das nicht so, „weil ich den Beitragssatz erhöhe.“ Ein Defizit von 17 Milliarden Euro habe er geerbt: „Das muss hinsichtlich des Respekts auch erwähnt werden.“
Kohle, Kernkraft, Krankenhaus assoziiere, dass die Regierung den Ausstieg aus der Krankenhausversorgung plane. Das sei absurd, erregt sich der Minister. Wenn die Reform nicht gemacht werde, komme der kalte Strukturwandel.
Die Qualität transparent darzustellen, sei eine Pflicht. Bedrückend seien die Fehlbehandlungen von Patienten, weil unter anderem Mitarbeiter nicht mehr da seien. „Für deren Qualität bin ich auch zuständig.“
Dann beruhigt sich Lauterbach, wie er sagt. Er sei schon wieder in guter Laune. Für den Minister sei es beachtlich, dass die DKG die Krankenhausreform richtig findet. „Dafür möchte ich mich bedanken.“ Man habe in den vergangenen Wochen „die Klingen gekreuzt“, aber auch „abgerüstet, ohne dass die Gespräche öffentlich wurden.“ Gegenseitiger Respekt sei vorhanden.
Am 10. Juli würden die Eckpunkte stehen, davon ist Lauterbach überzeugt. Er glaube nicht, dass man sich bei der GMK am 6. Juli einigen werde. Dafür gebe noch zu viele offene Punkte. Mit dem Gesetzentwurf beginne „ihre Zeit, wo die Umsetzung besprochen wird“, sagt er dann Richtung DKG.
Die Gäste nehmen es zur Kenntnis und machen sich anschließend vom Ballhaus ihr eigenes Bild. Oben der Spiegelsaal, unten der Ballsaal – eine Augenweide mit dem Charme des Vergangenen, einer versteckten Dachterrasse, Vorgarten und begrüntem Hinterhof. Noch bis weit in die Nacht wird geplaudert, gelacht und diskutiert bei kalten Getränken und zahlreichen Speisen.
Die Berliner Feuerwehr hat da den Brand schon längst gelöscht; nichts erinnert mehr daran.
Fina Geschonneck
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