Pflege im Krankenhaus durch moderne Instrumente entlasten statt weitere Dokumentationspflichten einführen

Erwin Rüddel MdB, Mitglied im Gesundheitsausschuss, Berichterstatter der CDU/CSU-Fraktion für Digitalisierung im Gesundheitssystem

Das Ziel des Krankenhauspflegeentlastungsgesetzes (KHPflEG), für eine angemessene Personalausstattung im Krankenhaus zu sorgen und damit das Pflegepersonal zu entlasten und die Patientenversorgung zu verbessern, wird leider mit dem vorliegenden Gesetzentwurf verfehlt.

Die geplante Einführung einer digitalen Personalbemessung wird auf Ende 2025 verschoben, und als Übergangslösung ist eine Personalbemessung geplant, die an PPR 2.0 angelehnt ist. Der Vergabeprozess für eine Personalbemessung nach §137k SGB V hätte bereits starten können, wenn das Einvernehmen durch das BMG vorliegen würde. Diese Personalbemessung soll auf der Grundlage von Pflegediagnosen und Pflegeleistungen beruhen und durch die digitale Ermittlung ohne zusätzliche Dokumentation auskommen.

 

Keinerlei Entlastung für Krankenhäuser und Pflegekräfte

Bis dahin soll nun mit dem § 137l SGB V nach nur dreimonatiger Erprobungsfrist ein Übergangsinstrument eingeführt werden, das den Pflegebedarf nach dem Konzept des PPR 2.0 bzw. Kinder-PPR 2.0 misst. Es fehlt nicht nur ein wissenschaftlicher Nachweis, dass dieses Instrument den tatsächlichen Pflegebedarf sauber messen kann, es bietet auch keinerlei Entlastung für die Krankenhäuser bzw. die Pflegekräfte, sondern vielmehr werden die im Gesetz vorgesehenen Dokumentations- und Nachweispflichten zu einem noch höheren Bürokratieaufwand führen, da die Patienten täglich in Pflegekategorien der allgemeinen und speziellen Pflege eingestuft werden müssen. Das heißt, Pflegepersonal, das dringend in der Patientenversorgung benötigt wird, muss zukünftig mehr Zeit in die Dokumentation investieren. Zudem ist eine solche Einstufung nicht klar standardisiert, sondern bietet vielmehr Interpretationsspielraum. Hinzu kommt noch der hohe Schulungsaufwand für die Einführung, was insbesondere für eine Übergangslösung für eine unangemessen hohe Belastung sorgt. Die geplante Ausnahmeregelung für Kliniken mit Individualvereinbarungen halte ich außerdem für nicht sinnvoll.

Zudem wird die Schwäche der PPR 2.0 fortgeführt, nur die Anzahl der eingesetzten Pflegekräfte zu zählen und diese nicht anhand ihrer Qualifikation zu unterscheiden. Eine zeitgemäße Personalbemessung müsste vielmehr den Skill-Grade-Mix berücksichtigen. Im internationalen Vergleich sehen wir, dass die Versorgung besser wird, wenn Teams entsprechend ihrer jeweiligen Fähigkeiten und Kompetenzen zusammengesetzt werden. Grundsätzlich würde ich mir für unsere Krankenhäuser mehr Flexibilität wünschen, damit vor Ort passende Lösungen gefunden werden könnten, wie und wo die knappe Ressource Personal eingesetzt werden kann. Ich bin davon überzeugt, dass dieses Instrument in der Praxis für Enttäuschung sorgen wird.

 

Schlechte Abrechnungsqualität nicht belohnen

Neben dem Ziel, die Personalsituation in der Krankenhauspflege zu verbessern, adressiert der Gesetzentwurf auch zahlreiche andere Themen. Einige davon möchte ich aufgreifen: Im MDK-Reformgesetz wurde geregelt, dass die Abrechnungsqualität eines Krankenhauses den Umfang der zulässigen Prüfungen durch die Krankenkassen bestimmt. Dass nun mit dem vorliegenden Gesetzentwurf geplant ist, selbst bei einer schlechten Abrechnungsqualität rückwirkend weitergehende Prüfungen für die Jahre 2020 und 2021 auszuschließen, halte ich trotz der Pandemie für einen Fehler. Es werden nicht nur Krankenhäuser mit schlechter Abrechnungsqualität belohnt, sondern es entsteht auch noch ein hoher Aufwand für die Rückabwicklung bereits abgeschlossener Prüffälle.

 

Digitalisierung stärken

Im Bereich der Digitalisierung soll sichergestellt werden, dass Leistungserbringer IT-Systeme und Komponenten unterschiedlicher Anbieter miteinander kombinieren können, ohne dass dafür zusätzliche Kosten anfallen.  Das Ziel halte ich für sinnvoll, da dadurch die Interoperabilität gesteigert würde und die Leistungserbringer mehr Flexibilität im Digitalisierungsprozess bekämen. Hier sind meiner Meinung nach allerdings noch weitere Konkretisierungen nötig. Ob die Möglichkeit für die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Rahmenvereinbarungen mit Anbietern und Herstellern zu schließen, hier zielführend ist wird sich zeigen.

Aufgrund des Verbots des Video-Ident-Verfahrens durch die Gematik, mit dem die Versicherten bisher ihre Identität feststellen lassen konnten, beispielsweise für die Nutzer der elektronischen Patientenakte, soll die Identifizierung zukünftig durch die Apotheken stattfinden. Statt auf bestehende Verfahren, wie beispielsweise das Post-Ident-Verfahren zurückzugreifen, wird wieder einmal eine teure Doppelstruktur geschaffen. Durch Schulungsaufwand, Personalausweis-Lesegeräte und neu einzurichtenden Schnittstellen zwischen Apotheken und Krankenkassen entstehen Kosten die deutlich darüber hinaus gehen, was die Nutzung des Post-Ident-Verfahrens kosten würde. Darüber hinaus ist das geplante Verfahren deutlich weniger niedrigschwellig und nutzerfreundlich und stellt damit keine Alternative zu einem Online-gestützten Verfahren dar.


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