Frühlingsfest des vdek mit klarer Ansage und wieder einer Überraschung

Eine gut gelaunte Ulrike Elsner, Vorstandsvorsitzende des vdek, bei ihrer Begrüßungsrede
Selbstverwaltung ernst nehmen fordert vdek-Verbandsvorsitzender Uwe Klemens.
Aufmerksame Zuhörer beim vdek-Frühlingsfest
Simone Borchardt MdB (CDU) setzt erste Akzente als neue gesundheitspolitische Sprecherin ihrer Fraktion.
Erster öffentlicher Auftritt auf der bundesgesundheitspolitischen Bühne für die brandenburgische Gesundheitsministerin Britta Müller (M.) beim vdek-Frühlingsfest mit Ulrike Elsner (r.) und Rebecca Zeljar (beide vdek)
Zwei Institutsleiter, die den G-BA beraten: Claus-Dieter Heidecke (IQTIG) (l.) und Thomas Kaiser (IQWiG)
Henning Horst (PHV) mit Ute Leonhardt (vdek)
Simone Borchardt MdB (CDU) mit Uwe Klemens (vdek) und Jens Baas (TK) (v.l.n.r.)
Johannes Backus (Bundeswehr), Jens Baas (TK), BMG-Staatssekretär Tino Sorge, Sandra Barnert (TK) (v.l.n.r.)
BMG-Staatssekretär Tino Sorge (r.) erklärt Gerald Gaß (l.) und Florian Reuter (PKV) (2.v.l.) sicher, wo es gesundheitspolitisch lang geht.
Fröhliche Damen mit Bernadette Klapper (DBfK), Carola Engler (MD Bund), Johanna Sell (BMG), Antje Kapinsky (vdek) (v.l.n.r.)
Großer Erklärer Janosch Dahmen MdB (Grüne) (l.) mit Dominik von Stillfried (Zi)
BMG-Staatssekretär Tino Sorge (2.v.r.) mit Matthias Heinicke, Ulrike Böker (beide bvvp) und Andrea Benecke (BPtK) (v.l.n.r.)
Gut gelaunt auf der vdek-Terrasse sind Kerstin Macherey (MD Bund), Thomas Beyer (GKV-SV), Alexandra Gutwein (BBMV), Martin Roth (GKV-SV), Sibylle Stauch-Eckmann (BBMV) (vl.n.r.)
Ab Juli ist er Vorstandsvorsitzender des GKV-SV: Oliver Blatt (vdek) (r.) mit Peter Neuhaus (vdek)
Vorstandstreffen: Martin Hendges (KZBV), Doris Pfeiffer (GKV-SV), Karl-Georg-Pochhammer (KZBV), Andreas Gassen (KBV) (v.l.n.r.)
Stephan Hofmeister (KBV)(l.) erklärt, und Stefanie Stoff-Ahnis (GKV-SV) (l.) sowie Gerald Gaß (DKG) (M.) hören zu.
Gundula Roßbach (DRV) (l.) mit Ulrike Elsner (vdek)
Und noch lächeln sie gemeinsam: Ute Maier, Martin Hendges (beide KZBV), Simone Borchard MdB (CDU), Janosch Dahmen MdB (Grüne), Ulrike Elsner (vdek), Thomas Ballast (TK) (v.l.n.r.)
Antje Kapinsky (vdek), Stefanie Stoff-Ahnis (GKV-SV), Anne-Kathrin Klemm (BKK DV) (v.l.nr.)


Das Frühlingsfest des Verbandes der Ersatzkassen (vdek) gilt längst als Bühne für gesundheitspolitische Ansagen – direkt, ungefiltert, manchmal unbequem. Überraschungen inklusive.

2019 kündigte Jens Spahn als damaliger Bundesgesundheitsminister einen grundlegenden Umbau der Kassenlandschaft an. 2024 teilte GMK-Vorsitzende Prof. Dr. Kerstin von der Decken kräftig gegen Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach aus – zumindest rhetorisch, denn der ließ sich nicht blicken. In diesem Jahr sorgte eine bekannte Stimme in neuer Rolle für frischen Wind: Simone Borchardt, neu ernannte gesundheitspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

Borchardt wollte die Berliner Bühne eigentlich verlassen – als Kandidatin für das Amt der Landrätin im Landkreis Ludwigslust-Parchim. Doch bei der Wahl am 11. Mai 2025 reichte es nur für Platz drei. Und so bleibt sie Bundestagsabgeordnete – über die Landesliste, mit neuer Rolle, Aufgabe und konkreten Ambitionen.

Borchardts Rede ist eine Mischung aus Rückblick, Frust und Forderung: „Mit uns kann und wird es ein ‚Weiter so‘ nicht geben.“ Die GKV und die soziale Pflegeversicherung seien an einem Punkt angekommen, an dem man ehrlich auf die verfügbaren personellen und finanziellen Ressourcen schauen müsse. Besonders am Herzen liege ihr die sektorenübergreifende Versorgung – ein Thema, das sie schon vor zehn Jahren bei der BARMER zu Papier gebracht habe. „Und heute? Wir sind keinen Schritt weiter.“ Ihr Vorwurf: Das System sei ein Flickenteppich. „Jeder macht, was er will, mit wem er will, und so oft er will – aber niemand steuert das Ganze.“ Patienten würden beim Krankenhauswechsel als völlig neue Fälle behandelt, Behandlungen würden von vorn beginnen. Das im Koalitionsvertrag angekündigte Primärarztsystem sei richtig. „Wir brauchen jemand, der steuert.“ Die Frage sei, ob man es nicht Primärversorgungssystem nenne, wie sie kürzlich gehört habe. „Finde ich auch nicht schlecht, die Idee“, sagt sie.

Bei einigen ihrer Vorschläge schauen die Gäste allerdings etwas irritiert: etwa als Borchardt die Kassen aufforderte, dass „wirklich alle“ Daten in eine Cloud fließen sollten. Die Daten seien doch da. So könne ein Arzt bei einem Unfall auch erkennen, was in der Kindheit des Patienten schon medizinisch auffällig war. „War da nicht was im Gesundheitsdatennutzungsgesetz?“, flüstert jemand im Publikum. Das sei doch erst im März 2024 verabschiedet worden.

Ein weiteres wichtiges Thema für sie: Prävention. Die Krankenkassen würden zwar viel leisten, aber Rückenschulkurse allein reichten nicht. „Wir müssen Prävention dort einsetzen, wo sie wirklich wirkt – in den Kommunen, bei Kindern, im Alltag.“ Ziel: gesund aufwachsen, gesund leben, gesund altern. Und am Ende spare das Geld – zum Beispiel in der Pflege. Einige Zuhörer fühlten sich an das heftig kritisierte „Gesundes-Herz-Gesetz“ von Ex-Minister Karl Lauterbach erinnert, das unter anderem einen Leistungsanspruch bei Fettstoffwechselerkrankungen regeln soll. Bei der Diskussion über den Gesetzentwurf saß Borchardt doch mit am Tisch, wenn auch nur in der Opposition.

Borchardt denkt inzwischen weiter: Das Gesundheitssystem müsse vom Kopf auf die Füße gestellt werden. Weg vom Reparaturbetrieb, hin zur echten Vorsorge – mit klügerer Nutzung vorhandener Daten und Ressourcen. „Wir müssen neu denken – und das mit begrenzten Mitteln.“

vdek-Verbandsvorsitzender Uwe Klemens bringt es auf den Punkt: Die Lage ist ernst – insbesondere in der Pflege. „Ich kenne kaum jemanden, der nicht einen Pflegefall in der Familie hat.“ Die Politik müsse endlich Lösungen finden, und zwar gemeinsam mit der Selbstverwaltung. Denn die kenne die Praxis, die Bedürfnisse von Arbeitgebern und Versicherten – und haben die Kompetenz, um gute Ideen zu liefern. „Wenn man uns lässt“, betont Klemens. Das soziale Sicherheitsversprechen sei ein Garant für gesellschaftlichen Zusammenhalt – und dürfe nicht zur leeren Worthülse werden.

Auch vdek-Vorstandsvorsitzende Ulrike Elsner blickt nach vorn. Die Phase der Neuorientierung sei vorbei. Jetzt müsse gehandelt werden. Denn: „Unsere sozialen Sicherungssysteme sind der Kitt der Gesellschaft.“ Gute Versorgung und bezahlbare Beiträge – beides müsse gesichert werden, damit das Vertrauen in das System nicht verloren gehe. Ein positives Signal sieht sie im Vorstoß der neuen Gesundheitsministerin Nina Warken, die sich zügig für ein Vorziehen eines Teils des Bundeszuschusses eingesetzt habe – rund 800 Millionen Euro stehen im Raum. „Wir brauchen ein Gesetz zur Stabilisierung der Finanzen“, betont Elsner

Die vdek-Vorstandsvorsitzende macht auch deutlich: Versicherungsfremde Leistungen müssten endlich gegenfinanziert werden. „Das ist auch eine Frage des Respekts gegenüber denen, die Beiträge zahlen – Versicherten wie Arbeitgebern.“ Neue Ausgaben dürften nur dann beschlossen werden, wenn die Einnahmen gesichert seien. Das gebiete auch der § 71 SGB V, der die Beitragssatzstabilität festschreibt.

Viele Themen, viele neue Gesichter – die gesundheitspolitische Landschaft ist in Bewegung. Mehr als 300 Gäste nutzen das Frühlingsfest beim vdek zum Austausch, zur Begegnung und zum Netzwerken. Und das bei exzellentem Essen – der Ton ist gesetzt, die Aufgaben auch.

 

Fina Geschonneck 


Observer Gesundheit Copyright
Alle Szenebeiträge ansehen