14.10.2024
Ein neues Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit – die Kritik bleibt
Prof. Dr. Hajo Zeeb, Deutsche Gesellschaft für Public Health (DGPH) e.V.
Ein straffer Zeitplan sieht bis zum Ende des Jahres die Errichtung des neuen Bundesinstituts für Öffentliche Gesundheit vor, dass zum Jahresbeginn 2025 seine Arbeit aufnehmen soll. An den mittlerweile bekannten Plänen, die in einem Gesetz zur Stärkung der öffentlichen Gesundheit niedergelegt sind, hat sich an vielen Stellen Kritik entzündet, die sicher auch in der Anhörung des Gesundheitsausschusses in dieser Woche zur Sprache kommen.
Dabei gibt es eine einhellige Unterstützung des grundsätzlichen Ziels, öffentliche Gesundheit in Deutschland zu stärken, denn insbesondere in der Gesundheitsförderung und Prävention sowie der Koordination der vielen Akteure gibt es großen Handlungsbedarf.
Aufspaltung der Zuständigkeiten hinderlich
Drei Kritikpunkte am neuen Gesetz werden von vielen Fachgesellschaften und Akteuren im Bereich Public Health besonders hervorgehoben:
1. Die Trennung der Zuständigkeiten für übertragbare und nicht übertragbare Erkrankungen. Die ersteren sollen am Robert Koch-Institut verbleiben, für nicht übertragbare Erkrankungen soll das neue Institut verantwortlich sein. Warum gerade nach den eindrücklichen Erfahrungen der Corona Pandemie diese Trennung als sinnvoll erachtet wird, bleibt unerklärlich. Die Bedeutung nicht übertragbarer Vorerkrankungen, psychische Folgeerkrankungen und soziale sowie wirtschaftliche Auswirkungen der Infektionskrankheit COVID-19 sprechen eindeutig gegen diese Fragmentierung.
Mit dieser Aufspaltung ist auch die Ausgliederung der für epidemiologisches Monitoring und Gesundheitsberichterstattung zuständigen Abteilung 2 des Robert Koch-Instituts in das neue Institut verbunden, deren Beirat sich ebenfalls äußerst kritisch zu diesen Planungen geäußert hat– und das auch, weil die wissenschaftliche Unabhängigkeit dieser Arbeiten im neuen Institut nicht auf gleiche Weise gesichert scheint wie bisher. Ob zudem das Zentrum für Künstliche Intelligenz in der Public Health Forschung am Standort Wildau im neuen Bundesinstitut besser aufgehoben ist als am RKI, wo es alle benötigten Datenzugänge und IT-Infrastruktur hat, steht ebenfalls als Frage im Raum.
Änderung des Namens ist wünschenswert
2. Von vielen Seiten gibt es Kritik am geplanten Namen des Instituts. Ein „Bundesinstitut für Prävention und Aufklärung in der Medizin“ erscheint eben in der Medizin und nicht in der Breite der Gesellschaft verortet, und das Konzept der oft unidirektionalen Aufklärung der Bevölkerung ist auch schon eher staubig. Interessanterweise findet sich der Begriff Medizin ansonsten außer im Institutsnamen so gut wie überhaupt nicht im Gesetzestext, ganz anders als die Öffentliche Gesundheit. Bei der Namensgebung scheint es immerhin noch eine gewisse Bereitschaft zur Änderung zu geben, das wäre dem neuen Institut zu wünschen.
3. Dem fehlenden „Health in all policies“ Ansatz, also dem Verständnis von und Agieren für Gesundheit als Querschnittsaufgabe aller Politikfelder, wird im aktuellen Gesetzentwurf zwar in der Problemstellung Rechnung getragen: Allerdings ist nicht offensichtlich, welche neuen Wege hierfür mit dem neuen Institut eingeschlagen werden sollen, denn eine Strategie fehlt. Betont wird die freiwillige sektorenübergreifende Kooperation, die wir allerdings bisher auch schon hatten, ohne dass große Fortschritte zu verzeichnen waren. Die großen Public Health Fragen rund um Themen wie den demografischen Wandel und den Klimawandel, gesundheitliche Ungleichheit und Schaffung gesundheitsförderlicher Lebenswelten brauchen exzellente Zusammenarbeit, gern mit einem starken Bundesinstitut als Zugpferd. Das Gesetz bleibt im vorhandenen Entwurf jedoch hinter vielen Erwartungen zurück und gefährdet das erfolgreich am RKI etablierte Gesundheitsmonitoring für Deutschland.
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