10.10.2024
20 Jahre IQWiG – gefeiert wird in der baden-württembergischen Landesvertretung
















Wer hätte gedacht, dass das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) nach 20 Jahren so bedeutsam ist. Von der Pharmaindustrie anfangs als Gegner wahrgenommen und „unter Dauerfeuer“, wie eine Zeitung 2004 schreibt, ist das Institut heute bei der Bewertung von Nutzen und Schaden mit Blick auf die Versorgung der Patienten nicht mehr wegzudenken. Das wird gefeiert in der baden-württembergischen Landesvertretung in Berlin.
Pünktlich zum Jubiläum hat federführend das Kommunikationsteam des Institutes eine zwar umfangreiche, aber sehenswerte digitale Zeitreise erstellt mit Höhen und Tiefen des IQWiG. Das Gesundheitsmodernisierungsgesetz (GMG) im Jahr 2004 legt den Grundstein für die Etablierung des IQWiG mit dem Ziel, eine evidenzbasierte Entscheidungsfindung im Gesundheitswesen zu fördern. Die Aufträge kommen hauptsächlich vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA), aber auch vom BMG. Im Dezember 2004 erteilt der G-BA dem Institut einen Generalauftrag: In eigener Regie können relevante Themen für die Gesundheitsversorgung ermittelt und wissenschaftlich bearbeitet werden. Für den damaligen IQWiG-Leiter Peter T. Sawicki ein wichtiger Schritt für die wissenschaftliche Unabhängigkeit und Kompetenz des Institutes. Der erste Auftrag: eine Analyse zum Patientennutzen der Statine.
Im Februar 2006 startet das IQWiG mit seiner Website www.gesundheitsinformation.de – veranlasst vom BMG. Knapp sechs Millionen Besucher nutzen das deutsche und englische Angebot. Aufträge zu Mindestmengen, unzähligen Arzneimitteln, Behandlungen wie der systemischen Therapie bei Erwachsenen und Kinder, zur Erstellung von Patienteninformationen, aber auch die Gründung des Netzwerkes EUnetHTA mit Blick auf europäische Nutzenbewertung, das jährliche Herbstsymposium für Wissenschaft und Gesundheitspolitik und die Veranstaltungsreihe „IQWiG im Dialog“ – die Arbeit des Institutes könnte nicht umfangreicher sein. Während das IQWiG mit elf Mitarbeitern begonnen hat, sind es heute rund 300.
Und immer weht dem IQWiG kräftig Wind entgegen. Als Prof. Dr. Jürgen Windeler 2010 als neuer Institutsleiter beginnt, titelt der „Spiegel“: „Neuer Pharmaprüfer will sich als Kostenkiller profilieren“, die „Süddeutsche Zeitung“ beschreibt ihn als „Kämpfer für wissenschaftlich fundierte Heilkunde.“ Und im „Ärzteblatt“ stellt er klar: „Mit Ideologien habe ich nichts am Hut.“ Er sei sehr an der Sache orientiert. Das IQWiG profitiert, wird immer wichtiger.
Seit 18 Monaten hat Dr. Thomas Kaiser das Zepter in der Hand. Berlin als Ort dieses Jubiläums-Events ist von Kaiser akzeptiert. Er verweist auf die aktuelle Lichtinstallation am Brandenburger Tor. „20 Jahre Festival of Lights. Licht ins Dunkeln bringen – das ist die Arbeit des IQWiG.“
Die Erstellung von Gutachten sei die wesentliche Aufgabe des Institutes. Für manche seien sie überraschend, aber auch erwartbar. Manchmal seien die Gutachten jedoch unerwünscht; vor allem sei dies in der der Anfangsphase des Institutes gewesen. Unter Leitung von Jürgen Windeler sei eine Kehrtwende eingetreten. Ein „deutlich konstruktiver Dialog“ habe sich entwickelt, sagt Kaiser. Für ihn ist das IQWiG eine kreative und engagierte Institution.
Kaiser macht klar, er werde nicht auf den Zug springen, dass evidenzbasierte Medizin besonders wichtig sei. Vielmehr sei es für ihn immer entscheidend, „was man weiß oder nicht weiß“. Wichtige Rahmen- und Randbedingungen würden zu bestimmten Beschlüssen führen. Kaiser betont es noch einmal: „Die IQWiG-Aufgabe ist, die Gutachten so zu erstellen, dass man offen sagt, was man weiß und was man nicht weiß.“ Sein künftiges Ziel ist, dass noch besser beschrieben werde, „was wir machen und wie wir es machen.“
Zum Schluss seiner Rede berichtet Kaiser vom Umzug des Institutes: vom Köln-Turm (linksrheinisch) zum Gelände des alten Deutzer Hafens (rechtsrheinisch). Man sei sich des neuen Heimathafens bewusst. Und passend formuliert er seine Wünsche: allzeit guten Wind. „Beim falschen Kurs entern Sie uns nicht. Schießen sie nicht mit Kanonen an uns, greifen sie zum Funkgerät, und dann bekommen wir das hin“, so sein Appell.
Eigentlich sollte der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Stefan Schwartze, dann reden. Doch der ist krank, erfahren die Gäste von Theresa Berhorn, Ärztin und Referentin im Team des Patientenbeauftragten. Berhorn und auch Schwartze, wie sie sagt, gratulieren dem IQWiG herzlich und freuen sich unter anderem sehr über gesundheitsinformation.de. Die Website biete neutrale, wissenschaftliche Informationen. Das Vertrauen in das Gesundheitswesen werde mit der Arbeit des Institutes verstärkt, die objektive Basis dafür geschaffen.
Prof. Dr. Jörg Meerpohl, wissenschaftlicher Vorstand von Cochrane, schätzt die methodische Exzellenz des IQWiG, die national und international große Beachtung findet. Meerpohl wünscht sich eine engere Zusammenarbeit hinsichtlich Fortbildung von Fachkräften, bei der sich die „wissenschaftliche Expertise“ beider Organisationen vereint. Verlässliche Informationen zur Verfügung stellen in Zeiten von Fake News seien wichtiger denn je. Der Wissenschaftler schlägt vor, auch YouTube, Instagram oder Tik tok zu nutzen, um Evidenz zu veröffentlichen.
Viel Lob für das IQWiG, das an diesem Abend weiter die Runde macht. Und es ist ein Wiedersehen mit alten Weggefährten, zahlreichen Mitarbeitern, Akteuren aus Politik und Kassenverbänden. Dies wird gefeiert – Observer Gesundheit schließt sich an: herzlichen Glückwunsch IQWiG.
Fina Geschonneck
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