Zwei Standortminister beim BPI

Der erste Minister bei der BPI-Veranstaltung: Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck begrüßt von Oliver Kirst (l.) und Kai Joachimsen (beide BPI).
Der zweite Minister beim BPI: Oliver Kirst (l.) und Kai Joachimsen (beide BPI) mit Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach
BPI-Vorsitzender Oliver Kirst begrüßt die Gäste im Französischen Dom in Berlin.
Aufmerksame Zuhörer
Lobt die Pharmaindustrie: Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck reagiert auf Standing Ovations nach seinem Auftritt.
Für Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach ist die Pharmaindustrie besonders gut aufgestellt.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach mit Gabriele-Regina Overwiening (ABDA)
Journalist Christoph von Marschall berichtet über Amerika.
Blick auf die BPI-Veranstaltung


Dass zwei Bundesminister bei einer Abendveranstaltung eines Lobbyverbandes reden – das ist schon eine Besonderheit. Dem Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) ist es bei seinem Event am Vorabend seiner Hauptversammlung gelungen. Vizekanzler und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck eröffnet den Reigen im Französischen Dom am Berliner Gendarmenmarkt. Dann kommt Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach; verspätet. Und beide Politiker sind voll des Lobes für die pharmazeutische Industrie.

„Wir brauchen Sie; Deutschland, die Gesellschaft, die Menschen“, sagt Grünen-Politiker Habeck. Die Apotheke der Welt im Sinne der Produktion von Medikamenten sei Deutschland nicht mehr, aber in diesem Jahr sei die Pharmaindustrie „allemal“ stark. „Anders als viele Branchen sind Sie nicht die ersten, die nach Geld rufen“, betont der Wirtschaftsminister. Vielmehr würden veränderte Rahmenbedingungen verlangt – „eine bescheidene Forderung“. Habeck erzählt von seiner gerade beendeten Pharmareise durch Deutschland. Die Branche leide an strukturellen Problemen, wie andere Branchen auch; Stichwort sei der Fachkräftemangel. Er habe jedoch den Aufbruch gespürt. Der positive Geist habe ihn begeistert, die Innovationsstärke. Das Ja stehe im Vordergrund, nicht das Nein.

Und immer wieder hält Habeck nach dem Bundesgesundheitsminister während seiner Rede Ausschau. „Ich soll so lange reden, bis er kommt“, plaudert er und erheitert die rund 300 Gäste. Doch der ist nicht zu sehen. Und so mischt sich Habeck in die Gesundheitspolitik ein und nimmt sich Kostensenkung und Deckelung vor. Ein dauerhaftes Einfrieren sei nicht die Lösung. „Der Deckel muss atmen“, so Habeck. Forschung und Innovation dürften nicht weiter eingeschnürt werden. Lob gibt es für das Medizinforschungsgesetz – ein Versuch, die derzeitigen Herausforderungen zu lösen. Netzwerkstrukturen seien wichtig, die Menschen, die interagieren und voneinander lernen. „Ihre Arbeit trägt dazu bei, dass das Land ein gesundes ist“, sagt Habeck in den Raum. Der Bundesgesundheitsminister ist nach halbstündiger Rede von Habeck und der Beantwortung einiger Publikumsfragen immer noch nicht aufgetaucht. „Ich habe keine Ahnung, was mit Karl Lauterbach ist“ und geht.

Doch gegen 20 Uhr schneit Lauterbach rein. Und in seiner Rede betont der SPD-Politiker die große Bedeutung des Gesundheitswesens: Acht Millionen Menschen arbeiten hier, der Etat rund 500 Milliarden Euro, 50 Milliarden Euro mehr als der des Bundeshaushaltes.

Noch vor wenigen Tagen hat sich Lauterbach in einem Podcast selbst als Sparminister bezeichnet. Davon will er an diesem Abend nichts wissen. „Schauen wir auf das Gesundheitssystem nicht als Kostenfaktor“, sagt er. Die Pharmaindustrie sei in Deutschland „besonders gut aufgestellt, ein wichtiger Bestandteilt des Aufbruchs“. Dann spricht er von seinen zahlreichen Gesetzen: Medizinforschungsgesetz, Digitalgesetze, Gesundheits-Digitalagentur-Gesetz. Eine ganz neue Ära beginne. „KI-Firmen werden wir systematisch unterstützen“, kündigt er an. Durch die zahlreichen Entwicklungen in der Grundlagenforschung, von neuen therapeutischen Verfahren werde ein goldenes Zeitalter der pharmazeutischen Forschung eingeleitet. Krankheiten könnten noch erfolgreicher behandelt und gelindert werden. „Ich bin von einer Studienlesesucht befallen“, berichtet er. Immer schneller müsse er lesen und komprimieren. Zum Schluss wird er von BIP-Hauptgeschäftsführer Kai Joachimsen gefragt, ob das Amt des Bundesgesundheitsministers das schönste nach dem des Papstes sei. Lauterbach: „Kommt darauf für wen? Für mich auf jeden Fall.“

BPI-Vorsitzender Oliver Kirst ist über die Redner sichtlich erfreut. Der BPI sei die starke Stimme der pharmazeutischen Industrie, macht er klar. Gesundheit sei die Voraussetzung für Wohlstand, Wachstum und Innovationen – darauf müsse man sich wieder besinnen. Der Ruf nach mehr Wertschätzung für die pharmazeutische Industrie ist an diesem Abend erhört worden – mit dem Erscheinen von zwei Bundesministern, einer davon sogar Vizekanzler. Und die sich beide dem Pharmastandort Deutschland verpflichtet fühlen.

Christoph von Marschall, langjähriger USA-Korrespondent, vom Berliner „Tagesspiegel“ wirft zum Schluss noch einen kritischen und ausführlichen Blick auf den amerikanischen Wahlkampf.

 

Fina Geschonneck


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