Zur Zukunft des Innovationsfonds

Johann-Magnus von Stackelberg, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des GKV-Spitzenverbandes

Nach drei Jahren und fast 300 geförderten Projekten zu neuen Versorgungsformen und Versorgungsforschung hat der Innovationsfonds aus Sicht des GKV-Spitzenverbandes wichtige Impulse zur Stärkung der Innovations- und insbesondere Evaluationskultur im deutschen Gesundheitswesen gesetzt. Die hohe Beteiligung der gesetzlichen Krankenkassen verdeutlicht dies. Im Bereich der neuen Versorgungsformen wirken an nahezu allen geförderten Projekten Krankenkassen entscheidend mit.

Im Rahmen der geförderten Projekte sind Kooperationen verschiedenster Akteure des Gesundheitswesens entstanden, vor allem die Sozialleisungsträger übergreifenden Projekte sind hier hervorzuheben. Auch im Bereich der Versorgungsforschung wurden relevante Projekte gefördert, die Umsetzungsdefizite und Ineffizienzen in der bestehenden Versorgung analysieren und Erkenntnisse zur Weiterentwicklung liefern können.

 

Innovationsfonds fortführen

Der GKV-Spitzenverband begrüßt deshalb grundsätzlich die Intention der Großen Koalition, den Innovationsfonds über das Jahr 2019 hinaus fortzuführen. Bevor über eine langfristige Fortsetzung des Fonds entschieden werden kann, sind die im Jahr 2021 vorliegenden finalen Ergebnisse der gesetzlichen Evaluation des Innovationsfonds abzuwarten. Denn erst nach Auswertung des vom Bundesministerium für Gesundheit in Auftrag gegebenen Gutachtens wird sich zeigen, in welchem Maß die geförderten Projekte erfolgreich waren und in die GKV-Versorgung überführt werden können. Die Mehrheit der gegenwärtig laufenden Projekte endet in den Jahren 2020 und 2021, sodass noch unklar ist, zu welchem Ergebnis sie führen werden. Eine Verlängerung des Innovationsfonds um zunächst zwei Jahre ist deshalb aus Sicht des GKV-Spitzenverbandes angemessen.

 

Überführung in die GKV-Versorgung regeln

Im Koalitionsvertrag der Großen Koalition lautet eine Formulierung „Wir wollen gewährleisten, dass erfolgreiche Versorgungsansätze zügig in die Regelversorgung überführt werden.“ Bislang wurden noch keine Festlegungen für den wichtigsten Prozessschritt des Innovationsfonds getroffen.

Der GKV-Spitzenverband spricht sich für eine Nutzung der bereits im SGB V definierten Zugangswege von Innovationen in die GKV-Versorgung aus. Diese können beispielsweise eine Ergänzung von G-BA Richtlinien, die Anpassung des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs oder der Bundesmantelverträge sein. Es dürfen keine „Bypass“-Regelungen geschaffen werden, um eine vermeintlich schnellere und einfachere Überführung zu erreichen. Dies bedeutet insbesondere, dass die Entscheidungskompetenzen des Innovationsausschusses nicht erweitert und dadurch die Kompetenzen der genuinen Gremien der Gemeinsamen Selbstverwaltung geschmälert werden. Dadurch würden eine Parallelstruktur und neue Schnittstellen entstehen, die unnötige Bürokratie erzeugen.

Erweist sich ein gefördertes neues Versorgungsmodell als wirksam, sollte es allen GKV-Versicherten zur Verfügung stehen. Dies kann über die Gestaltung von Kollektiv- und Selektivvertragsrecht erfolgen. Um bei einer selektivvertraglichen Fortführung eine Implementierung in die breite Fläche zu realisieren, soll anderen Krankenkassen die Möglichkeit des Beitritts zu den zugrundeliegenden Selektivverträgen erfolgreich abgeschlossener Projekte eingeräumt werden.

 

Änderungsbedarf an einzelnen Stellschrauben

Basierend auf den Erfahrungen der letzten drei Jahre sieht der GKV-Spitzenverband Änderungsbedarf in Bezug auf einzelne Förderstrukturen und –prozesse. Beispielsweise hat sich im Förderbereich Versorgungsforschung für den Teilbereich der Evaluation von Richtlinien des G-BA gezeigt, dass gesetzlich oder untergesetzlich bereits eine Evaluation vieler Richtlinien vorgesehen ist. Hier kommt es zu Überschneidungen mit den Evaluationen im Rahmen des Innovationsfonds. Zudem zählt es zu den originären Aufgaben des G-BA, seine Richtlinien in eigener Verantwortung zu überprüfen und bei Bedarf weiterzuentwickeln. Die Evaluation von Richtlinien des G-BA sollte deshalb als Teilbereich aus dem Innovationsfonds herausgenommen werden.

Der Förderbereich Evaluation von Selektivverträgen sollte hingegen weiter geöffnet werden. Zurzeit können hier nur Anträge zur Evaluation von Selektivverträgen nach altem Recht eingereicht werden, der Antragseingang ist entsprechend gering. Vor diesem Hintergrund ist eine Öffnung des Förderbereichs für Verträge nach neuem Recht sowie Modellvorhaben nach §§ 63-65 SGB V sinnvoll.

Für die Beantwortung bestimmter Fragestellungen ist die aktuelle Förderdauer von maximal vier und in der Regel drei Jahren zu kurz, um mittel- und langfristige Effekte messen zu können. Eine Erhöhung der Förderdauer auf maximal fünf Jahre ist deshalb angezeigt. Diese und weitere dezidierte Positionen finden sich im Positionspapier des GKV-Spitzenverbandes, das der Verwaltungsrat in seiner Sitzung am 19.03.2019 beschlossen hat.


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