Wenn Pharmapolitik keine Grenzen kennt

Intersektorale Ansätze für eine moderne Gesundheits-Governance

Dr. Florian Eckert

Steven Bienko

Die Pharmastrategie der Bundesregierung ist ein seltenes Beispiel für sektorübergreifende Politikgestaltung. Anders als der oft übliche Fokus auf einzelne Ressorts betrachtet sie eine Branche in ihren vielfältigen Schnittstellen zu Gesundheit, Forschung und Wirtschaft. Damit kann die Pharmastrategie als praktische Anwendung der politikwissenschaftlichen Governance-Theorie gelten, die Modelle für die Politikpraxis bereitstellt, um den komplexen Anforderungen gerecht zu werden – Anforderungen, die das Politikfeld Gesundheit allein kaum bewältigen könnte.

Dieser intersektorale Ansatz zeigt auf, wie durch gezielte Zusammenarbeit verschiedener Politikbereiche eine moderne Gesundheits-Governance erfolgreich umgesetzt werden kann.

 

Einleitung
Politik kann ungerecht sein – das weiß die Ampel. Sieht sich doch die Koalition häufig öffentlicher Kritik ausgesetzt. Doch auch diese Kritik selbst kann ungerecht sein. Ein Beispiel dafür liefert aktuell das Medizinforschungsgesetz (MFG). Es zeigt, dass Konflikte und Uneinigkeiten nicht immer ein angemessenes Bild des Regierungshandelns vermitteln. Denn in einem einzigen Gesetz werden hier ganze Politikfelder sektorenübergreifend zusammengeführt: Gesundheits- (SPD), Forschungs- (FDP) und Wirtschaftspolitik (Grüne) – und das überraschend harmonisch, wenn man bedenkt, dass alle Ampelfarben zugleich die Interessen ihrer Ressorts eingebracht haben.

Dass eine solche Verknüpfung nicht immer gelingt, liegt dann aber auch nicht zwingend an den Koalitionen selbst, sondern vielmehr an den festgelegten Zuständigkeiten innerhalb der bzw. zwischen den Ministerien. Insbesondere das Bundesgesundheitsministerium ist dafür ein gutes Beispiel. Gesundheitspolitik ist schließlich schwer abzugrenzen, da sie mit einer Vielzahl von Zielen konfrontiert ist, die sich aus den komplexen Schnittstellen mit anderen Politikfeldern ergeben. Häufig scheitern daher holistische gesundheitspolitische Vorhaben an den festgelegten Ressortstrukturen – beziehungsweise greifen infolge dieser Grenzen zu kurz, was in der Implementation zu entsprechenden non-intendierten Konsequenzen führt.

In diesem Kontext stellt sich die Frage: Wie passt das MFG in dieses Bild, wenn es zwar vom Bundesgesundheitsministerium federführend entwickelt wurde, aber inhaltlich eine sektorenübergreifende Ausrichtung besitzt? Zunächst: Das Gesetz ist ein zentraler Baustein der Pharmastrategie der Bundesregierung aus dem Jahr 2023. Die Strategie verfolgt das Ziel, durch integrierte Ansätze die Rahmenbedingungen im Arzneimittelbereich zu verbessern, und zeigt dabei gleichsam mit auf, wie es gelingen kann, sektorenübergreifende Interessen erfolgreich zu vereinen. Am 27. September 2024 hat das MFG auch den Bundesrat passiert.

Anhand eben dieser Pharmastrategie möchten wir nun verdeutlichen, wie theoretische Governance-Ansätze zu realen politischen Maßnahmen werden. Dazu nähern wir uns zunächst den Besonderheiten des Politikfelds Gesundheit über den ‚Health in All Policies‘-Ansatz an.

 

1. Gesundheitspolitik und Zielkonflikte

Es gibt beliebtere Tätigkeitsfelder für Politiker. Gesundheitspolitik ist schließlich „die Kunst, es keinem Recht zu machen“ (Bandelow/Eckert/Rüsenberg 2010). Denn hier begegnen und bündeln sich die widersprüchlichsten Ziele. Zunächst stehen die Förderung der öffentlichen Gesundheit und ein gleichberechtigter Zugang zu medizinischer Versorgung im Mittelpunkt und damit oft im Weg, hinsichtlich finanzieller Rahmenbedingungen (Bandelow 1998; Mossialos 2002). Und so muss gerade die Gesundheitspolitik oftmals strukturelle Reformen umsetzen, die von vorneherein durch komplexe Abwägungsfragen erschwert werden – so gehen kurzfristige Einsparungsmaßnahmen häufig auf Kosten von Qualität und Innovationen. Und beiden Interessen wird man schwerlich gerecht.

Doch die Ausgangslage ist nicht dichotom, sind doch die zentralen Zieldimensionen des Politikfeldes insgesamt Qualität, Solidarität, Wachstum und Finanzierbarkeit (Reinhardt 2017). Deshalb darf der Gesundheitsbegriff nicht einzig auf die Regelung von Finanzfragen und der Leistungserbringung verengt werden.

Gesundheit als Querschnittsthema – so versteht es der zunehmend prominenter werdende Ansatz der „Health in All Policies“. Denn, wie gesehen, wird das Politikfeld schließlich durch zahlreiche Faktoren beeinflusst – auch von Umweltbedingungen über den Arbeitsmarkt bis hin zur städtischen Infrastruktur (Kickbusch/Gleicher 2012). Diese Sichtweise wurde besonders im Zuge der bereits erwähnten Corona-Pandemie betont, die die Bedeutung einer umfassenden und integrierten Gesundheitsbetrachtung auf europäischer Ebene verdeutlicht hat (Greer et al. 2021). Eng mit der Gesundheitspolitik sind darüber hinaus auch Wirtschafts-, Forschungs- und Sozialpolitik verwoben und sie stellen eben dann allesamt die traditionelle sektorale Gesetzgebung vor neue Herausforderungen (Bambra et al. 2005).

 

2. Pharmapolitik als Mikrokosmos des ‚Health in All Policies‘-Ansatzes

Die vielfältigen Zielkonflikte der Gesundheitspolitik könnten ein pessimistisches Bild zeichnen, doch der ‚Health in All Policies‘-Ansatz eröffnet zugleich neue Wege zur Problemlösung: Durch die gezielte ‚cross-funktionale‘ Betrachtung von Gesundheit durch möglichst viele politische Bereiche können nämlich die genannten sektorale Grenzen zugleich überwunden und kohärentere, langfristig nachhaltige Rahmenbedingungen entwickelt werden – auch wenn dies zu einer Zunahme der Regelungskomplexität führen kann. Eine ganzheitliche Perspektive aber kann jedoch dazu beitragen, die bestehenden Spannungen zu entschärfen. Wo im Korsett einer engen Gesundheitspolitik nämlich ggf. nur finanzielle Belastungen gesehen werden, kann durch einen stärker volkswirtschaftlichen Blick nämlich plötzlich gesamtgesellschaftlich ein Netto-Plus stehen – zuzüglich positiver Gesundheitseffekte.

Wie eingangs gezeigt, kann mit der Pharmastrategie der Bundesregierung die Arzneimittelpolitik exemplarisch als Beispiel für die Anwendung des ‚Health in All Policies‘-Ansatzes dienen – wenn es darum geht, sowohl gesundheitliche als auch u.a. ökonomische Aspekte in Balance zu bringen.

Zunächst zur Ausgangslage und der Dynamik im Pharmabereich:

  • Steigende GKV-Ausgaben: Aufgrund demografischer Entwicklungen und gesundheitstechnologischer Fortschritte, wie aber auch durch jüngere gesetzliche Maßnahmen, steigen die Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung. Dies spricht zugleich aber auch für ein funktionierendes Gesundheitssystem, in dem immer mehr Menschen gesund altern können. Arzneimittel tragen deshalb sowohl zu den Ausgaben als auch zum medizinischen Fortschritt bei. Ihr Anteil an den gesamten GKV-Ausgaben inkl. Handelsstufen und Leistungserbringung blieb in den letzten Jahren relativ konstant bei etwa 17 bis 18 Prozent (vfa 2024; Pharma-Fakten 2023).
  • Kostenschwerpunkt und ökonomische Relevanz: Die deutsche Gesundheitspolitik fokussiert sich im Rahmen des SGB V stark auf Kostenthemen, Erstattungsmodelle und Versorgungsstrukturen – dies entspricht auch der kleineren Betrachtung von Gesundheitspolitik als Politik des Gesundheitswesens und der Aufgabe, für dieses möglichst viele Leistungen zu möglichst geringen Kosten zu ermöglichen. Dabei wird die wirtschaftliche Bedeutung der Pharmaindustrie – mit einer Bruttowertschöpfung von etwa 12 Milliarden Euro und rund 119.000 Beschäftigten – oft übersehen (Statistisches Bundesamt 2022). Über 65 Prozent der produzierten Arzneimittel werden ins Ausland exportiert (VCI 2022), was die Branche zu einem entscheidenden Faktor für den rohstoffarmen, aber innovationsstarken Wirtschaftsstandort Deutschland macht. Weshalb die Bundesregierung die pharmazeutische Industrie als Leitindustrie der deutschen Volkswirtschaft bewertet (Bundesregierung 2023).

 

Die Umgestaltung der Erstattungsbedingungen für Arzneimittel hat auf diese Industrie und ihre Erfolgschancen in Deutschland maßgebliche Auswirkungen – was positive wie auch negative Folgen für die Versorgung nach sich ziehen kann. Arzneimittelpolitik ist also nicht nur Versorgungspolitik (was bereits in sich neben gesundheits- auch sicherheitspolitische Aspekte berührt), sondern auch Wirtschafts- und Forschungspolitik. Sie muss weit mehr als nur die Sicherstellung der Versorgung und die Kostenkontrolle umfassen, wenn sie der Komplexität des Themas gerecht werden will. Neben der Regulierung, Zulassung und Überwachung von Medikamenten müssen entsprechende Regelungen auch die Auswirkungen auf die Förderung von Forschung und Entwicklung sowie die Standortfrage berücksichtigen (Drummond et al. 2007). Die Politik steht dabei vor der herausfordernden Aufgabe, eine Balance zu finden zwischen der Förderung von Innovationen, der Sicherstellung der Versorgung, dem Zugang zu Medikamenten, dem Schutz der Patienten und einer nachhaltigen Finanzierbarkeit (Garattini/Cornago 2012).

Eine ganzheitliche Arzneimittelpolitik muss daher folglich auch die Voraussetzungen und Perspektiven der Pharmaindustrie berücksichtigen, die auf stabile und förderliche Rahmenbedingungen angewiesen ist (Pammolli et al. 2011). Dazu gehören, im Falle der forschenden Industrie, ein fairer Wettbewerb und der Schutz geistigen Eigentums, um Investitionen in neue Medikamente zu fördern. Gleichzeitig müssen die Bedürfnisse der generischen Pharmaindustrie, der Zuliefererindustrien und der Fachkräftepolitik ebenso wie die eingangs geschilderten Rahmenbedingungen des Gesundheitswesens selbst beachtet werden (Vogler et al. 2017). Eine durchdachte Arzneimittelpolitik muss folglich viele politische Schnittstellen mitdenken und eine Vielzahl an Interessen ausbalancieren (Sorenson et al. 2008).

 

3. Strategiebasierte Governance als Antwort auf Mehrebenen-Probleme

Die Fähigkeit des Staates zur wirksamen Politikgestaltung kann bei komplexen Herausforderungen reduziert sein, wenn Politikbereiche isoliert agieren, weshalb eine sektorübergreifende Koordination besonders in komplexen Feldern mit unterschiedlichen Interessen und Zielen entscheidend ist (Scharpf 1997). Daher spielen die Schnittstellen zwischen Gesundheitspolitik und anderen Politikfeldern eine entscheidende Rolle bei der Bewältigung von Zielkonflikten. Während institutionelle Rahmenbedingungen das Handeln beeinflussen, determinieren sie es nicht vollständig, da die Handelnden innerhalb der gegebenen Strukturen Handlungsräume nutzen können, um ihre eigenen Interessen durchzusetzen (Scharpf 1997).

Diese integrierte Herangehensweise ist in der deutschen Politikformulierung jedoch eher unüblich. Traditionell ist die politische Gestaltung in Deutschland durch das Ressortprinzip geprägt, bei dem jedes Ministerium eigenständig agiert. Diese Fragmentierung reduziert zwar zu einem gewissen Grad Komplexität, kann jedoch nachhaltige Reformen durch die Nichtberücksichtigung relevanter Aspekte erschweren. Neben der Akteursvielfalt mit ihren Veto-Spielern und der grundsätzlichen Systemkomplexität führt insbesondere auch die sektorale Trennung in der deutschen Gesundheitspolitik häufig zu Reformblockaden. Tiefgreifende Veränderungen scheitern oft an den Grenzen der Zuständigkeiten (Bandelow/Eckert/Rüsenberg 2010).

Die Governance-Theorie hat bereits in den 1990er Jahren grundlegende Prinzipien der Steuerung und Zusammenarbeit etabliert (Rhodes 1997; Mayntz 2009; Pierre/Peters 2000). Sie betont neben finanziellen Ressourcen und staatlicher Durchsetzungsfähigkeit die Bedeutung von Netzwerken, eine sektorenübergreifende Wissensintegration und die Kooperationen zwischen verschiedenen Akteuren, um komplexe politische Herausforderungen durch kollektives Handeln dieser Akteursgruppen zu bewältigen.

Innerhalb des Gesundheitswesens sind solche Ansätze der plattformbasierten Politikgestaltung zumindest in Form der – international einmaligen – korporatistischen Selbstverwaltung seit langem etabliert. Die Kernideen sind demnach nicht neu. Jedoch liegt die Neuerung nun in der Umsetzung dieser Prinzipien hin zu politischem Handeln auf Bundesebene auch dezidiert im arzneimittelpolitischen Bereich.

Hierfür können der Pharmadialog aus dem Jahr 2015 und die bereits erwähnte Pharmastrategie als exemplarische Prozesse genannt werden. Sie können aus der theoretischen Brille des Governance-Konzepts analysiert werden, um zu prüfen, inwieweit sich dieser Ansatz in beiden Fällen auch praktisch wiederfindet und inwiefern sich der Ansatz bereits in den letzten Jahren gewandelt hat.

 

4. Vergleich der Pharmastrategie mit dem Pharmadialog

Die Pharmastrategie der Bundesregierung und der Pharmadialog unter dem ehemaligen Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) verfolgten ähnliche Ziele: die Stärkung des Forschungsstandorts, die Verbesserung der Gesundheitsversorgung und die Förderung der Pharmaproduktion in Deutschland. Beide Ansätze betonen die Notwendigkeit einer koordinierten Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Ministerien und Akteuren der Pharmaindustrie.

Der Pharmadialog legte den Grundstein für eine stärkere Zusammenarbeit, doch es mangelte an Verbindlichkeit und klaren Verantwortlichkeiten, was die Umsetzung vieler Maßnahmen erschwerte. Die Pharmastrategie der Bundesregierung stellt eine signifikante Weiterentwicklung dieses Ansatzes dar. Sie adressiert die strukturellen Schwächen des Pharmadialogs und verfolgt einen formelleren und strukturierteren Ansatz. Die Strategie umfasst spezifische Programme und Initiativen mit klar definierten Verantwortlichkeiten und Zeitplänen, die eine effektivere Umsetzung und Nachverfolgung der Maßnahmen gewährleisten (Bandelow/Schmid 2020).

Im Gegensatz zum Pharmadialog, der oft auf Empfehlungen und informelle Absprachen beschränkt war, bietet die Pharmastrategie einen verbindlicheren Rahmen, der die Akteure zur Einhaltung ihrer Verpflichtungen anhält. Ein zentrales Lernfeld aus dem Pharmadialog war die Notwendigkeit einer stärkeren institutionellen Verankerung und klarerer Koordinierung. Die Akteure hinter der Pharmastrategie haben hingegen durch eine zentralisierte Führung unter der Koordination des Bundeskanzleramts sowie eine präzisere Zuweisung von Verantwortlichkeiten auf Ministerialebene eine höhere Einheitlichkeit und Konsistenz in der Gesetzgebung erreicht.

Während im Pharmadialog oft die ressortübergreifende Zusammenarbeit fehlte, setzte die Ampel-Regierung bei der Pharmastrategie folglich auf eine integriertere Governance-Struktur mit klaren Verantwortlichkeiten und Interaktionsformaten, die Synergien zwischen den beteiligten Ministerien und Akteuren förderte. Der Erfolg der Pharmastrategie zeigt sich insbesondere in der verbesserten Einheitlichkeit während der Erstellung der Gesetzentwürfe. Die Strategie konnte eine kohärentere und zielgerichtetere Gesetzgebung vorantreiben, was die Effektivität und Effizienz des politischen Entscheidungsprozesses erheblich steigerte.

Ein weiterer Unterschied liegt in der Schwerpunktsetzung. Während der Pharmadialog breit angelegt war und viele Themenbereiche unter der jeweiligen Regie des für eine Phase zuständigen Hauses abdeckte, legt die Pharmastrategie einen stärkeren Fokus auf einige wenige Themen, insbesondere Digitalisierung und Datennutzung, nachhaltige ökonomische Rahmenbedingungen und effektive Entbürokratisierung des Forschungs- und Entwicklungsumfelds. Zudem betont die Strategie die Bedeutung der Forschungsförderung und setzt gezielte Anreize, um den Forschungsstandort Deutschland zu stärken.

Die formalisiertere und fokussiertere Struktur der Pharmastrategie ermöglicht eine effektivere Formulierung, Umsetzung und Nachverfolgung von Maßnahmen Durch die klare Zuordnung von Verantwortlichkeiten und die regelmäßige Überprüfung der Fortschritte soll eine höhere Effizienz und Effektivität erreicht werden.

 

Fazit

Für zukünftige Strategien in der Gesundheitspolitik scheint es ratsam, den Ansatz der strukturierten und integrierten Vorgehensweise der Pharmastrategie für andere Bereiche weiterzuentwickeln und zu verfeinern. Dabei wäre es, wie das Beispiel zeigt, hilfreich, die Erfahrungen aus früheren Initiativen kontinuierlich in die Entwicklung neuer Strategien einzubeziehen. Besonders hervorzuheben sind die klare Verantwortungszuordnung, die frühzeitige Einbindung relevanter Akteure sowie die verbesserte institutionelle Koordination, die zur effizienten Bewältigung der Komplexität des Gesundheitsbereichs beigetragen haben.

Es erscheint sinnvoll, solche Ansätze nicht nur im Bereich der Gesundheitspolitik, sondern auch in anderen politischen Feldern zur Bewältigung soziopolitischer „Missionen“ zu verfolgen. Dieser sektorübergreifende Ansatz, der auf Interessenabgleich und Konfliktvermeidung setzt, könnte auch das Vertrauen in staatliches Handeln stärken. Denn auch Themen wie Sicherheit, Innovation, gesellschaftlicher Zusammenhalt oder Klimaschutz sind politikfeldübergreifend. Entsprechend wäre es auch in diesen Bereichen zielführend, Silos zu durchbrechen und unter klarer Verantwortungsstruktur gemeinsam Antworten auf komplexe Zukunftsfragen zu finden.

Doch dafür muss vorab eben das Silodenken überwunden werden und müssen Regierungen und Koalitionen zumindest ein wenig (vielleicht auch mehr) das Ressortprinzip aufweichen. Und mit der Pharmastrategie, als Beispiel eines auf Bundesebene selten erprobten intersektoralen Governance-Ansatzes, kann die Ampel dann doch auch als Fortschrittskoalition gelten.

 

Literatur

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  • Bandelow, N. C. (1998). Gesundheitspolitik. Der Staat in der Hand einzelner Interessengruppen? Probleme, Erklärungen, Reformen. Springer.
  • Bandelow, N. C., Eckert, F., Rüsenberg, R. (2010). Reform(un)möglichkeiten in der Gesundheitspolitik. Aus Politik und Zeitgeschichte (APuZ), 60(10), 45-52.
  • Bandelow, N. C., Eckert, F., Hornung, J., & Rüsenberg, R. (2022). Gesundheitspolitische Agenda ab 2022 – Reformvorhaben, Akteure, Erfolgsaussichten. In Gesundheitswesen Aktuell 2022 (S. 78). Barmer.
  • Bandelow, N. C., & Schmid, G. (2020). Governance und Policy-Forschung: Eine Einführung.
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Dr. Florian Eckert

Director Government & Public Affairs Daiichi Sankyo Deutschland GmbH

 

Steven Bienko

Manager Gesundheitspolitik, Bayer Vital GmbH

 

Die Autoren vertreten ihre private Meinung.


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