Unser Gesundheitssystem hat sich bewährt

Zur Gesetzgebung in der Corona-Krise

Erwin Rüddel MdB, Vor­sit­zen­der des Ge­sund­heits­aus­schus­ses des Deutschen Bun­des­ta­ges

Der Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages hat in den vergangenen Wochen im Zeichen der Corona-Pandemie unter hohem Zeitdruck ein enormes Arbeitspensum bewältigt, um den akuten Bedürfnissen und Anforderungen in unserem Gesundheitswesen gerecht zu werden.

Der Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages hat in den vergangenen Wochen im Zeichen der Corona-Pandemie unter hohem Zeitdruck ein enormes Arbeitspensum bewältigt, um den akuten Bedürfnissen und Anforderungen in unserem Gesundheitswesen gerecht zu werden.

Mit dem „Covid19-Krankenhausentlastungsgesetz“ sowie den beiden „Gesetzen zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ und weiteren Verordnungen fangen wir die unmittelbaren wirtschaftlichen Folgen für Krankenhäuser und Rehabilitationseinrichtungen, Vertragsärzte, Pflegekräfte und Heilmittelerbringer auf.

Wir haben den Infektionsschutz für die Bevölkerung und die lokalen Gesundheitsämter gestärkt, mehr Corona-Tests in Pflegeheimen ermöglicht, die Meldepflichten erweitert, Prämien für die Pflegekräfte beschlossen und den Familien durch verlängerten Lohnersatz geholfen, wenn Angehörige kurzfristig selbst Pflege leisten oder diese organisieren müssen.

Begleitende Maßnahmen für mehr Flexibilität und weniger Bürokratie im Gesundheitswesen entlasten während der Epidemie Versicherte und Verwaltung. Zentral war und ist das Ziel, Infektionsketten frühzeitig zu erkennen und unkontrollierte Ausbrüche zu verhindern – und so dafür zu sorgen, dass unser Gesundheitswesen nicht überlastet wird.

Wir haben immer davon gesprochen, dass wir eines der besten Gesundheitssysteme der Welt haben. Trotz mancherlei Problemen, die ich keineswegs leugnen will, bin ich der Meinung: die Krise hat bewiesen, dass es tatsächlich so ist. Bei allen Mängeln, die es gibt, hat sich unser Gesundheitssystem insgesamt sehr gut bewährt, wie nicht zuletzt der Blick auf eine Reihe anderer Länder zeigt.

 

Pflegekräfte sind systemrelevant

Die Corona-Pandemie hat uns noch einmal nachdrücklich vor Augen geführt, wie systemrelevant Pflegekräfte sind. Zusammen mit anderen Berufsgruppen sind sie der Garant für eine gute gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung.

Deshalb war es für mich auch eine Selbstverständlichkeit, die besondere Leistung der Pflegekräfte im Zeichen der Pandemie entsprechend zu honorieren. Die Bundesländer, die sich bei Finanzierungsfragen im Gesundheitswesen auch sonst häufig zurückhalten, sind jetzt aufgefordert, die Prämie des Bundes entsprechend aufzustocken.

In der zweiten Jahreshälfte werden Gesundheits- und Finanzministerium festlegen, in welchem Umfang die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung Zuschüsse des Bundes zur Stabilisierung der Beitragssätze erhalten. Dies wird auch die Frage der Gegenfinanzierung der Prämie umfassen. Ich bin persönlich entschieden für eine Finanzierung über Steuern, da es sich angesichts der Bedrohung durch das Corona-Virus um gesamtgesellschaftliche Aufgaben handelt.

 

Die Krise als Schub für unser Gesundheitswesen

Zweifellos haben die Entscheidungen unter dem Druck der akuten Krise auch eine Reihe von Maßnahmen beschleunigt oder auf den Weg gebracht, die sonst vielleicht noch länger auf eine gesetzliche Regelung hätten warten müssen. Insofern betrachte ich die Krise auch als einen Schub für unser Gesundheitswesen, insbesondere im Bereich der Digitalisierung und der Telemedizin. Weitere wichtige Themen sind die Krankenhausstrukturen und eine verstärkte Zusammenarbeit in Europa. Nicht zuletzt sollten wir auch die künftige Rolle der WHO unter die Lupe nehmen.

In weniger als anderthalb Jahren haben wir Bundestagswahlen. Ich gehe deshalb davon aus, dass eine große Krankenhausreform mit grundlegender Überarbeitung der bestehenden Strukturen eher ein Thema künftiger Koalitionsverhandlungen in der nächsten Wahlperiode sein wird. Ein Digitalisierungsfonds muss aus meiner Sicht aber unbedingt noch in dieser Legislaturperiode kommen. Der Digitalisierung unseres Gesundheitswesens – das hat ja gerade die akute Krise bewiesen – kommt entscheidende Bedeutung zu. Hier müssen wir zeitnah den Durchbruch schaffen – für moderne Technik und intelligente Arbeitssteuerung, damit Ärzte, Pflegekräfte und Kliniken ihre Arbeitszeit nicht mit Formularen, Dokumentationen und immer mehr Bürokratie verbringen müssen, sondern mehr Zeit für eine gute Versorgung haben.

Parallel zu den Corona-Entscheidungen geht natürlich auch die normale Gesetzgebung weiter. Wir haben unlängst das Konversionsgesetz verabschiedet und planen derzeit die Anhörungen für das Intensivpflege-Gesetz. Wir beraten ferner das Patientendatenschutzgesetz, mit dem der Weg für Patientenakte und elektronisches Rezept bereitet werden soll. Viele wichtige Dinge, wie insbesondere die Digitalisierung, bringen wir auch in der Corona-Krise voran. Mit einer Pflegereform werden wir uns nach meiner Einschätzung frühestens in der zweiten Jahreshälfte beschäftigen können.

 

Entscheidend bleibt das Parlament

Schließlich noch eine Anmerkung, die mir wichtig ist. In den letzten Wochen haben wir der Regierung große Spielräume eingeräumt, damit sehr schnell weitreichende Entscheidungen getroffen werden konnten. Dabei gab es insgesamt ein großes Bemühen seitens des Ministers, das Parlament, die Ausschüsse, die Sprecher der Fraktionen und die Obleute über alle möglichen Kanäle auf dem Laufenden zu halten und eng einzubinden. Jens Spahn ist bei jeder Ausschusssitzung dabei oder zugeschaltet und steht den Mitgliedern Rede und Antwort. Das wird ihm dadurch gedankt, dass über die Parteigrenzen hinweg ein konstruktives Arbeitsklima im Gesundheitsausschuss herrscht und wir gut zusammenarbeiten, um die Corona-Krise zu bewältigen.

Aber: Trotz der weitreichenden Befugnisse, die das Ministerium aufgrund seiner Verordnungen hat, legen wir als Teil des Parlaments den Rahmen fest, den die Regierung hat. Auch in dieser außergewöhnlichen Situation bleibt es dabei, dass am Ende das Parlament das entscheidende Wort hat. So soll es sein.


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