Sommerfest des Marburger Bundes

Heimelige Stimmung beim Sommerfest des Marburger Bundes


Die Sommerfeste des Marburger Bundes (MB) sind für die Gäste immer ein Höhepunkt. Denn bei der Wahl des Austragungsortes geben sich die Verantwortlichen wirklich Mühe, vielleicht sogar ihr Bestes. Ob die „Tube Station“ (2015), das Alte Stadthaus (2016) oder der „Spreespeicher“ (2017) – neben dem Netzwerken bleibt Zeit, die ungewöhnliche Location zu bestaunen und zu erkunden. In diesem Jahr entschied sich der MB für die Kunztschule in der Schützenstraße. Das ursprünglich 1904 erbaute Palais trennte – fast verfallen – vor der Wende den West- und Ostteil Berlins unmittelbar an der Mauer und bildet heute die Grenze zwischen Mitte und Kreuzberg. Die beeindruckende Sandstein-Fassade ist mit patriotischen Elementen verziert; einem Wappen mit dem Reichsadler sowie den Heiligen Georg, der den Erbfeind tötet, der in Form eines Drachen dargestellt ist.

Vielleicht entschied sich deshalb der MB für diesen Ort: eine Anspielung auf die immense Kraft der Ärztegewerkschaft. Die Teilnehmer waren in Feierlaune; der Teilerfolg der Verfassungsklage des MB zum Tarifeinheitsgesetz wurde in vielen Gesprächen nochmal besprochen und vielleicht auch bejubelt. Gewerkschaftspluralität sei demnach kein Verstoß gegen das Grundgesetz, verwies der MB-Vorsitzende Rudolf Henke in seiner Rede und sprach von seiner Gewerkschaft als „Selbsthilfegruppe juristisch ahnungsloser Ärzte“. Nach der Tiefstapelei wurde es ernsthaft. Das aktuelle Sofortprogramm Kranken- und Altenpflege sei grundsätzlich richtig, aber die Herausnahme der kompletten Pflegestellenkosten aus dem DRG-System ginge nun doch zu weit. Henke bezeichnete dies als „negativen Finanzierungsturbo“. Der CDU-Mann, MdB dazu, traut offenbar dem Gesetz nicht, denn er glaube, „dass alles, was damit eingespart wird, bei den Krankenkassen landet“. Unklar, wie der MB-Vorsitzende das wohl meinte, so blieb nur Achselzucken bei einigen Gästen. Auf die Erklärung kann man gespannt sein.

Kämpferisch will sich der MB in Zukunft präsentieren – und zwar in den Kassenärztlichen Vereinigungen. Dort wolle sich die Gewerkschaft als Interessenvertretung der angestellten Ärzte stärker einbringen – „auch, wenn man dort genervt sein wird“, so Henke. Doch der Grund ist nachvollziehbar: Nach Angaben der Bundesärztekammer waren 2017 rund 36.013 Ärzte im ambulanten Bereich angestellt. Und ihre Zahl wächst.

Nach kampfeslustiger Rede war die Stimmung hervorragend, um freundliche und fröhliche Gespräche zu führen; vor allem dabei mit der Prominenz – fachlich und politisch – ins Gespräch zu kommen. Gesichtet wurden der Chef des Hausärzteverbandes, Ulrich Weigeldt, sowie der Vorstandsvorsitzende des Hartmannbundes, Klaus Reinhardt, und der Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte, Thomas Fischbach. Auch die Staatssekretäre Ralf Brauksiepe, Patientenbeauftragter, und Andreas Westerfellhaus, Pflegebevollmächtigter, diskutierten fleißig, genauso wie Andrew Ullmann MdB (FDP) und Axel Gehrke MdB (AfD).

Man darf gespannt sein, wohin die Ärztegewerkschaft im kommenden Jahr einlädt.

 

Hans-Edmund Glatzl, Fina Geschonneck


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