06.06.2024
Schmerzvisite mit der Politik in der Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft
An Schmerz stirbt man nicht. Er kann aber die Hölle auf Erden sein. Wer wüsste das nicht besser als die acht bis 16 Millionen Menschen in Deutschland, die unter chronischen Schmerzen leiden. Öffentlichkeit schaffen für mehr Lebensqualität der Betroffenen – darum geht es beim parlamentarischen Abend der Deutschen Schmerzgesetzgesellschaft in Zusammenarbeit mit Gesundheitsstadt Berlin sowie Healing Culture im Kaisersaal der Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft. Die multimodale Schmerztherapie und Gesundheitsprävention dürfen von der Politik nicht vergessen werden!
Der Präsident der Deutschen Schmerzgesellschaft, Prof. Dr. Hans-Georg Schaible, schildert die aktuelle Versorgungssituation von (chronischen) Schmerzpatienten. Das Gesundheitssystem dürfe Menschen mit gravierenden Schmerzerkrankungen nicht alleine lassen. Für die Behandlung von chronischen Schmerzen hebt er die multimodale Schmerztherapie hervor, wo mehrere Professionen zusammenarbeiten. Zur Umsetzung sei es entscheidend, dass die Strukturen ausgebaut und nicht abgebaut werden. Bei der Krankenhausreform sieht er Nachholbedarf. Die Schmerzmedizin müsse in einer eigenen Leistungsgruppe abgebildet werden.
Dr. Iris Hauth, Vorsitzende Gesundheitsstadt Berlin, setzt den Akzent auf ein weiteres wichtiges Thema: Gesundheitsförderung und Gesundheitsprävention. Viel ist hierfür schon getan worden, aber es kommt noch nicht richtig in der Bevölkerung und Medizin an. Thomas Isenberg, Geschäftsführer der Deutschen Schmerzgesellschaft, macht auf die Bedeutung des Aktionstages gegen Schmerz jährlich am 4. Juni aufmerksam, wo gezielt unter anderem in schmerztherapeutischen Einrichtungen über Behandlungsmöglichkeiten aufgeklärt wird. In diesem Jahr findet er bereits zum 13. Mal statt.
Für Prof. Dr. Frank Petzke, Leiter der Schmerzmedizin Universitätsmedizin Göttingen sowie Präsidiumsmitglied und designierter Präsident Deutsche Schmerzgesellschaft, ist entscheidend, dass eine gute Schmerzmedizinversorgung sektorenübergreifend gedacht und geplant werden muss. Bisher etablierte Strukturen dürfen nicht verloren gehen. Auch er sieht Korrekturen beim KHVVG: Die schmerztherapeutische Versorgung müsse als ein wichtiger Eckpfeiler mitaufgenommen werden mit einer eigene Leistungsgruppe. Prof. Dr. Volkmar Falk, Ärztlicher Direktor und Direktor der Klinik für Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie des Deutschen Herzzentrum der Charité (DHZC) und stellvertretender Vorsitzender Gesundheitsstadt Berlin, setzt den Fokus auf das Thema Prävention am Beispiel von Herzkreislauferkrankungen. In der Vergangenheit habe man zu wenig Geld für Prävention ausgegeben. Es müssten mehr Anreize für eine gesunde Lebensweise in der Bevölkerung geschaffen werden. Lauterbachs Gesetzesvorhaben gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen bewertet er als einen ersten Schritt in die richtige Richtung.
Im Rahmen der anschließenden Podiumsdiskussion äußern sich die geladenen Politiker zu den genannten Themen. Erwin Rüddel MdB (CDU/CSU) setzt sich für den Ausbau von Präventionsmaßnahmen ein und schlägt vor, mehr Anreize für die Bevölkerung zu etablieren. Etwas angespannter ist die Diskussionsrunde beim Thema Krankenhausreform. Mit Blick zu Ursula Nonnenmacher, Ministerin für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg, machen Nezahat Baradari MdB (SPD) und Prof. Dr. Andrew Ullmann MdB (FDP) auf die Finanzierungspflicht der Länder für die Investitionskosten der Krankenhäuser aufmerksam. „Zu den Streitigkeiten, ob die Ampel an allem schuld ist oder ob die Länder an allem schuld sind, sage ich jetzt mal nichts“, erklärt Ursula Nonnenmacher. Sie lenkt den Schwerpunkt auf Präventionsthemen und befürwortet die Berücksichtigung der Schmerztherapie im Zusammenhang mit der Krankenhausreform. Prof. Dr. Armin Grau MdB (Bündnis90/Die Grünen) steht hinter dem erarbeiteten Leistungsgruppensystem, das zukünftig weiterentwickelt werden soll. Er ist sich sicher, dass man die Schmerztherapie im Zuge dessen gut abbilden könne.
Abschließend spricht Insa Schrader (Gründerin und Vorsitzende Healing Culture Network) über die Entstehung von Healing Culture und macht an unterschiedlichen Beispielen deutlich, wie Kunst, Kultur und Gesundheit miteinander verbunden sind. Dabei erinnert sie beispielsweise an die Balkonkonzerte während der Pandemie, die ein Zusammengehörigkeitsgefühl in Zeiten von Einsamkeit geschaffen haben.
Nach den informationsreichen Wortbeiträgen auf dem Podium ist ausreichend Gesprächsstoff für den verbleibenden Abend garantiert. In einem angenehmen Ambiente und bei vorzüglichen Speisen nutzen die Gäste die Möglichkeit zum weiteren Austausch.
Dr. Ines Niehaus
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