Parlamentarischer Abend des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie (BPI)

Blick in die Menge beim parlamentarischen Abend des BPI
Martin Zentgraf (BPI) bei seiner Eröffnungsrede
Hatten Spaß: Karin Maag MdB (CDU/CSU), Marco Hardt (Novartis) und Johannes Wimmer (v.l.n.r.)
Christoph Claudius Karl (anwerina Deutschland) (l.) mit Henning Fahrenkamp (ehemals BPI)
Neu und witzig; die Applauskarte für die Diskussionen
Da gab es einen Zwischenruf für Johannes Wimmer, Heiner Will (medac) und Christine Aschenberg-Dugnus MdB (FDP) (v.l.n.r.)
Der alte und der jetzige Hauptgeschäftsführer des BPI: Henning Fahrenkamp (l.) und Kai Joachimsen
Verstanden sich gut: Kordula Schulz-Asche MdB (Bündnis 90/Die Grünen) und Rainer Oschmann (Schwabe Pharma)
Christine Aschenberg-Dugnus MdB (FDP) im Gespräch mit Heiner Will (medac)
Kai Joachimsen (BPI) bei seinen abschließenden Worten


Auf der Suche nach dem im Gedächtnis bleibenden parlamentarischen Abend versuchen Verbände und Institutionen in der Szene, besondere Wege zu gehen. Mit Orten gelingt es schon vielen, wie dem KaDeWe – Ärzteschaft –, der Bar jeder Vernunft – IKK e.V. –, der Parlamentarischen Gesellschaft – Zahnärzteschaft – oder dem Grand Hyatt – DKG. Reden sind dabei gesetzt. Ohne die Ansprachen kommt die TK erfolgreich aus. Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) wählte für seinen parlamentarischen Abend am 3. April 2019 nicht nur das durchaus beeindruckende Axica am Pariser Platz, sondern auch eine außergewöhnliche Kommunikationsform: Drei Bühnen besetzt mit Politikern und Verbandsmitgliedern, und jeder Gast durfte „Salz, Pfeffer oder Senf“ dazu geben, wie es Dr. Martin Zentgraf, Vorstandsvorsitzender des BPI, trefflich formulierte.

Moderator Dr. Johannes Wimmer, der „Dieter Bohlen unter den Digitalärzten“, wie Zentgraf ihn ankündigte, übernahm die Gesprächsführung. Die gesundheitspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion, Karin Maag MdB, und Marco Hardt, Leiter Corporate Public Affairs bei Novartis, machten den Anfang mit der seit Jahren in der Pharmaindustrie leidenschaftlich diskutierten Frage „Made in Gemany im Sinkflug?“. Deutschland als „frühere Apotheke der Welt“ kämpfe laut Hardt um den Standort, gedrückt von niedrigen Preisen und gleichzeitig hohen Markteintrittsbedingungen, so die Klage. Maag konterte mit dem Hinweis, dass die Politik sich zumindest bei den Impfstoffen bereits bewegt habe. Die CDU-Politikerin bedauerte, dass viele Pharmaunternehmen Deutschland den Rücken kehren und fragte: „Wie schaffen wir es, dass der Mittelstand hierbleibt?“ Und konkret an Novartis, was könne sie persönlich tun, damit das Unternehmen in Deutschland verweile. Hardt zeigte sich versöhnlich. Novartis habe 40 Standorte in Deutschland und wolle auch bleiben. Doch man stehe international im Wettbewerb. Maag verwies auf die Probleme, die sie bei der Festbetragsregelung sehe. Dazu gebe es „entsprechende Gespräche“, war zu hören. Ungelöst blieb zwischen den Kontrahenten das Rätsel „Was ist wirkliche Innovation?“. Maag sei dennoch sehr zufrieden, „solange der Patient nicht vergessen wird“. Umgekehrt habe Hardt den Eindruck, „dass uns die Politik zuhört“.

Die gesundheitspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Christine Aschenberg-Dugnus MdB, und medac-Geschäftsführer Heiner Will bestückten die zweite Diskussionsrunde unter dem Thema „Keiner mag Rabattverträge“. Will erinnerte an die Folgen der vergangenen Grippesaison. Eine Monopolisierung bei versorgungsrelevanten Wirkstoffen mit Herstellern im fernen Osten schaffe gefährliche Engpässe. Bei der FDP-Politikerin stieß er dabei auf offene Ohren, die sich nicht abhängig machen wolle. Die Patienten sollten über Qualität und Herkunft der Wirkstoffe aufgeklärt und „mitgenommen“ werden. Transparenz sei gefordert. Digitalisierung sei ein Weg: „Trauen Sie dem Patienten einfach mehr zu“, ihr Appell an Will.

Seit 2013 sitze die Politikerin im Bundestag, und da habe es bereits die ersten Skandale wegen fehlender Impfstoffe gegeben. „On-Top muss auch bezahlt werden“, forderte sie. Die Gäste erfuhren bei dieser Gelegenheit, dass es im Bundestag eine sogenannte Parlamentsärztin gebe, die beim Eintreffen des Grippeimpstoffes eine Mail rumschicke und zur Impfung aufrufe. Netter Service.

Gesundheitspolitikerin Kordula Schulz-Asche MdB, Bündnis 90/Die Grünen, und Rainer Oschmann, Geschäftsführer Schwabe Pharma, diskutierten dann über die „Bedeutung der Galenik im Wettbewerb“. Zwischen 2003 und 2013 saß Schulz-Asche für die Grünen im hessischen Landtag, und bereits damals überlegte sie, wie die Medikamentenversorgung bei multimorbiden Patienten verbessert werden könne. Kritik gab es von ihrer Seite für den G-BA, der den § 35b SGBV Kosten-Nutzen-Bewertung von Arzneimitteln „nicht anwendet“. Gebraucht würden Vorgaben, wie Lebensqualität zusätzlich gemessen werde. Im Blick habe die Grünen-Politikerin chronisch Kranke und auch jene mit Demenz, die die Medikamente zu sich nehmen müssten. Am Beispiel Insulin betonte sie, dass hier nicht allein das Produkt zu betrachten sei, sondern im Marktvergleich Anwendungserleichterungen stärker gewichtet werden sollten. Es gelte, die Einfachheit der Anwendungen zu berücksichtigen. Innovationen seien für Schulz-Asche, wenn man es schaffe, „eine große Tablette in eine kleine zu packen – besser verträglich“. An die Kassen gerichtet, sagte die Grünen-Politikerin, dass sie Preise losgelöst von der Therapie betrachten würden – der falsche Weg.

Pharmazeut Oschmann, der sich mit seinem Unternehmen auf pflanzliche Arzneimittel konzentriert, forderte mehr Unterstützung seitens der Politik. Die Wirksamkeit zu verbessern, werde nicht belohnt. Dabei gebe es beispielsweise viele pflanzliche Medikamente, die Antibiotika ersetzen können.

Dr. Kai Joachimsen, Hauptgeschäftsführer des BPI, freute sich zum Schluss über „die gute Diskussion“. Man habe miteinander und nicht übereinander geredet – fair und launig trotz gegensätzlicher Position. Die vor der Veranstaltung an jeden Gast ausgegebene Applauskarte wurde unzählige Male hochgehalten und auch die Nachfragekarte des Öfteren gezückt. Die Diskutanten auf dem Podium sorgten vor allem für weitere Gespräche in angenehmer Atmosphäre.

 

Fina Geschonneck, Hans-Edmund Glatzl


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