Neujahrsempfang des Deutschen Hausärzteverbandes

Volles Haus beim Neujahrsempfang des Deutschen Hausärzteverbandes
Gehört schon fast zur Familie: Christopher Hermann (AOK Baden-Württemberg) (r.) mit Ulrich Weigeldt (Deutscher Hausärzteverband)
Wieland Schinnenburg MdB (FDP), Ulrich Weigeldt (Deutscher Hausärzteverband), Edgar Franke MdB (SPD) (v.l.n.r.)
Viel zu lachen bei Ulrich Weigeldt (Deutscher Hausärzteverband), Angelina Schütz, Werner Baumgärtner (beide MEDI) (v.l.n.r.)
Petra Reis-Berkowicz (KBV) mit Ulrich Weigeldt (Deutscher Hausärzteverband)
Neue Eintracht: Stephan Hofmeister (KBV), Ulrich Weigeldt (Deutscher Hausärzteverband), Andreas Gassen (KBV) (v.l.n.r.)
Ulrich Weigeldt (Deutscher Hausärzteverband) mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (r.)
Bei bester Laune: Ulrich Weigeldt (Deutscher Hausärzteverband), Karin Maag MdB (CDU/CSU)
Zwei Kämpfer für die Psychotherapie – Ariadne Sartorius (bvvp) und Sebastian Baumann (Systemische Gesellschaft)
Nah gekommen sind sich Erwin Rüddel MdB (CDU/CSU) und Edgar Franke MdB (SPD)
Mögen sich offenbar: Frank Ulrich Montgomery (BÄK) und Ulrich Weigeldt (Deutscher Hausärzteverband)
Ulrich Weigeldt (Hausärzteverband), Johann Magnus v. Stackelberg (GKV-SV) (r.)
Ulrich Weigeldt (Deutscher Hausärzteverband) mit Maria Klein-Schmeink MdB (Bündnis 90/Die Grünen) (l.) und Sabine Dittmar MdB (SPD)
Jessica Hanneken, Ulrich Sommer (beide apoBank) und Thomas Kriedel (KBV)
Ob Franz Knieps (BKK DV) (r.) Volker Amelung (BMC) die Reform des Morbi-RSA schon einmal erklärt?
Der Politik ganz nah: Ulrich Weigeldt (Deutscher Hausärzteverband) mit Christine Aschenberg-Dugnus MdB (FDP)


Wenn der Bundesvorsitzende des Deutschen Hausärzteverbandes Ulrich Weigeldt mehrmals „hallo, hallo“ ruft mit dem netten zweiten Satz „Seid Ihr alle da“, um sich Gehör zu verschaffen – dann ist man beim Neujahrsempfang des Deutschen Hausärzteverbandes. In den Geschäftsräumen, in der Bleibtreustraße, war es – wie in jedem Jahr – wieder sehr eng. „Kuschelig“ nennen es die einen, „gerammelt voll“ die anderen. Viele fanden den Weg in die Berliner West-City – u.a. Politiker, Verbändechefs, Rechtsanwälte, Medien. „Einmal umgedreht und schon steht der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses neben dir – ist doch bestens“, so beschreibt es ein Teilnehmer. Und auch der Bundesgesundheitsminister kam ins Gewühl.

Dreieinhalb Stunden Anhörung TSVG lag hinter vielen, da gab es zu diskutieren. Und für den Bundesvorsitzenden Weigeldt ein hervorragender Zeitpunkt, sich noch einmal Luft zu machen. Zuvor begrüßte er fleißig die Gäste. Zahlreich waren sie erschienen, darunter Johann Magnus von Stackelberg vom SpiBu – das dürfe er, Weigeldt, nicht sagen, schob er gleich hinterher. Es klinge nach Spitzbuben, also dann GKV-SV. Christopher Hermann, AOK Baden-Württemberg, gehöre ja praktisch zur Familie des Verbandes. Mit Andreas Gassen von der KBV konnte sich Weigeldt bereits bei der TSVG-Anhörung austauschen – die Herren saßen nebeneinander.

Überhaupt das TSVG. Weigeldt sehe nichts von Hausärzten im Gesetzesentwurf. Es gehe vor allem um Fachärzte. Das sei vielleicht nicht Absicht, ein Versehen sozusagen: auch die vorgesehene außerbudgetäre Vergütung nur für diese Gruppe. Und sogleich stimmte der Bundesvorsitzende ein Loblied auf die HZV an. Nicht nur qualitative, sondern auch wirtschaftliche Vorteile gebe es hier. Bei Medikamenten komme es nicht so leicht zu Doppelverordnungen: alles dank koordinierter und strukturierter Arbeit. Auch die Patienten würden profitieren. Die AOK Baden-Württemberg befreie ihre Patienten von der Medikamenten-Zuzahlung. Bei der BKK Bosch gebe es Beitragsrückerstattungen.

Beim Thema Kodierung wetterte Weigeldt, dass ausschließlich die Ärzte unter Manipulationsverdacht geraten. Es gebe nun mal ein System, in dem Geld für Diagnosen innerhalb des Morbi-RSA regeneriert würde. „Das ganze Theater darum“ lohne sich nicht. Die Ärzte müssten Probleme lösen. Und manchmal sei es sogar besser, keine Diagnose aufzuschreiben. Wenn beispielsweise ein junger Mensch mit Depressionen wegen einer Lebenskrise komme, müsse nicht der Stift gezückt werden. Fünf Jahre später wolle er ein Haus bauen, seine Lebensversicherung dafür nutzen, die dankend ablehnen würde. Nach dem Motto: Vielleicht wolle er sich umbringen. Dauerbrenner Wartezeiten durfte nicht fehlen. Weigeldt frage sich, ob das Thema im TSVG geregelt werden müsse. Für den Bundesgesundheitsminister ist das keins.

Doch bevor Spahn zum Aktuellen in seiner Rede kam, erinnerte er an alte Zeiten. Man kenne sich ja schon 16 Jahre, sagte er in Richtung Hausärzteverband – und blickte zurück, was „wir erreicht haben.“ Er hoffe sehr, dass sich die Hausärzte „ab und zu darüber freuen“. Spahn nannte u.a. die Trennung des Budgets von Haus- und Fachärzten sowie die „positive“ Entwicklung der hausärztlichen Vergütung. Nach Umfragen sei das Ansehen der Ärzte insgesamt sehr hoch. „Ich würde mir wünschen, die Ärzte geben der Politik einige Prozentpunkte in Vertrauenswerten ab“, sagte Spahn und setzte zum „Verbesserungsbedarf“ an. Beim Thema Wartezeiten zog er den Nachbar erneut in seine Rede, der – privat versichert – bei einem Facharzt schneller einen Termin bekomme als jener, der in der GKV versichert sei. Großes Murren im Publikum und Spahn, der locker meinte: „Da müssen Sie durch.“

Das Problem müssten Ärzte und Politik gemeinsam lösen. Wenn nicht, so prophezeite Spahn, werde sich „die Legitimität der Trennung zwischen gesetzlicher und privater Versicherung noch ganz anders darstellen“. Er habe den Eindruck, dass die Ärzte ein Interesse an der Trennung haben. Plötzlich wurde es sehr ruhig im Raum.

Dass Hausärzte im TSVG nicht vorkommen, wies Spahn zurück. So würde der Hausarzt für die Vermittlung des Patienten zum Facharzt künftig extra vergütet. Dies werde bisher in einer Pauschale abgegolten. Ein wenig genervt schien er, der Bundesgesundheitsminister, von der ständigen Diskussion um die 25-Stunden-Regelung bei den wöchentlichen Sprechzeiten. Die Vorgabe stehe nun mal im Koalitionsvertrag. Man müsse sich mehr auf das Miteinander konzentrieren. Man greife auch „Dinge für Veränderungen auf“, so Spahn und nannte offene Sprechstunden im hausärztlichen Bereich, die aus dem TSVG-Gesetzentwurf wieder rausgenommen wurde. „Das war Ihr Wunsch“, so Spahn zu Weigeldt. Bessere Versorgung und Termine in den Bereichen, „wo es schwierig ist“ – das seien seine Ziele. Er sei bereit, darüber zu reden. Voraussetzung: Das Problem werde nicht negiert, sondern wahrgenommen.

Der Bundesvorsitzende erwiderte, dass das Thema rund um mehr Sprechstunden in der Woche ein emotionales sei. Strukturierung helfe mehr als die Vermittlung von Terminen über die Terminservicestellen. Weigeldt überreichte dem Minister zum Schluss den bewährten Hausärzte-Wein, bekam von Spahn eine kleine Erinnerung, dass er das Büffet dann noch eröffnen müsse. Die Gäste ließen sich nicht lange bitten – und sicher ist an diesem Abend so mancher Ketchup-Spritzer der Curry-Wurst beim Drängeln auf Hemd oder Kleid getropft. Der guten Stimmung hat das keinen Abbruch getan.

 

Redaktion / Fina Geschonneck


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