Neujahrsempfang der deutschen Ärzteschaft

Die Gastgeber mit Minister: Stephan Hofmeister, Andreas Gassen (beide KBV), Margret Stennes (KV Berlin), Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, Frank Ulrich Montgomery (Bundesärztekammer), Thomas Kriedel (KBV) (v.l.n.r.)
Andreas Gassen (KBV) bei seiner Rede
Annette Rommel (KV Thüringen), Ellen Lundershausen (Landesärztekammer Thüringen), Evelyn Matthäus (KV Thüringen) (v.r.n.l.)
Aufmerksames Publikum während der Ausführungen von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn
Maria Klein-Schmeink MdB (Bündnis 90 / Die Grünen) mit Helmut Hildebrandt (Optimedis)
Frank Ulrich Montgomery (Bundesärztekammer) sehr engagiert
Karl Lauterbach MdB (SPD) (m.) dozierend gegenüber Andreas Gassen (l.) und Stephan Hofmeister (beide KBV)
Wer redet auf wen ein: Stephan Hofmeister (KBV), Minister Jens Spahn, Andreas Gassen (KBV) (v.l.n.r.)
Volker Leienbach (PKV), Erwin Rüddel MdB (CDU/CSU), Bernd Tews (bpa), Ralf Suhr (ZQP) (v.l.n.r.)
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, Gerald Gaß (DKG) (r.)
Christine Aschenberg-Dugnus MdB (FDP) mit Martin Weiser (BAH)
Der ehemalige und der neue Hauptgeschäftsführer der Bundesärztekammer: Christoph Fuchs (l.), Tobias Nowoczyn
Elisabeth Pott (G-BA)
Zahnärzte unter sich: Martin Hendges (KZBV), Jörg Meyer (KZV Berlin), Wolfgang Eßer (KZBV) (v.l.n.r.)
Andreas Westerfellhaus (Pflegebevollmächtigter der Bundesregierung) mit Ute Repschläger (IfK)
Gut besucht: der Neujahrsempfang der deutschen Ärzteschaft


Wie lange es den Neujahrsempfang der deutschen Ärzteschaft im Berliner KaDeWe gibt, weiß zumindest die Politik nicht so genau. Seit „gut 20 Jahren“ – so meinte sich zumindest Prof. Dr. Karl Lauterbach MdB, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Fraktion, zu erinnern. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn tippte während seiner Rede auf 16. In diesem Jahr sorgte Karl Lauterbach auf jeden Fall dafür, dass der Neujahrsempfang langfristig im Gedächtnis bleibt. Mit seinem Tweet bei Twitter, der eigentlich harmlos schien, es aber doch offenbar in sich hatte, löste er ein großes öffentliches Interesse aus. Lauterbach schlug vor, den beim Neujahresempfang durchaus begehrten Hummer mit Goldblattbelag zu servieren. Man habe „reserviert“ reagiert, schrieb er. Dabei hatte der SPD-Politiker den Bayern-Fußballer Ribéry nach seiner Steak-Affäre auf Twitter scharf kritisiert.

Mehr oder weniger handverlesen – wie in jedem Jahr – waren die Einladungen für den Neujahrsempfang von Bundesärztekammer (BÄK), Ärztekammer Berlin, Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) und KV Berlin. Der neuen Patientenbeauftragten der Bundesregierung, der „geschätzten Kollegin“ Prof. Dr. Claudia Schmidtke (CDU), wurde herzlich von KBV-Vorstandsvorsitzender Dr. Andreas Gassen gratuliert. Die Herzchirurgin hatte wenige Stunden zuvor ihre Ernennungsurkunde bekommen. Gassen sei erfreut, dass doch so viele Ärzte den Weg ins Kaufhaus gefunden hätten. Seine Sorge sei gewesen, sie hätten „Verpflichtungen auf dem Golfplatz abgehalten“. Seit dem öffentlichen Seitenhieb von SPD-Politiker Lauterbach Ende vergangenen Jahres, dass Ärzte ab Mittwochnachmittag auf dem Golfplatz gesehen würden und die Praxen deshalb zu seien, vergeht kaum eine Rede von Ärztefunktionären, darauf hinzuweisen.

Gassen sagte, dass er selbst „noch nicht viel Gelegenheit“ hätte, diesem „schönen Spiel zu frönen“. Mit der seitens des TSVG geplanten Einführung des § 94a könne sich das allerdings ändern. Viele Sitzungen des G-BA würden überflüssig. „Dann ist Zeit für den Golfplatz“, prophezeite Gassen. Zur Erinnerung: Der § 94a beinhaltet (als Formulierungshilfe für einen Änderungsantrag) die Verordnungsermächtigung zur Aufnahme von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden seitens des Bundesgesundheitsministeriums.

Im Mittelpunkt der Rede von Gassen stand, wie sollte es anders sein, das TSVG – vor allem die 25 festgelegten Sprechstunden in der Woche. „Der Löwenanteil“ der Ärzte würde schon heute mehr als 50 Wochenstunden arbeiten, so Gassen. Die Ankündigung von Spahn – Gassen nannte sie „politische Großszenarien“ – würde vor allem ältere Ärzte erschrecken. Sie würden darüber nachdenken, ihre KV-Zulassung ganz oder teilweise zurückzugeben. Gassen: „Die gehen auch nicht demonstrieren, sie hören einfach auf.“ Es gebe keine „Ersatzärzteschaft“, auch nicht im Krankenhaus, wo 5.000 Stellen nicht besetzt seien. Und mit der in Betracht gezogenen Rückholaktion von Ärzten sei es schwierig. Was fehle, sei Wertschätzung, wie in der Pflege auch, schob er noch nach. Gassen appellierte an Spahn, die Ärzte „als Verbündete“ zu betrachten. Staatsmedizin – dafür stehe niemand zur Verfügung. Die Selbstverwaltung funktioniere, Spahn möge dieser denn auch vertrauen, so Gassen. Denn, wenn die medizinische Versorgung auch nicht perfekt sei, sie sei finanzierbar, barrierefrei, evidenzbasiert.

Spahn, der an diesem Neujahrsempfang ein wenig erschöpft wirkte, schlug versöhnliche Töne an. Der G-BA entscheide „wahnsinnig viel und löst Konflikte auf“. Selbstkritisch gebe er zu, dass dies auch zur Wahrnehmung gehöre. Doch unter anderem beim Thema Fettabsaugung sei es schwer zu erklären, wenn der G-BA nach „drei, vier oder sechs Jahren“ immer noch nicht zu einer Entscheidung komme. Spahn: „Nach einer gewissen Zeit vermisst man hier auch das Vertrauen.“ Dazu gehöre auch die Gesundheitskarte, die „nach 14 Jahren immer noch keinen Mehrwert hat“.

Das Zauberwort von Spahn und immer wieder gern benannt: Debatte. Er sei ein großer Freund davon. Nur damit komme man „zu guten Entscheidungen“. Vorschläge sollten entstehen. Und dann will auch der Minister mal gelobt werden. Seit mehr als 20 Jahren sage ein Gesundheitsminister, wenn zusätzliche Leistungen erbracht würden, dann würde es auch bezahlt: „Es wäre schön, wenn dies auch wahrgenommen wird.“ Applaus.

Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Bundesärztekammer und zum letzten Mal in dieser Funktion auf dem Neujahrsempfang, verwies übrigens auf den Wunsch von Lauterbach, ob es für ihn nicht einen Stand mit vergoldetem Hummer gebe: Man wolle sich weit von Klischees halten, konterte Montgomery. Auch beim Golf müsse Montgomery übrigens passen. Er versprach Lauterbach einen Golfkurs bis zur Platzreife – „da, wo es wärmer ist“ –, wenn er bis zum Schluss durchhalte. An diesem Abend, so war zu vermuten. Ob er es geschafft hatte, blieb offen.

Beim Thema golfende Ärzte und vergoldeter Hummer ruderte Lauterbach übrigens vier Tage später per Twitter zurück: „Ich hatte Ärzten öffentlich vorgeworfen, dass der eine oder andere zu viel Golf spiele, statt Praxis offen zu halten. Daher das Gerede über Golf. Hummer esse ich nie. Auch dort nicht. Spott auf Twitter sollte ich wohl mäßigen.“

 

Redaktion / Fina Geschonneck


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