Lauterbachs „Transparenzoffensive“ für Krankenhäuser – eine Bürokratisierungsoffensive

Stephan Pilsinger MdB, fachpolitischer Sprecher der CSU-Landesgruppe für Gesundheitspolitik

Was er sich einmal in den Kopf gesetzt hat, das muss mit Biegen und Brechen umgesetzt werden. Nachdem Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach erkennen musste, dass er mit seiner Krankenhausreform nicht die Planungshoheit der Länder aushebeln kann, müssen die von ihm propagierten Level nun halt eine andere Funktion erfüllen: Statt ein Instrument der Krankenhausplanung wird das Level in dem von Lauterbach geplanten „Transparenzverzeichnis“ nun zum Hotelstern, der es – reisewütigen Touristen mit dem Reisekatalog in der Hand gleich – Patienten und Angehörigen künftig ermöglichen soll, über Qualität, Ausstattung und Personal an einem Krankenhaus informiert zu werden. Hört sich ja gut an.

Nur: Das haben wir längst. Schon heute haben wir im stationären Bereich eine sehr hohe Datenmenge und auch Datentransparenz. Diese Informationen werden bereits jetzt im Deutschen Krankenhausverzeichnis auf www.deutsches-krankenhaus-verzeichnis.de veröffentlicht und für die Nutzer anwendungsfreundlich aufbereitet. Sinnvollerweise hat das Bundesgesundheitsministerium bis zuletzt auf diese umfassenden und wertvollen Daten zurückgegriffen, um den Nutzern auf seinem Gesundheitsportal www.gesund.bund.de eine verlässliche Krankenhaussuche anbieten zu können. Dass der Kooperationsvertrag mit den Landeskrankenhausgesellschaften und der Deutschen Krankenhausgesellschaft vonseiten des Bundesgesundheitsministeriums just zum 30. Juni 2023 beendet und nicht verlängert wurde, lässt vor dem Hintergrund der schon vorher angekündigten Lauterbachschen „Transparenzoffensive“ durchaus aufhören.

 

Neues Transparenzverzeichnis nicht nachvollziehbar

Warum die Ampel nun ein neues „Transparenzverzeichnis“ mittels eines eigenen „Krankenhaustransparenzgesetzes“ schaffen will, ist mit Blick auf die bereits vorhandene Datenmenge und das sehr zuverlässige Deutsche Krankenhausverzeichnis nicht nachvollziehbar. Ein neues staatliches Online-Portal bedeutet nicht zwangsweise mehr Transparenz, sondern vor allem mehr Kosten, mehr Aufwand und mehr Bürokratie. Wenn die Bundesregierung schon in ihrem Gesetzentwurf schreibt, dass der bürokratische Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft (also vor allem für die Krankenhäuser selbst) und die Verwaltung „nicht abschließend quantifizierbar“ sei, so lässt das nichts Gutes erahnen – im Gegenteil: Hier werden Doppelstrukturen geschaffen, die den Staat und damit die Steuerzahler nicht nur Geld kosten (laut Gesetzentwurf ist „schätzungsweise von einmaligen Umsetzungskosten in Höhe von mindestens 100 000 Euro und jährlichen Umsetzungskosten von mindestens 250 000 Euro auszugehen“), sondern die vor allem dem ärztlichen und pflegerischen Personal an den Krankenhäusern, aber auch den dortigen Verwaltungsmitarbeitern noch mehr Dokumentationspflichten auferlegen, als sie ohnehin schon bewältigen müssen. Das kostet Zeit und Nerven, die das medizinische Personal sinnvollerweise am Patienten investieren sollte, nicht in den Datenpool eines völlig überflüssigen Transparenzverzeichnisses nach Lauterbachs Kopf.

Schaut man sich die Antwort der Bundesregierung vom 17. August 2023 auf eine von mir initiierte Kleine Anfrage der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zum Thema genauer an, entsteht beim geneigten Leser vielmehr Verwirrung als Transparenz. Einerseits schreibt die Bundesregierung, dass die nach ihrem Gesetzentwurf zu vergebenden Level nur Transparenzzwecken dienen würden und „weder eine krankenhausplanerische Auswirkung noch Auswirkungen für die Vergütung“ hätten. Andererseits würden durch die Level-Zuteilung „bundeseinheitliche Versorgungsstufen von Krankenhäusern mit ihren jeweiligen Voraussetzungen definiert“. Das wäre ein klarer Eingriff in die Planungshoheit der Länder und damit verfassungswidrig.

 

Ablenkung von echten Herausforderungen

Dass Lauterbach offenbar immer noch nicht ganz von seiner Idee einer bundeseinheitlichen Krankenhausplanung von Berlins Gnaden mittels seiner Geheimwaffe „Level“ abgekommen ist, ist höchst bedenklich. Entweder Lauterbach hat immer noch nicht verstanden, dass zig juristische Gutachten klar zu dem Ergebnis gekommen sind, dass er die Krankenhausplanung in Deutschland mit seinen Leveln nicht zentralistisch vornehmen darf, oder er ist so stur, dass er es nach dem Motto „Augen zu und durch“ weiterhin probiert. Beides wäre schädlich für die stationäre Versorgung in Deutschland und ein alarmierendes Signal, wie weit diese Bundesregierung in Gestalt ihres Gesundheitsministers von unserer Rechtsordnung und von der Realität entfernt ist.

Lauterbach, der sich gerne als Macher hinstellt, der nichts unter einer „Revolution“ verkauft, lenkt mit seiner „Transparenzoffensive“ also einmal mehr von den echten Herausforderungen der Gesundheitspolitik ab. Tatsächlich schafft er eine Bürokratisierungsoffensive, die wahren Probleme im Gesundheitswesen aber nicht ab. Die Finanzstabilität der Gesetzlichen Krankenversicherung, eine nachhaltig wirkende Krankenhausreform, die auskömmliche Finanzierung und personelle Absicherung der Pflege, die Sicherung der Arzneimittelversorgung, die Stärkung des Industrie- und Forschungsstandortes Deutschland, eine durchgreifende Digitalisierung unseres Gesundheitssystems, eine zukunftsfeste ambulante Versorgung oder die Fachkräftesicherung mit ärztlichem und pflegerischen Personal – das sind echte Herausforderungen, die Lauterbach mit seiner Ampel nun endlich anpacken muss. Die Zeit für unnötige Blendgesetze ist vorbei.


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