15.01.2025
Hausärzteempfang im Capital Club zwischen Frust und Hoffnung
















Der diesjährige Neujahrsempfang des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes ist in erster Linie von Frust geprägt. Die Entbudgetierung der Haus-, Kinder- und Jugendärzte ist nicht erreicht, das dafür notwendige Gesundheitsversorgungssstärkungsgesetz (GVSG) noch in den Schubladen des Parlaments.
Bundesvorsitzende Prof. Dr. Nicola Buhlinger-Göpfarth findet deutliche Worte bei ihrer Begrüßung. „Die Hausärzte sind tief enttäuscht.“ Die Ampelkoalition habe ihr Wort gebrochen. Ausgeblieben sei die dringend benötigte Entbudgetierung, dazu keine Entbürokratisierung und keine Stärkung der hausarztzentrierten Versorgung (HZV). Der Krise der hausärztlichen Versorgung habe die Politik drei Jahre beim Wachsen zugeschaut, die Ampel habe sich in „unendlichen Kleinstdebatten“ verloren. „Hätte man nicht monatelang über irgendwelche Gesundheitskioske gefachsimpelt, dann hätte man die Stärkung der hausärztlichen Versorgung längst beschließen können“, sagt Buhlinger-Göpfarth. Ihr Fazit: Auf die politisch Verantwortlichen könne man sich nicht verlassen. Verloren gegangenes Vertrauen müsse wiederhergestellt werden. Das GVSG müsse jetzt beschlossen werden. Zudem müsste die HZV forciert werden für mehr Steuerung und Innovation im Gesundheitswesen.
Bundesvorsitzender Dr. Markus Beier begrüßt, dass in den Wahlprogrammen der demokratischen Parteien die Hausärzte zumindest vorkommen würden. In der Vergangenheit sei dies nicht so gewesen. „Hier sind wir schon deutlich weiter.“ Die Vorhaben müssten jedoch umgesetzt werden. Aus diesem Grund habe der Verband gemeinsam mit den Kinder- und Jugendärzten und dem Verband medizinischer Fachberufe eine Petition gestartet. „Wir brauchen ein Sofortprogramm für die hausärztliche Versorgung“, betont Beier mit Stärkung der HZV, Entbudgetierung aller hausärztlichen Leistungen sowie bessere Finanzierung der Praxisteams.
Die Bundesvorsitzenden verweisen in ihrer Begrüßung auf ein Thema, das die Ärzte umtreibt. Hass und Hetze hätten im Land nichts zu suchen. Mit dem Beruf des Hausarztes sei man für die Patienten da, würden für Menschen einstehen und im Zweifelsfall auch vor ihnen. Die Demokratie müsse wieder an Vertrauen gewinnen. Menschenrechte seien nicht verhandelbar. Großer Applaus seitens der Gäste.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach schickt zum Neujahrsempfang seinen Staatssekretär Edgar Franke. Wahlkampf ist wichtiger, so heißt es. Franke kann sich in diesem Punkt zurücklehnen, er tritt für den Bundestag nicht mehr an. Die Entscheidung habe er bereits im Mai getroffen, sagt er. Franke versucht, die schlechte Stimmung bei den Hausärzten zu beschwichtigen. Die Entbudgetierung der Hausärzte gehöre zu den „wichtigsten Projekten, die wir nicht über die Ziellinie bringen konnten – jedenfalls bis jetzt“, betont er. Auch zur HZV stehe das BMG. Franke: „Man muss sehen, wie die Entwicklung ist; wir sind in verschiedenen Gesprächen.“
Der SPD-Politiker nennt weiter die Notfallreform, die es bis zum Gesetz nicht geschafft habe. An einer sinnvollen Patientensteuerung komme politisch niemand vorbei., fügt er hinzu. Gut sei, dass in dieser Legislatur keine Leistungen gekürzt worden seien. Einige „echte“ Strukturreformen seien auf den Weg gebracht worden, wie die Digitalisierungsgesetze oder die Krankenhausreform. Dringend notwendig sei eine Finanzreform der GKV: „Es kann nicht sein, dass GKV-Versicherte gesamtgesellschaftliche Aufgabe finanzieren. Das ist ungerecht und falsch.“ Große Herausforderungen würden anstehen, die nur gemeinsam bewältigt werden könnten. Ein Gast meint dazu: „Na, bisher hat das nicht wirklich geklappt.“
Und danach ist Zeit genug für Gespräche bei gutem Essen und vielfältigen Getränken. Wer kurz innehalten will, erfreut sich an dem Blick zum Französischen Dom auf dem Gendarmenmarkt, um kurz die Gesundheitspolitik zu vergessen.
Fina Geschonneck
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