Gewinne für Heilberufler?!

Gesundheitsökonomische Anmerkungen zu einem deutschen Tabuthema

Dr. Frank Diener, Generalbevollmächtigter der Treuhand Hannover GmbH Steuerberatungsgesellschaft

Wenn es um neue oder zusätzliche Leistungen im Gesundheitswesen geht, ist ziemlich schnell Konsens, dass „man“ sie haben will: Mehr Präsenzzeiten der Ärzte für die GKV-Versicherten, zahnärztliche High-End-Versorgung, umfangreiches Entlassmanagement der Krankenhäuser, das Handling der Rabattverträge durch  die Apotheker, von der Pharmaindustrie innovative Arzneimittel mit hohem Zusatznutzen, mehr Leistungen in der ambulanten und stationären Pflege und natürlich die alsbaldige durchgehende Digitalisierung aller Daseinsbereiche des Gesundheitswesens sind nur einige Beispiele. Doch wenn es um die Vergütung solch neuer und zusätzlicher Leistungen geht, werden die Lippen meist schmal: Das gängige Toleranzspektrum in Krankenkassen, Medien und Politik reicht dann von: „Das ist doch alles schon in die bisherigen Honorare eingepreist“ bis zu: „Wir akzeptieren maximal die Erstattung notwendiger Kosten.“ Anders gesagt: Kostenerstattung geht, wenn auch am liebsten nur teilweise. Aber: Gewinne für Heilberufler? Nö! Sie sind im Gesundheitswesen offenbar bei vielen Diskutanten zu einem Tabu geworden. Brechen wir es auf, sprechen wir es an!

Dass in einem marktwirtschaftlichen Umfeld, auch in einer sozialen Marktwirtschaft,  Gewinne für Unternehmer gesellschaftlich akzeptabel sind, steht grosso modo nicht in Frage. Die Chance zur Gewinnerzielung ist ein enorm bedeutsamer Motivationsmotor. Doch bei Gewinnen für Heilberufler werden selbst die Industrie- und Arbeitgeberverbände, die ansonsten nicht auf die Idee kämen, sie zu verteufeln, vorsichtig – und vermuten schnell die Verschleuderung von Sozialversicherungsbeiträgen, die ihre Umsatzrendite schmälern. Ist das Gesundheitswesen in Sachen Unternehmensgewinn etwa ein Ausnahmebereich? Werfen wir deshalb einen Blick auf das ordnungspolitische Setting, in dem die heilberufliche Tätigkeit erfolgt, ehe wir auf das Thema eingehen, ob Heilberuflern für ihre Berufsausübung nur Kostenerstattung oder auch Gewinne zustehen.

 

Ordnungspolitische Grundlagen beim Design von Systemen

Die Leistungserbringung durch Ärzte und Zahnärzte, Apotheker, die diversen Pflegeberufe, Krankenhäuser und Pflegeheime, Gesundheitshandwerker, wie Optiker und Hörgeräteakustiker erfolgt in einem besonderen und deshalb auch besonders reguliertem Umfeld – nicht nur in Deutschland, sondern auch in praktisch allen anderen entwickelten Staaten der Welt. Warum entscheiden sich Länder bei ihren Gesundheitswesen für besondere Systemregulierungen, für spezifische governance structures?

Selbstverständlich könnte ein Staat sein Gesundheitswesen – entsprechend der neoklassischen volkswirtschaftlichen Doktrin – auf der Basis des reinen Marktmechanismus organisieren. Die notwendigen Erfolgsbedingungen für den reinen Marktmechanismus sind:

  • Ausschließlich Anbieter (z. B. der Arzt) und Nachfrager (der Patient) regeln den Preis.
  • Es gibt keinerlei räumliche, persönliche, zeitliche Präferenzen zwischen Anbietern und Nachfragern.
  • Es herrscht symmetrische Information zwischen allen Akteuren.
  • Alle Akteure verhalten sich wie der idealtypische „homo oeconomicus“.
  • Es gibt nur „one shot contracts“ unter Spotmarktbedingungen, keine längerfristigen Vertragsbeziehungen.
  • Es gibt nur eine minimale staatliche, aber keine branchenspezifische Regulierung, d. h. es wird ein Rechts- und Geldsystem bereitgestellt.

Doch sind diese Bedingungen bei der „Versorgung im Krankheitsfall“ gegeben? Wohl kaum. Kein entwickelter Staat wagt es, sich beim Design seines Gesundheitswesens für den puren Marktmechanismus zu entscheiden. Warum? Die Menschen reagieren hypersensibel auf Probleme oder Bedrohungen im Gesundheitssystem. Wer als Gesetzgeber den Marktmechanismus benutzt, ohne dass dessen Erfolgsvoraussetzungen erfüllt sind, muss – so der terminus technicus –Marktversagen in Kauf nehmen, muss also für sein Land Phänomene wie unkontrollierte Monopole oder Oligopole mit einseitig diktierten Preisen und Produktqualitäten, eingeschränkte Verfügbarkeiten bis hin zur Nichtversorgung, ineffiziente Ressourcenallokationen und nicht zuletzt Täuschung, Irrtümer, Überforderung von Verbrauchern hinnehmen. Das scheut der Gesetzgeber aus gut nachvollziehbaren Gründen.

Das ordnungspolitische Gegenmodell zur neoklassischen Doktrin ist die Institutionenökonomik, deren Vertreter seit Jahren die Wirtschaftsnobelpreise einheimsen. Sie verfolgt den Grundsatz, nicht den Marktmechanismus um jeden Preis zu benutzen, sondern Marktversagen zu vermeiden, indem die besonderen Spezifika des jeweiligen Marktes mit einer adäquaten branchengerechten Regulierung berücksichtigt werden.

Was sind die Spezifika der Gesundheitsversorgung? Im Wesentlichen lassen sich drei fundamentale Besonderheiten herausstellen:

  • Patientenbesonderheit: Patienten haben ein krankheitsbedingtes Handicap, das mehr oder weniger stark ausgeprägt sein kann, aber keinesfalls ignoriert werden darf. Es führt zwangsläufig zu zeitlichen, räumlichen und personellen Präferenzen, zu langfristigen Beziehungen zwischen dem Patienten als principal und dem Leistungserbringer als seinem agent. Die Situation zwischen dem Patienten und seinen Heilberuflern ist im Unterschied zu anonymen Spotmarktsituationen grundsätzlich außergewöhnlich.
  • Produktbesonderheiten: Über die Produkte und Dienstleistungen, die im Krankheitsfall zur Verfügung stehen, herrscht zwischen den Anbietern auf der Leistungserbringerseite und den Nachfragern auf der Patientenseite asymmetrische Information. Seien es die diagnostischen Möglichkeiten oder therapeutischen Konzepte – es handelt sich um hochspezifische Nicht-Laien-Produkte, zu denen der Patient anders als bei Produkten und Dienstleistungen des alltägliche Gebrauchs keine „experience“ hat, um mit dem Anbieter auf Augenhöhe interagieren zu können.
  • Versicherungsbesonderheiten: Alle entwickelten Staaten überlassen die Gesundheitsversorgung nicht einfach den Bürgern selbst, sondern designen mehr oder weniger komplexe Versicherungssysteme. Damit wird aber aus dem simplen Zwei-Personen-Spiel des vollständigen Marktes ein komplexes Multi-Personen-Spiel – neben dem Patienten und dem Leistungserbringer ist die Versicherung nun dritter Akteur. Die resultierende Komplexität ist einfach zu verdeutlichen: Derjenige, der beispielsweise das Arzneimittel für den Patienten auswählt, bekommt es nicht und er bezahlt es auch nicht. Derjenige, der das Arzneimittel bezahlt, hat es nicht ausgewählt und bekommt es auch nicht. Und derjenige schließlich, der das Arzneimittel bekommt, hat es weder ausgewählt, noch bezahlt er es.[1] In Gesundheitssystemen auf Versicherungsbasis sind wechselnde Koalitionen zwischen den drei Akteuren möglich und normal.

Zusammengenommen veranlassen diese drei Spezifika jeder modernen Gesundheitsversorgung alle entwickelten Staaten zu branchenspezifischen Regulationen. Wenig überraschend, dass das Ausgestaltungsspektrum dabei enorm ist.

 

Ordnungspolitische Spezifika des deutschen Modells: Freiberuflichkeit in einem korporierten Gesundheitssystem

Zu diesen Spezifika kommen weitere, allgemeinere entwicklungshistorische,  kulturelle Momente der jeweiligen Gesellschaft, die bei realistischer Betrachtung beim Design des Gesundheitswesens nicht ignoriert werden können.

So ist vom hippokratischen Eid über das Edikt des Stauferkaisers Friedrich II zur beruflichen Trennung von Arzt und Apotheker bis hin zur heutigen Form der Verkammerung der Heilberufe die Freiberuflichkeit ein prägendes Designelement des deutschen Gesundheitswesens. Sei es der niedergelassene Arzt, sei es der niedergelassene Apotheker – die ethische Verpflichtung, den Beruf zum Wohl des Patienten auszuüben, hat einen besonderen, in der Gesellschaft über Jahrhunderte verankerten Stellenwert.

Begonnen im Mittelalter, aufgegriffen von Bismarck und verstärkt in der Weimarer Republik hat sich der Korporatismus als ein zweites prägendes Designelement des deutschen Gesundheitswesens etabliert. Mit der Verbändestruktur ist die Nachfrager- und Anbieterseite, wie GKV-Spitzenverband, BÄK/KBV, DKG, ABDA/DAV, klar strukturiert. Spätestens seit  den Kostendämpfungsgesetzen ab Mitte der 1970er Jahre hat der Gesetzgeber diese Struktur für seine Gesundheitspolitik genutzt, indem er die Verbände der Anbieter- und Nachfragerseite dadurch zu „beliehenen Unternehmern“ machte, dass er ihnen spezifische gesetzliche Aufträge erteilte, die sie wiederum auf ihre Mitgliedschaft herunter zu brechen haben: beispielsweise bi- oder trilaterale Rahmen- und Detailverträge abzuschließen, bestimmte Einsparziele zu erreichen, ja sogar, neue hybride Anbieter-Leistungserbringer-Institutionen wie z.B. den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) oder die gematik GmbH zu gründen. Und für den Fall, dass es die Verbände mit der Umsetzung der ihnen auferlegten Aufträge nicht hinbekommen, ist ein mittlerweile weitgehend durchgestyltes Schiedsstellenwesen bis hin zur ministeriellen Ersatzvornahme etabliert worden, so dass im Ernstfall anstelle der Verbände eine Entscheidung und Umsetzung stattfinden kann.

Für den einzelnen Arzt in seiner Praxis oder den Apotheker in seiner Apotheke findet damit die heilberufliche Tätigkeit in einem besonderen ordnungspolitischen Setting statt, dem er sich – wenn er seinen Beruf in Deutschland ausüben will – nicht entziehen kann. Er ist aber nichtsdestoweniger auch Unternehmer und damit zugleich auch noch in einem weiteren Setting, in dem normale betriebswirtschaftliche Fakten hohe Relevanz haben.

 

Kostenerstattung oder Gewinne für Heilberufler?

Die Frage, die sich stellt: Dürfen Heilberufler, die in ganz besonderer Weise dem Patientenwohl verpflichtet sind, in einem hochregulierten Gesundheitssystem in ihrer Berufsausübung mit ihren Arztpraxen und Apotheken Gewinne machen? Sind Gewinne bei Heilberuflern unanständig? Sind die Heilberufler in ihrer Unternehmerschaft unausgesprochen dem Altruismus verpflichtet? Selbst die Berufsorganisationen der freien Heilberufe tun sich angesichts des medialen neidgesteuerten Umfeldes, in dem die Diskussion stattfindet, schwer damit, offen zu fordern, dass ihre Mitglieder so vergütet werden, dass ihre Betriebe mit betriebswirtschaftlichem Gewinn arbeiten.

Das Thema ist heikel. Wenn es um EBM oder BEMA, GOÄ oder GOZ oder die AMPreisV geht, wird allenthalben das Kostenerstattungsprinzip proklamiert. Ein aktuelles Beispiel aus dem Apothekenbereich: Iris an der Heiden von 2hm & Associates, die für das Bundeswirtschaftsministerium ein Gutachten zur Anpassung der Apothekerhonorierung erstellt hat, interpretiert die Rechtslage des § 78 AMG so, dass 2004 in der AMPreisV die Apothekervergütung ausschließlich auf Kostenerstattungsbasis hätte festgesetzt werden dürfen.[2] Der Wortlaut des § 78 AMG besagt jedoch, dass lediglich die Anpassung der Apothekervergütung „entsprechend der Kostentwicklung der Apotheken bei wirtschaftlicher Betriebsführung“ zu erfolgen habe – die initiale Festlegung durch das Bundeswirtschaftsministerium war überhaupt nicht auf das Kostenerstattungsprinzip beschränkt.

Die Protagonisten des Kostendeckungsprinzips bei der Vergütung der freien Heilberufe tun sich sogar schon schwer, alle betriebswirtschaftlich relevanten Kosten zu berücksichtigen und beschränken sich dabei gerne auf die steuerlich abzugsfähigen Kosten. Gerne werden auch lediglich die Tarifgehälter und nicht die marktbedingt notwendigen, höheren Effektivgehälter berücksichtigt.

Noch subtiler wird es, wenn dem freien Heilberufler nur noch Teile der Kosten erstattet werden sollen. Iris an der Heiden von 2hm & Associates hat in ihrem bereits oben angesprochenen Gutachten zur Apothekerhonorierung ein Modell entwickelt, in dem zunächst die Gesamtkosten der Apotheken anhand der Packungen in einen rezeptpflichtigen und einen nicht-rezeptpflichtigen Teil zerlegt werden und dann die RX-Vergütung der Apotheker so justiert wird, dass nur der durch die RX-Packungen „verursachte“ Teil erstattet wird. Damit wird aber verkannt, dass eine Kostenzuordnung  ausschließlich anhand des Kriteriums Packungen dazu führt, dass packungsunabhängige Kosten völlig unberücksichtigt bleiben.

Betriebswirtschaftlich ist völlig klar, dass beispielsweise eine Bank, ehe sie dem freien Heilberufler seine Arztpraxis oder seine Apotheke mit einem Darlehen in sechsstelliger Höhe die Existenzgründung finanziert, sich einen Businessplan vorlegen lässt. Wenn dieser nur die Deckung der steuerlich abzugsfähigen Kosten ausweist, wird sie die Darlehensgewährung ablehnen. Sie erwartet vom Heilberufler wie von anderen Unternehmern, dass die Gewinn- und Verlustrechnung des Existenzgründers nicht nur die steuerlich absetzbaren, sondern auch die kalkulatorischen Kosten abdeckt und zusätzlich ein akzeptabler Gewinn ausgewiesen wird. Es genügt also keinesfalls, nur auf das steuerliche Betriebsergebnis zu schauen, vielmehr muss das einige Zeilen darunter liegende, sondern das betriebswirtschaftliche Betriebsergebnis fokussiert werden: Das ist der betriebswirtschaftliche Gewinn.

 

Umsatz
./. Wareneinsatz
./. Personalkosten (ohne Inhaber)
./. Raumkosten (jedoch nicht für Räume, die dem Inhaber gehören)
./. Fremdkapitalzinsen
./. sonstige Betriebskosten
steuerliches Betriebsergebnis        
./. kalkulatorischer Unternehmerlohn
./. kalkulatorische Miete
./. kalkulatorische Eigenkapitalverzinsung
______________________________________________________________
betriebswirtschaftliches  Betriebsergebnis

 

Bei Personengesellschaften – und das ist die einzige Rechtsform, in der die freien Heilberufler Arzt und Apotheker ihre niedergelassene Tätigkeit ausüben können – sind steuerlich nur die direkten Kosten abzugsfähig. Für die profunde betriebswirtschaftliche Analyse ist jedoch eine umfassendere Sicht notwendig. Um einen Vergleich mit Betrieben zu bekommen, die in der Rechtsform von Kapitalgesellschaften betrieben werden (z. B. weil man eine Gemeinschaftspraxis mit einem MVZ vergleichen, weil man den Firmenwert ermitteln oder weil man eine bisher inhabergeführte Apotheke in eine Filiale umwandeln möchte), müssen zwingend zusätzlich die sog. kalkulatorischen Kosten (Opportunitätskosten für den Unternehmer, für sein im Unternehmen gebundenes Eigenkapital sowie für von ihm dem Unternehmen bereitgestellte eigene Räume) berücksichtigt werden. Hierzu dienen über alle Branchen hinweg die maßgeblichen Standards des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW).

Bei einigen Protagonisten ist zunehmend die Grundlinie erkennbar, den Heilberuflern bei Vergütungsanpassungen lediglich „Kostendeckung“ zu gestatten  – frei nach dem Motto: „Wenn unterm Strich für den niedergelassenen Arzt ein Krankenhausoberarztgehalt oder für den niedergelassenen Apotheker ein Krankenhausapothekenleitergehalt als steuerliches Betriebsergebnis herauskommt, dann muss das genug sein.“ Wenn jedoch – mit Duldung oder gar aktiver Unterstützung des Gesetz- und Verordnungsgebers – die Vergütungen der freien Heilberufe auf solche Weise angepasst werden, werden die betriebswirtschaftlichen Betriebsergebnisse und Umsatzrenditen der Ärzte, Zahnärzte und Apotheker systemisch auf null gedrückt.

Das deutsche Gesundheitswesen mit seinen freien Heilberufen und korporatistischen Verbändestrukturen ist auf besondere und vielfältige Weise reguliert. Doch es wäre eine ordnungspolitische Sackgasse, den freien Heilberufler, dem niedergelassenen Arzt, Zahnarzt und Apotheker, durch ein entsprechendes Systemdesign sukzessive zu einem No-profit-Unternehmen gestalten zu wollen. Der zuweilen geäußerte Hinweis, dass ein niedergelassener Heilberufler nur bis zum Tarifgehalt eines Krankenhausarztes oder Krankenhausapothekers in der Lage sei, seinen Beruf in Harmonie mit den ethischen Ansprüchen auszuüben, sollte in einer seriösen Diskussion unterbleiben.

 

Fazit

Betriebe, deren betriebswirtschaftliches Betriebsergebnis und deren Umsatzrendite den Wert null haben, haben keinen Firmenwert. Sie haben kein Investitionspotenzial, bekommen keinen Bankkredit. Sie sind für neue Inhaber nicht attraktiv, denn sie sind unter kaufmännischen Aspekten nicht wirtschaftlich überlebensfähig. Man mag ja darüber streiten, wie hoch ein angemessenes Betriebsergebnis für einen Heilberufler sein mag. Es müssen keine zweistelligen Umsatzrenditen sein, aber null geht nicht. Die Neuformulierung oder Anpassung von EBM, BEMA, GOÄ, GOZ und AMPreisV stehen bei den akademischen Heilberufen an. Eine wichtige Frage dabei wird sein, ob den freien Heilberufen auch angemessene betriebswirtschaftliche Gewinne zugestanden werden.

Es gibt keine ökonomische Rechtfertigung dafür, den Heilberufen unter Verweis auf ihre ethische Verantwortung einen Gewinnverzicht aufzuerlegen.

Ein striktes Kostendeckungsprinzip wäre fatal. Es würde bei der Vergütung der Heilberufler de facto ein Gewinnverbot für freie Heilberufe bedeuten. Ordnungspolitisch wäre es geradezu aberwitzig, wenn durch die Verwendung eines solchen strikten Kostendeckungsprinzips ganze Leistungsbereiche des Gesundheitswesens so honoriert würden, dass die Firmenwerte systemisch auf null gestellt werden. Perspektivisch würden solche Bereiche aus dem Wirtschaftsleben komplett verschwinden. Und auch die Versorgung, die wir eigentlich mal wollten.

 

[1] Dass der  GKV in Deutschland vom Gesetzgeber früher nicht zulässige Ausschreibungen (z.B. zu sog. Rabattvertragsarzneimitteln) erlaubt worden sind, ist ein Beleg für den Versuch, diese originäre Versicherungsbesonderheit regulativ in den Griff zu bekommen.

[2] Vgl. zur Diskussion dieses Gutachtens: Robert Paquet, Apothekenvergütung kontrovers, BMWi-Gutachten zur AMPreisV, Observer Gesundheit, 18.4.2018; Frank Diener, 2hm-Gutachten zur Apothekerhonorierung, Eine ökonomische Replik auf die politische Analyse von Robert Paquet vom 18.4.2018, Observer Gesundheit, 3.5.2018, ISSN (Online) 2569-2445.


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