17.04.2018
Frühlingsempfang der Deutschen Krankenhausgesellschaft
Der Auftakt für die erste Rede vom nicht mehr ganz frischgebackenen Bundesgesundheitsminister Jens Spahn vor großem Gesundheitspublikum konnte nicht besser gewählt sein – das Frühlingsempfang der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) am 17. April bei wahrlich fast sommerlichen Temperaturen, guter Stimmung und hoher Besucherzahl. Und die gesundheitspolitische Prominenz war reichlich vertreten. Fast 40 Bundestagsabgeordnete hatten sich angemeldet, der Bundesgesundheitsminister kam mit seinen Staatssekretären und Abteilungsleitern, einschließlich Pflegebevollmächtigtem und Patientenbeauftragtem der Bundesregierung. Und die 600 Gäste waren vor allem eins – gespannt auf die Rede von Jens Spahn.
Und die hatte es in sich. Spahn kennt man als Politiker der klaren Worte, die wählte er wohl überlegt und sie verfehlten nicht die Wirkung: Gelobt wurde zuerst die Arbeit in den Krankenhäusern. Das Rückgrat der Versorgung, wie er sagte. Selbstverständlich werde die Versorgung an 365 Tagen rund um die Uhr wahrgenommen. Die Wertschätzung dürfe hier nicht vergessen werden, die Mitarbeiter leisten ganze Arbeit. Deutschland habe ein gutes Gesundheitswesen, das einem erst bewusst werde, wenn man einige Zeit im Ausland gelebt habe. Doch an zu vielen Stellen hake es, wenn es beispielsweise in der Nachtschicht zu wenige Pflegekräfte gebe. In den 16 Jahren Gesundheitspolitik, die der CDU-Politiker erlebt habe, seien die Zeiten sehr unterschiedlich gewesen. Spahn erinnerte an die Jahre 2003/2004. Fünf Millionen Arbeitslose, riesige Defizite in der Krankenversicherung. Die Zuschüsse für die Brille seien aus dem Leistungskatalog genommen worden, die Praxisgebühr und Zuzahlungen im Krankenhaus wurden eingeführt. Sein Credo: „Vor dem Verteilen kommt das Wirtschaften.“ Doch es gehe nicht nur um ein Mehr, sondern auch um ein Besser in den Strukturen.
Fünf Punkte stehen jetzt auf der Agenda des Bundesgesundheitsministers. Die Stärkung der Pflege und dabei solle der Koalitionsvertrag mit Leben erfüllt werden. Das Stichwort: Personaluntergrenzen. Ein Gesetz werde es dazu geben. Die Selbstverwaltung sei gefordert. Bis Mitte des Jahres erwartet Spahn einen Vorschlag. „Entscheiden Sie lieber, bevor wir entscheiden“, formulierte Spahn, und kurz hörte man ein Raunen im Saal. Die neue Ausbildungs- und Prüfungsverordnung zum Pflegeberufegesetz sei auf dem Weg, die vollständige Refinanzierung der Pflege nicht in Frage gestellt. Rund um den Monatswechsel kündigte der Minister Eckpunkte an – Beifall.
Die flächendeckende Versorgung in guter Qualität sei ein weiteres Thema mit hoher Priorität. Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe werde eingesetzt für die Erarbeitung eines abgestuften Konzeptes mit Schwerpunktbildung für gewisse Bereiche.
Investitionsfinanzierung von Krankenhäusern – ein leidiges Thema für jede Klinik. Die Länder kommen ihrer Verpflichtung nicht nach. Im Koalitionsvertrag steht dazu kein Wort. Spahn muss es dennoch erwähnen. Der Anteil der Investitionsfinanzierung seitens der Länder sei überschaubar. Ein Teil komme deshalb aus den Fallpauschalen, also von den Kassen. Die Frage sei, was zu Lasten der Pflege für Investitionen aufgewendet wurde. So richtig verstehen kann das der Bundesgesundheitsminister nicht, denn lediglich Bremen und Nordrhein-Westfalen würden derzeit rote Zahlen schreiben. Eine Debatte wolle man mit den Ländern führen – kein neuer Vorschlag und ein leichtes Schmunzeln bei dem einen oder anderen. Um in den Ländern Anreize zu setzen, werde der Strukturfonds von derzeit drei auf vier Milliarden Euro erhöht.
Kritische Worte an die Selbstverwaltung bei der eGK. Das Bundesgesundheitsministerium mache jetzt eine Bestandsaufnahm, wo man nach 14 Jahren hier stehe. Dafür lasse er sich Zeit: „Auf die sechs Wochen kommt es nun auch nicht mehr an“, so Spahn. Dann werde entschieden; „es muss schnell etwas auf die Bahn“. Gesucht würden Krankenhäuser, die diesen Weg mitgehen. Die Worte und Sätze von Spahn waren markig: anpacken, ein großer Fan der Selbstverwaltung, wenn sie funktioniert, werde nicht einfach zusehen, müssen über Maßnahmen reden, es geht darum, schnell zu liefern.
DKG-Präsident Dr. Gerald Gaß versprach es. In seiner Eingangsrede verwies er jedoch, dass die vollständige Ausfinanzierung der Pflegepersonalkosten aus den DRG nicht ausreiche, das müsse für alle Berufsgruppen gelten. Klare Regelungen seien erforderlich, damit das Geld in den Budgets der Krankenhäuser auch ankomme. Man reiche dem Bundesgesundheitsminister die Hand, um an einem neuen Finanzierungssystem zu arbeiten. Auch die Klinikstruktur gehöre dazu: „Gesundheitsvorsorge und Kliniken sind Daseinsvorsorge“, sagte Gaß. Im Klartext: Es sei eine gesellschaftspolitische Frage, welche Strukturen man sich leisten wolle. Fehlende Investitionsfinanzierung seitens der Länder sieht Gaß sehr kritisch. Im Koalitionsvertrag stehe, dass der Bund an anderer Stelle Investitionen mittragen wolle. Da müsse es auch im Bereich Krankenhausfinanzierung zu nachhaltigen Lösungen mit den Ländern kommen. Ein Herzensanliegen sei ihm das Thema Vertrauen und Misstrauen. Die „Kontrollwut“ habe ein Ausmaß erreicht, das nichts mehr mit Aufdecken tatsächlicher Missstände zu tun haben. Menschen müssten weiter mit Freude im Gesundheitswesen arbeiten können.
Das Duo Nuevo, die zu Beginn der Veranstaltung den doch verlockenden Titel „Bei mir bist Du schön“ unter anderem zum Besten gaben, und auch für einen launigen Ausklang sorgten, entließ die Gäste zu Gesprächen, die bis zu Diskussionen reichten. Stoff gab es reichlich: nicht nur für diesen Abend, sondern auch für kommenden Wochen und Monate.
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