Elektronische Patientenakten-Lösungen als Katalysatoren der Digitalisierung in der Gesundheitsbranche

Forderungen aus Sicht eines IT-Unternehmens

Ronald Fritz, Partner und Leader IBM eGA/ePA, IBM Global Business Services

Die digitale Transformation im Gesundheitswesen in Deutschland startete nicht erst in dieser Dekade. Bereits in den 2000er Jahren gab es Ansätze zur Ablösung des papiergebunden Dokumenten- und Datenaustausches zwischen Ärzten, Leistungserbringern, Versicherungsunternehmen und Versicherten/Patienten in Deutschland.

So etablierte sich beispielsweise eine zentrale Austauschplattform, der Insurance Service Hub, mit der täglich tausende Abrechnungsdokumente digital und verschlüsselt ausgetauscht werden konnten. Diese wurde damals von IBM im Auftrag mehrerer Versicherungsunternehmen entwickelt. Ein Beispiel: Im Kontext des Arzneimittel-Neuordnungsgesetzes konnten umfangreiche Medikament-Informationen von Apothekenrechenzentren den PKV-Unternehmen bereitgestellt werden.

Auch die digitale Kommunikation von Versicherten und Beihilfeempfängern mit ihrer Krankenkasse zur Einreichung von AU-Bescheinigungen, Rechnungen oder Formularen wurde bereits damals sicher und unter Nutzung mobiler Anwendungen ermöglicht.

 

Minimalkonsens bei Anforderungen an ePA

Die jetzt mit dem am 11. Mai 2019 in Kraft getretene Regelung des TSVG zur verpflichtenden Einführung von elektronischen Patientenakten bis Januar 2021 führt diesen Gedanken konsequent weiter. Neben dem Minimalkonsens hinsichtlich der Anforderungen an eine ePA aus den Gesichtspunkten Interoperabilität, Sicherheit und Nutzbarkeit liegt es auf der Hand, die Plattform auch mit Mehrwertdiensten für die Beteiligten des Ökosystems zu erweitern, wenn Versicherte dies wünschen. Hier zeigen sich zahlreiche Differenzierungsmerkmale im Wettbewerb der Krankenkassen sowie auch weiterer Anbieter im erweiterten Gesundheitsmarkt.

Seitens IBM legen wir hier besonderes Gewicht auf Dienste wie die hochsichere Datenhaltung von Versichertendokumenten in Deutschland, Fachservices wie die semantische Analyse von Diagnosetexten, aber auch Speziallösungen für einzelne Parteien im Verbund der Marktteilnehmer der Gesundheitsbranche. Ein gutes Beispiel ist die automatisierte Verarbeitung aller Posteingangsdokumente von Versicherungsunternehmen.

Mittlerweile hat sich die Gesundheitsplattform der IBM als ein zentrales Serviceelement im deutschen Gesundheitsmarkt etabliert. Wir stellen hier unter anderem die elektronische Gesundheitsakte (eGA) sowie die elektronische Patientenakte (ePA) für Bürger, Krankenversicherungen und Ärzte bereit.

Drei Elemente zeichnen diese Plattformservices aus:

  • die sichere, verschlüsselte Datenhaltung in Deutschland für eine lebenslange Akte,
  • die Bereitstellung eines wachsenden Portfolios an fachlichen Services, wie z.B. personalisierte Impf- und Vorsorgeempfehlungen, digitale Anamnese oder Cross-Medikationschecks
  • die umfangreiche und standardisierte Vernetzung mit vielen Partnern im Gesundheitswesen, sei es mit Krankenhäusern über IHE-Infrastrukturen, mit Arztpraxen über KV-Connect oder zukünftig über die Nutzung der Telematikinfrastruktur (TI).

Abstrahiert man von der konkreten Fachlichkeit, so lassen sich Aktenlösungen als Microservices-Plattform definieren, die die Offenheit hinsichtlich der Einbindung von Services und Servicepartnern als ein wichtiges Designprinzip umsetzen können sollten.

 

Sichere Systemumgebung auch für Drittanbieter

Wir sehen es als notwendig an, für die Differenzierung im Markt hier Services aus der Geschäftsprozesswelt diverser Geschäftskunden und Versicherungsunternehmen anzubieten und gleichzeitig Drittanbietern eine sichere, skalierbare und hochverfügbare Systemumgebung zur Verfügung zu stellen.

Aus Ökosystemsicht sollten sich in der Folge plattformbasierte Geschäftsmodelle ableiten lassen, die Versicherte ansprechen, echte Mehrwerte bieten und sich über Transaktionsvolumina, die aktive Nutzung von Services oder Allokation von Ressourcen definieren lassen können.

 

Lösungen sollten cloudbasiert sein

Technisch gesehen sollten Plattformen so aufgebaut sein, dass sie zudem als zentrale, cloudbasierte DevOps-Umgebung zur beschleunigten Herstellung von Services, Lösungen und mobilen bzw. portablen Anwendungen zur Verfügung stehen können.

Solche Plattformen sollten damit allen Teilnehmer im Gesundheitsmarkt zur Verfügung stehen, die in ihrer Systemlandschaft keine eigene, moderne Entwicklungs- und Testumgebung vorhalten können.


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