Eine neue Krankenhausplanung ist nötig – gleichzeitig müssen Strukturen im ländlichen Raum erhalten bleiben

Erwin Rüddel MdB, Vorsitzender des Ausschusses für Gesundheit des Deutschen Bundestages

Seit Jahren gibt es mit Blick auf unsere Krankenhäuser deutliche Fehlentwicklungen. Hauptgrund ist die permanente Unterfinanzierung der notwendigen Investitionen seitens der Bundesländer, aber auch falsche Anreize im Gesundheitssystem und mangelnde Planungskompetenzen der Länder tragen zu diesem Sachverhalt bei. Die Investitionsförderung kann nicht losgelöst von der Krankenhausplanung betrachtet werden. Ein Vorschlag zur strukturellen Verbesserung der bisherigen Finanzierung von Krankenhausinvestitionen muss sich deshalb zwingend auch mit der Krankenhausplanung befassen.

Um ihre Existenz zu sichern, erbringen Krankenhäuser immer häufiger Leistungen, die mit „Überversorgung“ eher beschönigend beschrieben sind. Die jahrelange Unterfinanzierung durch die Länder und die existenzielle Not vieler Kliniken führen zu unnötigen Eingriffen, die man im Einzelfall durchaus als Körperverletzung am Patienten bewerten könnte. Immer mehr Krankenhäuser erbringen aus Geldsorgen immer komplexere Operationen in beängstigend geringer Fallzahl. Denn die Krankenhäuser haben häufig gar keine andere Wahl, als ihre Investitionen aus der Betriebskostenfinanzierung durch die Krankenkassen quer zu subventionieren. Dadurch fehlen diese Mittel aber bei der Behandlung und – insbesondere – der Pflege der Patientinnen und Patienten, für die sie eigentlich gedacht sind. Diese Zweckentfremdung geht also eindeutig zu Lasten der Patientinnen und Patienten.

Bemerkenswert ist auch das Auseinanderdriften in der Entwicklung der Anzahl der Ärzte und der Pflegekräfte im Krankenhaus. Während im Pflegebereich seit Jahren Einsparungen an der Tagesordnung sind, werden immer mehr Ärzte benötigt, um Einnahmen zu generieren. Mit der Einführung eines Pflegebudgets durch den Bundesgesetzgeber wird diese Entwicklung zumindest für die Pflege eingebremst, was aber für die finanziellen Nöte der Krankenhäuser insgesamt keine Lösung bringt.

 

Vorschläge zur Neuordnung der Krankenhausplanung

Damit unsere Krankenhäuser nicht in den Ruin getrieben werden, ist eine aktive, kompetente Krankenhausplanung durch die Länder unverzichtbar. Sie sollte vom Gedanken getragen sein, in Ballungszentren durchaus die Anzahl der Krankenhäuser zu reduzieren und in den ländlichen Regionen eher auch kleine Krankenhäuser zu erhalten und durch Vernetzung von Kompetenzen, Digitalisierung und Spezialisierung eine gute Versorgungsqualität zu bieten.

Gerade im ländlichen Raum müssen Krankenhäuser für die ambulante Leistungserbringung weiter geöffnet werden und es muss eine sektorenübergreifende Planung stattfinden. Länder und kassenärztliche Vereinigungen sind aufgerufen, eng zusammenzuarbeiten, um weiterhin eine flächendeckende Versorgung sicherzustellen. Neben der generellen Erreichbarkeit kommt es dabei vor allem auf die Notfallversorgung und die stationäre Grundversorgung an.

Ambulante und stationäre Versorgung weisen derzeit immanente Schwächen auf. Wir müssen vom Patienten her denken. Die Länder verweigern nicht nur notwendige Mittel, sondern stellen mit ihrer Krankenhausplanung auch nicht eine durchgehend hohe Qualität der Versorgung sicher. Deswegen wäre es klug, zunächst mit einer profunden Krankenhausplanung zu starten, wobei diese von Beginn an sektorenübergreifend angelegt sein muss. Im Hinblick auf eine wirtschaftliche Krankenhausversorgung sollte auch das Ziel der Standortkonzentration mit Nachdruck verfolgt werden; regionale Doppel- und Mehrfachstrukturen in unmittelbarer räumlicher Nähe sind abzubauen. Gleichzeitig sollten den Krankenhäusern mehr Versorgungsmöglichkeiten, z.B. in der Geriatrie oder der stationären Intensivpflege von Wachkoma- oder Beatmungspatienten, eingeräumt werden.

Da die Länder schon derzeit ihre jeweilige Krankenhausplanung nicht auskömmlich finanzieren, werden die finanziellen Herausforderungen bei einer Planung im obigen Sinne nochmals deutlich steigen. Um den Herausforderungen der Zukunft gewachsen zu sein, müssen die Krankenhäuser entsprechend finanziert werden.

 

Gründung eines Planungsinstituts unter Beteiligung der Krankenkassen

Die Länder müssen endlich ihren gesetzlichen Verpflichtungen zu einer ausreichenden Investitionsfinanzierung nachkommen. Zudem scheinen Ressourcen im Bereich der Krankenhausplanung zu fehlen. Eine Institutionalisierung im Sinne eines Planungsinstituts erscheint zweckmäßig. Da die Krankenkassen bereits heute durch Mengenausweitung de facto die fehlenden Investitionsmittel der Bundesländer ausgleichen, könnte man die Krankenkassen auch direkt und verbindlich an den Investitionsentscheidungen beteiligen. Das würde Finanzierungssicherheit für die Krankenhäuser und mehr Versorgungs- und Qualitätssicherheit für die Patienten bedeuten. Finanzierung und Planung könnten zusammengelegt werden und die Krankenhäuser hätten in Verbindung mit dem Strukturfonds die Möglichkeit, sich entsprechend den regionalen Besonderheiten auf die Zukunft einzustellen.

Zur Stärkung der Planungskompetenz unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Zielsetzungen (Qualität, Erreichbarkeit, Kosten) sollte folglich die Gründung eines Planungsinstituts realisiert werden, welches die Expertise der Krankenkassen und der Patientenorganisationen nutzt. Die Einbindung der Expertise der Krankenkassen könnte gleich aus mehreren Gründen hilfreich sein:

Die Krankenkassen verfügen über Personalkapazitäten bzw. Expertise sowie die Daten, um Planungsprozesse und die Entwicklung von Planungskonzepten fundiert zu unterstützen und die Krankenkassen sind insbesondere in der Lage, eine sektorenübergreifende Perspektive in den Krankenhausplanungsprozess einzubringen.


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