Eine moderne Zahnmedizin braucht eine moderne Gebührenordnung

Dr. Romy Ermler, Vizepräsidentin der Bundeszahnärztekammer

Die Ärzteschaft diskutiert gerade intensiv und kontrovers einen von Bundesärztekammer und PKV-Verband erarbeiteten Vorschlag einer neuen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ). Dass sich hier etwas tut, ist grundsätzlich zu begrüßen.

Es ist aber gleichzeitig ein Armutszeugnis für den Verordnungsgeber, der keinen eigenen GOÄ-Vorschlag zustande bringt und der seiner Verpflichtung zur regelmäßigen Anpassung der Gebührenordnungen bei allen Berufen höchst willkürlich und selektiv nachkommt.

 

Gute Gründe für Modernisierung der GOZ

Das spüren die Zahnärztinnen und Zahnärzte seit Jahren am eigenen Leibe. Seit langem gibt es keinerlei politische Bereitschaft, die Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) anzupassen. Dabei gibt es einige gute Gründe, die GOZ endlich zu modernisieren:

1. Die Kosten für Materialien, Geräte und Personal sind in den letzten Jahren stark gestiegen. Dazu kam vor allem in den Jahren 2022 und 2023 eine hohe Inflation. Eine aktualisierte Gebührenordnung würde sicherstellen, dass die Vergütung der zahnärztlichen Leistungen die aktuellen wirtschaftlichen Bedingungen widerspiegelt.

2. Die Anforderungen an die Zahnärzteschaft haben sich durch zunehmende Bürokratie und komplexere Behandlungsfälle erhöht. Eine angepasste Gebührenordnung würde den zusätzlichen Aufwand angemessen honorieren.

3. Eine modernisierte Gebührenordnung würde klarere Informationen über die Kosten von zahnärztlichen Leistungen bieten, da immer mehr Leistungen in der veralteten GOZ gar nicht abgebildet sind. Das Vertrauen der Patientinnen und Patienten würde gestärkt und sie dabei unterstützt, informierte Entscheidungen über ihre Mundgesundheit zu treffen.

4. Im Bereich der zahnmedizinischen Fachangestellten steuern wir immer mehr auf einen Mangel zu. Um im Wettbewerb um qualifizierte Fachkräfte bestehen zu können, ist eine Anpassung der GOZ notwendig.

Diese Argumente konnte ich Ende April als Sachverständige und Vertreterin der Bundeszahnärztekammer (BZÄK) bei einer Anhörung des Gesundheitsausschusses im Bundestag vorbringen. Die Unionsfraktion hatte einen Antrag vorgelegt, mit dem die Bundesregierung zu einer Novelle von GOÄ und GOZ aufgefordert werden sollte. Auch der Gesundheitsökonom Prof. Dr. Jürgen Wasem hat sich erfreulicherweise der Forderung nach einer GOZ-Novelle angeschlossen. Er nannte das Ausbleiben einer Reform der Gebührenordnungen ein „eklatantes Politikversagen“. Der Antrag von CDU/CSU gibt Hoffnung, dass nach einem möglichen Regierungswechsel nach der Bundestagswahl im nächsten Herbst Bewegung in die Sache kommt.

 

GOÄ ist keine Grundlage für Zahnärzte

Der gerade diskutierte GOÄ-Vorschlag kann dabei allerdings keine Grundlage für eine neue Gebührenordnung für Zahnärzte sein. Denn dieser trägt die Handschrift einer Erstattungsordnung. Eine Abschaffung des bewährten Gebührenrahmens kommt für die Zahnärzteschaft jedoch keinesfalls in Frage. Ein Gebührenrahmen erlaubt eine individuelle Bemessung nach Schwierigkeitsgrad und Zeitaufwand. Gerade das sehr patientenindividuelle zahnärztliche Leistungsspektrum mit seiner Vielzahl von Behandlungsalternativen für den Patienten lässt sich mit einer Festgebühr nicht transparent abbilden. Eine Gebühr, die den individuellen Besonderheiten Rechnung trägt und diese ausweist, ist gelebter Patientenschutz.

Was wir neben einer aktualisierten GOZ noch brauchen, um nachhaltig und wirtschaftlich die zahnmedizinische Versorgung sicherzustellen, ist ein reformiertes duales Krankenversicherungssystem, das die gesetzliche und private Krankenversicherung stärkt und zukunftsfit macht. Wir brauchen eine „Reformierte Dualität 2.0“, wie in der Münsteraner Erklärung der BZÄK vorgeschlagen.

Das bedeutet ein solides System, in dem Eigenverantwortung der Bürgerinnen und Bürger ein größeres Gewicht erhält und gleichzeitig die Grundversorgung durch eine nachhaltige Reform auf der Einnahmen- wie der Ausgabenseite qualitativ auf einem angemessenen Niveau erhalten bleibt. Die BZÄK stützt sich dabei auf das bereits 2013 mit dem Verband der privatärztlichen Verrechnungsstellen (PVS) erstellte Modell der „reformierten Dualität“.

Der Blick über die Grenzen zeigt, dass in Ländern mit Einheitssystemen die medizinische Versorgung oft deutlich schlechter ist als in Deutschland: lange Wartezeiten, hohe Zuzahlungen und häufig ein kleineres Leistungsangebot. Es ist daher unsere Überzeugung, dass die Alternative deswegen nur heißen kann: Beide Systeme – GKV und PKV – müssen leistungsfähig auf eine Zukunft mit einer immer älter werdenden Bevölkerung eingestellt werden. Denn nur ständige Betragserhöhungen werden das System nicht stabilisieren können. Die kürzlich bekannt gegebene durchschnittliche Anhebung des Zusatzbeitragssatzes um 0,8 Prozentpunkte, um das Milliardendefizit in der GKV auszugleichen, wird nur der Anfang sein, wenn das System nicht grundsätzlich reformiert wird. Die Bundeszahnärztekammer wird dazu ihre wesentlichen Forderungen im Rahmen der reformierten Dualität in Richtung der Bundestagswahl 2025 weiter schärfen.


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