12.04.2021
Die Rolle der Krankenversicherer und Datennutzung als Schlüssel für den Erfolg der israelischen Impfkampagne gegen Corona
Clemens Roither
Daniel Schaffer
Seit Beginn der COVID-19-Pandemie blickt die Welt auf Israel. Hier scheint die Pandemie in einer mustergültigen Kampagne von der Impfstoffbeschaffung über die Priorisierung bis zur Distribution des Impfstoffs bekämpft zu werden, was sich auch an den Zahlen festmachen lässt. Mit über 4,6 Millionen geimpften Menschen wurden in Israel Anfang März über die Hälfte aller Bewohner des Landes geimpft. Mitte März 2021 waren bereits 50 Prozent der israelischen Bevölkerung ein zweites Mal geimpft und erhielten dadurch eine vollständige Immunisierung.[1]
Hält man, Stand Anfang April, die deutschen Impferfolge dagegen, so wird deutlich, dass Deutschland mit fast zehn Prozent Erstimpfungen im Vergleich zu Israel aber auch zu anderen Ländern stark hinterher ist – ein Fakt, der täglich für hitzige Debatten sorgt und immer neue Fragen aufwirft. Schnell drängt sich die Frage auf, was die israelische Impfkampagne so erfolgreich macht. Die geringere Größe des Landes hinsichtlich Fläche und Bevölkerung, die eine schnellere Erfassung der Bevölkerung ermöglichte, kann nicht als einziger Grund angeführt werden.[2] Wir behaupten, dass die Rolle der israelischen Krankenversicherungen ein Schlüssel zum Erfolg ist.
Vergleich beider Systeme
Öffentlich bislang diskutiert wurde der israelische Impferfolg vor allem eher im Lichte der frühzeitigen Beschaffung der Impfstoffe durch die israelische Regierung, die sich in ihrer Beschaffungsstrategie vor allem auf den Impfstoff des Herstellers Pfizer/Biontec fokussierte.[3] Die Finanzierung der Impfstoffe erfolgte durch die israelische Regierung. Mit Sicherheit ist also ein im Vergleich zu Deutschland unterschiedlicher Ansatz in der Beschaffungspolitik zentral, der sich nicht nur auf den Zeitpunkt der Beschaffung beschränkte: Auch der von der israelischen Regierung für die Impfstoffe entrichtete Preis und weitere Faktoren wie beispielsweise Haftungsfragen und die Weitergabe von Daten für die Versorgungsforschung an Hersteller spielten eine wichtige Rolle für die frühzeitige zur Verfügung Stellung von ausreichend Impfstoff.[4] Auch die Priorisierungspolitik wurde als Erfolgsfaktor benannt: Die Priorisierung der Personengruppen für die Impfung erfolgte durch das israelische Gesundheitsministerium, das schon im Dezember 2020 entschied, allen Personen über 60 Jahre, Bewohnern von Altenpflegeeinrichtungen sowie medizinischem Personal den Zugang zu Impfungen zu ermöglichen.[5] Mittlerweile werden auch deutlich jüngere Altersgruppen geimpft.
Die Priorisierungspolitik in Deutschland wurde seit Dezember 2020 mehrfach den Umständen angepasst. Laut Corona-Impfverordnung[6] wird nach vier Stufen priorisiert, beginnend mit den ältesten, kränkesten oder auch exponiertesten Menschen.
Unterschiedliche Grundvoraussetzungen
Aber nicht nur die Bekämpfung der Pandemie, sondern auch die Grundvoraussetzungen beider Länder zur Bewältigung einer solchen Herausforderung sind sehr unterschiedlich. Mit Blick auf die Versorgungsebene steht das deutsche Gesundheitssystem vergleichsweise gut da. Setzt man den Fokus auf die pandemierelevanten Bereiche, lassen sich dabei besonders die Krankenhauskapazitäten in Deutschland (mit acht Betten pro 1.000 Einwohner die höchste Anzahl in Europa) und jene des Gesundheitspersonals herausstellen (Mit 4,3 Ärzten und 12,0 Krankenpflegekräften pro 1000 Einwohner höher als der EU-Durchschnitt). Strukturell ist das deutsche Gesundheitssystem im Vergleich zu anderen Ländern aber stark fragmentiert.[7] Das deutsche Gesundheitssystem ist in Bezug auf Digitalisierung und die Verfügbarkeit und Nutzung von Gesundheitsdaten trotz einiger Reformanstrengungen in den letzten zwanzig Jahren immer noch ein Schlusslicht im internationalen Vergleich. Das stellte jüngst auch der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen (SVR-Gesundheit) in seinem aktuellen Gutachten heraus. Danach müsse die Neuausrichtung der Gesundheitsversorgung hin auf ein digitales und ein systematisch lernendes Gesundheitssystem Ziel sein.[8] Die Chancen der Digitalisierung konnten in Deutschland bisher also noch nicht zur Bewältigung der Pandemie beitragen.[9]
Israel ist Spitzenreiter in der Digitalisierung
Das israelische Gesundheitssystem ist in vielem eher das Gegenteil zum deutschen System. Auf der Versorgungsebene gilt es oft als reformbedürftig: Überbelegung in Krankenhäusern (mit drei Betten pro 1000 Einwohner liegt Israel unter dem OECD-Durchschnitt), lange Wartezeiten auf einen Termin beim Facharzt, Rationierung in vielen Sektoren des Gesundheitssystems (z.B. Positivlisten bei der Erstattung von Arzneimitteln).[10] Der Ausbruch der Coronakrise Anfang 2020 führte daher zu vielen staatlichen Sofortmaßnahmen (z.B. Behelfskrankenhäuser in Hotels), um direkt die Krise bewältigen zu können.[11] Mit Blick auf die Digitalisierung wurden jedoch in den letzten Jahren sowohl seitens der israelischen Krankenversicherer, als auch seitens des israelischen Staates wichtige Projekte vorangetrieben, sodass Israel mittlerweile zu den Spitzenreitern der Digitalisierung des Gesundheitswesens gehört.[12]
Im israelischen Gesundheitssystem spielen die Krankenversicherer im Vergleich zu Deutschland eine besondere Rolle als Versorger. Jeder israelische Bürger ist in einer der vier Krankenversicherungen des Landes versichert. In Israel besteht seit 1995 für alle Bürger gesetzlich eine Pflicht zur Versicherung mit Wechselmöglichkeiten.[13] Ähnlich wie in Deutschland sind die Krankenversicherer des Landes beitragsfinanziert und stehen im Wettbewerb zueinander. Die Beiträge werden vom Gesundheitsministerium erhoben und an die Krankenversicherer weiter verteilt. Dabei sind die vier Versicherer jedoch in der jeweiligen Organisation der Versorgungsstrukturen weitgehend unabhängig vom Staat. Sie nehmen im israelischen Gesundheitssystem nicht nur die Rolle eines „Payers“ ein, sondern haben als Health Maintenance Organisation (HMO) im Sinne eines „Players“ eine aktive Rolle in der Gestaltung der Gesundheitsversorgung ihrer Versicherten: Sie unterhalten ambulante Versorgungszentren mit angestellten Ärzten. Die Versorgungszentren finden sich dezentral in jeder Kommune – von der Großstadt bis in ländliche Regionen. Dieses Versorgungsnetzwerk ermöglich eine flexible und reibungslose Organisation der Impfkampagne in allen Regionen des Landes.
Für das israelische Gesundheitssystem ist die Digitalisierung seit Jahren ein zentrales Bindeglied. Die Krankenversicherer in Israel bieten jedem Versicherten eine elektronische Patientenakte an (Electronic Medical Record – EMR). Dabei hat Israel schon sehr früh auf die Entwicklung von EMR und E-Rezepten gesetzt. Sie sind seit ungefähr zehn Jahren Teil der alltäglichen Versorgung. Das israelische Gesundheitsministerium hat zugleich die Entwicklung eines Systems namens EITAN gefördert, über das Krankenversicherer übergreifend Zugriff auf elektronische Patientendaten haben. Das System beruht ursprünglich auf einer Entwicklung der größten Krankenversicherung im Land, der sogenannten „Clalit“ (wörtlich übersetzt: „Allgemeine“). Außerdem ist das Gesundheitsministerium auch zuständig für die Bereiche der Daten-Interoperabilität, Datensicherheit sowie des Datenschutzes. Die persönlichen Gesundheitsdaten der Bürger werden dabei dezentral zur Verfügung gestellt und vom Gesundheitsministerium verwaltet.[14] Bereits vor der Coronakrise verfügten die israelischen Krankenversicherer über weitreichende Patientendaten, die auch für die Versorgungsforschung nutzbar gemacht wurden. Hier nahmen die Versicherer teilweise eine internationale Vorreiterrolle ein. Sie sind weiterhin gut mit staatlichen Akteuren vernetzt und abgestimmt (z.B. im Rahmen von nationalen Katastrophenschutz- und Bioterrorismus-abwehrübungen).[15]
Bei der Bekämpfung der Corona Pandemie spielte auch die lange Erfahrung der Versicherer als Akteur in der Prävention und Behandlung eine Rolle. Die Versichertenstruktur ist jeweils von langjährigen Mitgliedschaften und Vertrauen seitens der Versicherten geprägt. Zentral ist und bleiben aber die elektronische Patientenakte sowie moderne Kommunikationsmöglichkeiten, die eine zeitnahe Kommunikation zwischen Versicherer und Versichertem ermöglichen. Die Krankenversicherer verfügten bereits vor der Impfkampagne gegen COVID 19 über weitreichende Erfahrung in der Organisation nationaler Gesundheitskampagnen, so unter anderem bereits auch in der Vergangenheit aufgrund ihrer Rolle bei der landesweiten Organisation und Durchführung von Grippeschutzimpfkampagnen.[16]
Israelische Versicherer für Organisation der Impfstoffabgabe zuständig
Diese Erfahrungen und Fähigkeiten der Krankenversicherer wurden nun im Rahmen der COVID-19-Impfkampagne genutzt: So wurden die Versicherer beauftragt, die Distribution des Impfstoffes in landesweit über 400 Abgabestellen zu organisieren. Sie übernahmen zugleich das Kontaktmanagement mit ihren Versicherten über Callcenter, Apps und Internetseiten, um die Terminvergabe zu koordinieren; auf diesem Wege verläuft auch gleichzeitig die Anmeldung der Versicherten für einen Impftermin. Der Kontakt zum Versicherten erfolgte zu Beginn der Impfkampagne auf Grundlage der umfangreichen Gesundheitsdaten, die der einzelnen Krankenversicherung zu jedem ihrer Versicherten zur Verfügung stehen. Auf diesem Wege wurde eine rasche Identifikation und Einladung von Angehörigen der Risikogruppen für eine Impfung ermöglicht.[17]
Das israelische Gesundheitsministerium nimmt dabei lediglich eine Koordinationsfunktion in jenen Bereichen ein, in denen die Krankenversicherer nicht aktiv sind – beispielsweise die Krankenhausinfrastruktur.[18] Alle nicht in Israel krankenversicherten Menschen (z.B. Gastarbeiter oder palästinensische Arbeitspendler aus den palästinensischen Autonomiegebieten) sowie Bewohner von Altenpflegeeinrichtungen werden wiederum aufsuchend vom MDA – dem israelischen Pendant zum Roten Kreuz – geimpft. Ein wesentlicher Unterschied zur deutschen Impfkampagne besteht auch darin, dass Impfungen größtenteils von Pflegekräften unter ärztlicher Aufsicht verabreicht werden – Ärzte müssen nach Angabe eines israelischen Experten lediglich beaufsichtigend in der Nähe sein, um im Falle von Komplikationen Patienten versorgen zu können.
Das deutsche Krankenversicherungssystem ist im Vergleich dazu deutlich zersplitterter. Die 103 gesetzlichen Krankenkassen[19] versichern ungefähr 90 Prozent der deutschen Bevölkerung. Unterschiede in der Kassengröße (ca. 1000 bis 10,7 Millionen Versicherte), Unterschiede in der Gebietszuständigkeit sowie unterschiedliche staatliche Aufsichtszuständigkeiten machen das deutsche System komplexer und führen dazu, dass die meisten Krankenkassen bisher kaum oder keine versorgungssteuernde Wirkung entfalten können – jedenfalls dann, wenn man den Begriff „Player“ im System anwenden möchte. Hinzu kommt, dass die elektronische Patientenakte als zentraler Knotenpunkt der Gesundheitsdaten derzeit erst eingeführt wird. Diagnosedaten liegen den Krankenkassen hauptsächlich aus den Quartalsabrechnungen der Kassenärztlichen Vereinigungen als Abrechnungsdaten vor, allerdings mit einem Zeitverzug von mehreren Monaten. Ob der Umfang dieser Daten für eine zielgenaue Priorisierung nach chronischer Erkrankung ausreicht, kann zudem bezweifelt werden. Etwas aktueller dürften die Daten bei den Kassenärztlichen Vereinigungen vorliegen. Es gibt demnach derzeit keinen verknüpften Datenpool, der beispielsweise bei der Impfpriorisierung bundesweit helfen könnte. Auch die ungefähr 40 privaten Krankenversicherungsunternehmen, die im dualen Krankenversicherungssystem Deutschlands ungefähr 10 Prozent der Bevölkerung versichern, verfügen nur begrenzt über Daten ihrer Versicherten.
Die deutsche Impfkampagne lehnt sich entsprechend nicht an die Möglichkeiten der Krankenkassen an. Sie folgt im Grunde vielmehr der föderalen Organisation des Landes. In Deutschland beschafft und finanziert der Bund alle Covid-19-Impfstoffe und organisiert die Verteilung an die von den Bundesländern eingerichteten Anlieferungsstellen. Die Organisation der Impfung und die Vergabe der Impftermine regeln die Bundesländer selbst. An dieser Stelle spätestens beginnt die Komplexität, mit der die deutsche Impfkampagne derzeit zu kämpfen hat. So bestehen große Unterschiede im Impfortschritt[20] und der Impforganisation zwischen den Bundesländern. In manchen Bundesländern kümmern sich die Menschen selbst um einen Impftermin und melden sich dafür über eine Hotline oder Website an. In anderen Bundesländern werden die Bürger bisher zur Impfung eingeladen.
Impfkampagne in Deutschland durch Priorisierung verkompliziert
Verkompliziert wird die Impfkampagne durch die eingeführte Priorisierung nach Vorerkrankung. Da in Deutschland ein mehr oder weniger tagesaktueller Überblick über die Gesundheitsdaten fehlt, beispielsweise über eine elektronische Patientenakte und verfügbare Gesundheitsdaten wie in Israel, ist jeder Vorerkrankte dem Grunde nach selbst dafür verantwortlich bei Impfung einen Nachweis über die Anspruchsberechtigung vorzulegen. In der Pflicht sind demnach die Ärzte[21], die ihren Patienten eine formlose Bescheinigung über das Vorliegen einer Vorerkrankung ausstellen müssen. Insgesamt ein ungleich höherer Aufwand im Vergleich zu Israel. Es gibt aber auch Ausnahmen. In Berlin beispielsweise übernimmt die Kassenärztliche Vereinigung Berlin (KV-Berlin) die Einladung für chronisch Kranke in der Priorisierungsgruppe mit hoher Priorität. Hierfür werden die vorliegenden Abrechnungsdaten ab 2020 genutzt[22]. Entspannen könnte sich die Situation bundessweit mit Beginn der Impfung in Arztpraxen ab April und mit der Beschaffung von größeren Impfstoffmengen und Neuzulassungen.
Fazit
Fasst man diesen kurzen Ländervergleich zusammen, so erkennt man unweigerlich die deutlichen Unterschiede. Mit Blick auf Israel scheint besonders der Ansatz der „Versorgung aus einer Hand“ über die Krankenversicherer als HMOs ein Schlüssel zum Erfolg zu sein. Ein weiterer Schlüssel ist aber die Digitalisierung und damit die Nutzung von umfangreicheren Gesundheitsdaten: Merkmale, die besonders im Vergleich zur deutschen Impfkampagne herausstechen. Eine Neuausrichtung der deutschen Gesundheitsversorgung hin auf ein digitales und systematisch lernendes Gesundheitssystem, wie es der SVR-Gesundheit vorschlägt, könnte demnach bei der Bewältigung zukünftiger Herausforderungen und Pandemien helfen.
Mit Blick auf die „pandemierelevanten Faktoren“ in diesem Vergleich kann man also annehmen, dass die Organisation der Impfkampagne in Deutschland nach den föderalen Strukturen eher bremsend wirkt. Zu bedenken bleibt, dass Israel nicht über föderale Strukturen verfügt und lokale oder kommunale Behörden bei der Organisation der Impfkampagne keine bedeutende Rolle spielen – im Gegensatz zum Gesundheitsministerium des Landes und der dortigen Krankenversicherer. Auch dies wird von Experten als ein Baustein zum Erfolg der Impfkampagne angesehen.[23]
Aber nicht nur die föderalen Strukturen tragen in Deutschland hierzu bei, sondern auch insgesamt geteilte Zuständigkeiten für einzelne Aspekte des Managements der Impfkampagne, an der neben Behörden zum Beispiel auch Kassenärztliche Vereinigungen beteiligt sind. Dabei bleibt die Gegenfrage offen, ob eine Organisation der Impfkampagne auf Bundesebene überhaupt möglich gewesen wäre und einen größeren Erfolg versprochen hätte. Aber auch das kann bezweifelt werden, da es gerade die Nutzung bestehender Gesundheitsdaten zu sein scheint, die am Ende zu einem schnellen Impferfolg in Israel führt. Ein Feld, zu dem wir in Deutschland eine deutlich intensivere Debatte im Bereich Datenschutz führen als in Israel – noch dazu mit Blick auf medizinische Daten. Dazu besteht jedoch nach Expertenmeinung ein sehr hohes Vertrauen innerhalb der israelischen Gesellschaft in ihre Krankenversicherer.
Sicherlich sind auch weitere Faktoren zu berücksichtigen: So bestehen mit der Einführung eines „Grünen Impfpasses“ in Israel, der Geimpften bestimmte Privilegien im Alltag ermöglicht (z.B. Besuch öffentlicher Veranstaltungen oder von Sportstudios), sowie mit der Verwendung des Impfstoffes von Biontec/Pfizer, der in der öffentlichen Meinung als sicher empfunden wird, bestimmte Impfanreize für die Bevölkerung.[24] Im Gegensatz dazu hat die öffentliche Debatte hierzulande um die Sicherheit des Impfstoffes von AstraZeneca sicherlich zu einer gewissen Skepsis in der Bevölkerung beigetragen. Schlussendlich hängt es in Deutschland an den Menschen selbst sich und andere zu schützen und sich impfen zu lassen. In Israel wird nach Aussage von Experten die Impfung in der Bevölkerung weitestgehend als gesellschaftliche Verpflichtung wahrgenommen, um schnellstmöglich zur Normalität zurückkehren zu können. Diese Sichtweise wird selbstverständlich in der israelischen Gesellschaft nicht von allen gleichermaßen geteilt: So ist bisher zu beobachten, dass bei arabischen Bürgern Israels sowie ultra-orthodoxen Juden im Durchschnitt eine deutlich geringere Bereitschaft zur Impfung existiert – etwa aufgrund ohnehin skeptischer Einstellungen zum Staat oder auch aufgrund einer höheren Verbreitung von genereller Impfskepsis in diesen Bevölkerungsgruppen.[25]
Bei allen Diskussionen um die Impfpolitik tritt diese Variable zu sehr in den Hintergrund. Viele Menschen nehmen ihre Impfberechtigung nicht wahr und lehnen eine Impfung ab. Nimmt man die Faktoren Föderalismus und fehlende Digitalisierung hin, so bleiben einzig die Priorisierung, die Impfstoffmenge und die Anzahl der impfenden Ärzte als veränderbare Faktoren übrig. Hier könnten Bund und Länder ansetzen, damit jene geimpft werden können, die bereits dringlich darauf warten.
[1] Vgl. Rosen/Dine/Davidovitch (2021): „Lessons in COVID-19 vaccination from Israel“: https://www.healthaffairs.org/do/10.1377/hblog20210315.476220/full/
[2] Vgl. Rosen/Dine/Davidovitch (2021): „Lessons in COVID-19 vaccination from Israel“: https://www.healthaffairs.org/do/10.1377/hblog20210315.476220/full/
[3] Vgl. Friedrich-Naumann-Stiftung (2021): https://www.freiheit.org/israel-and-palestinian-territories/vaccination-nation-israel-role-model-germany
[4] Vgl. Rosen/Waitzberg (2021): „Israels rapid rollout of vaccinations for COVID-19“, in Israeli Journal of Health Policy Research: https://ijhpr.biomedcentral.com/articles/10.1186/s13584-021-00440-6
[5] Vgl. Rosen/Waitzberg (2021): „Israels rapid rollout of vaccinations for COVID-19“, in Israeli Journal of Health Policy Research: https://ijhpr.biomedcentral.com/articles/10.1186/s13584-021-00440-6
[6] Vgl. Verordnung zum Anspruch auf Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 (Coronavirus-Impfverordnung – CoronaImpfV) (10.03.2021): https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/C/Coronavirus/Verordnungen/Corona-ImpfV_BAnz_AT_11.03.2021_V1.pdf
[7] Vgl. OECD/European Observatory on Health Systems and Policies (2019), Deutschland: Länderprofil Gesundheit 2019,
State of Health in the EU, OECD Publishing, Paris/European Observatory on Health Systems and Policies, Brussels. https://ec.europa.eu/health/sites/health/files/state/docs/2019_chp_de_german.pdf
[8] Vgl. Pressemitteilung des Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen (2021) 2021_03_24_SVR-Pressemitteilung_Digitalisierungsgutachten.pdf (svr-gesundheit.de)
[9] Vgl. Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen (2021): Digitalisierung für Gesundheit – Ziele und Rahmenbedingungen eines dynamisch lernenden Gesundheitssystems. https://www.svr-gesundheit.de/fileadmin/Gutachten/Gutachten_2021/SVR_Gutachten_2021_online.pdf
[10] Vgl. Analyse von Germany Trade and Invest (2020): https://www.gtai.de/gtai-de/trade/specials/special/israel/covid-19-gesundheitswesen-in-israel-237420
[11] Vgl. Analyse von Germany Trade and Invest (2020): https://www.gtai.de/gtai-de/trade/specials/special/israel/covid-19-gesundheitswesen-in-israel-237420
[12] Vgl. Bertelsmann Stiftung (2018): https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/unsere-projekte/der-digitale-patient/projektthemen/smarthealthsystems/israel
[13] Vgl. Rosen/Waitzberg (2021): „Israels rapid rollout of vaccinations for COVID-19“, in Israeli Journal of Health Policy Research: https://ijhpr.biomedcentral.com/articles/10.1186/s13584-021-00440-6
[14] Vgl. Bertelsmann Stiftung (2018): https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/unsere-projekte/der-digitale-patient/projektthemen/smarthealthsystems/israel
[15] Vgl. Rosen/Waitzberg (2021): „Israels rapid rollout of vaccinations for COVID-19“, in Israeli Journal of Health Policy Research: https://ijhpr.biomedcentral.com/articles/10.1186/s13584-021-00440-6
[16] Vgl. Rosen/Waitzberg (2021): „Israels rapid rollout of vaccinations for COVID-19“, in Israeli Journal of Health Policy Research: https://ijhpr.biomedcentral.com/articles/10.1186/s13584-021-00440-6
[17] Vgl. Rosen/Waitzberg (2021): „Israels rapid rollout of vaccinations for COVID-19“, in Israeli Journal of Health Policy Research: https://ijhpr.biomedcentral.com/articles/10.1186/s13584-021-00440-6
[18] Vgl. Bertelsmann Stiftung (2018): https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/unsere-projekte/der-digitale-patient/projektthemen/smarthealthsystems/israel
[19] Vgl. GKV-Spitzenverband: https://www.gkv-spitzenverband.de/service/krankenkassenliste/krankenkassen.jsp
[20] Vgl. COVID-19 Impfdashboard
[21] Vgl. Nachweise über Vorliegen einer Anspruchsberechtigung über § 6 Abs. 4 und 5 der ImpfVO Corona-ImpfV_BAnz_AT_11.03.2021_V1.pdf (bundesgesundheitsministerium.de)
[22] Vgl. KV Berlin (März 2021): Impfeinladungen chronisch Kranke 16-70 Jahre (kvberlin.de)
[23] Vgl. Rosen/Dine/Davidovitch (2021): „Lessons in COVID-19 vaccination from Israel“: https://www.healthaffairs.org/do/10.1377/hblog20210315.476220/full/
[24] Vgl. Ärzteblatt (Februar 2022): https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/121373/Israels-Gruener-Pass-bringt-Erleichterungen-fuer-Coronageimpfte
[25] Vgl. Rosen/Dine/Davidovitch (2021): „Lessons in COVID-19 vaccination from Israel“: https://www.healthaffairs.org/do/10.1377/hblog20210315.476220/full/
Wir danken Professor Nadav Davidovitch (Chair Department of Health Systems Management der Ben-Gurion-Universität des Negev in Be’er Scheva/Israel) für seine Einblicke in das israelische Gesundheitssystem und die Impfkampagne gegen COVID-19.
We would like to thank Professor Nadav Davidovitch (Chair Department of Health Systems Management, Ben Gurion University of the Negev in Be’er Sheva/Israel) for his insights into the Israeli healthcare system and the vaccination campaign against COVID-19.
Clemens Roither
ist Staatswissenschaftler sowie Gesundheits- und Sozialpolitologe. Sein beruflicher Hintergrund ist geprägt durch seine Tätigkeit für eine große deutschen Versorgerkrankenkasse. Derzeit arbeitet er für ein internationales Medizintechnologie-Unternehmen im Bereich Public Policy und engagiert sich ehrenamtlich im Verband Digitale Gesundheit (VdigG).
Daniel Schaffer
ist Politikwissenschaftler. Er engagiert sich ehrenamtlich im Vorstand des Verbands digitale Gesundheit (VdigG) und arbeitet für einen gesundheitspolitischen Verband in Berlin.
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