09.05.2023
Der parlamentarische Abend des BPI – vermutlich zum letzten Mal










Die haben den Schuss nicht gehört – das war die Quintessenz aus Peer Steinbrücks Kommentar zur amtierenden Bundesregierung. Der BPI hatte den ehemaligen Bundesfinanzminister als Festredner für den parlamentarischen Abend im Berliner Auditorium Friedrichstraße gewonnen, und der SPD-Grande blieb seinem Hang zu deutlichen Worten treu.
Politik und Gesellschaft seien vereint in der Hoffnung, dass irgendwie doch alles so bleibt, wie es ist. Dabei seien die Herausforderungen – national wie international – ohne disruptive Maßnahmen nicht zu meistern. Ein Beispiel aus Steinbrücks weltpolitischer Analyse träfe die Industrie ins Mark: Sollte China Taiwan überfallen, wird die Schutzmacht USA von den Verbündeten unbedingte Solidarität einfordern – gegen China. Bewahrheitet sich Steinbrücks Prognose, würde das bedeuten: Die EU müsste gegen den Aggressor China ähnliche Sanktionen verhängen, wie gegen den Aggressor Russland. Ob die Volksrepublik dann noch Wirkstoffe für Arzneimittel liefern wird, erscheint mehr als fraglich. In Deutschland würde ein Exportstopp wenige Monate später zu katastrophalen Engpässen führen. Soweit ins Detail ging der Festredner zwar nicht. Seine finstere Analyse legte aber eindringlich den Schluss nahe: Arzneimittelpolitik hat mittlerweile auch eine geopolitische Komponente. Den Deutschen bleibt da eine Hoffnung: Karl Lauterbach wird es richten – falls er den Schuss gehört hat.
An den Stehtischen war dann die Zukunft der Verbände das überragende Thema des Abends. Hans-Georg Feldmeier hatte als Gastgeber selbst den Spin gesetzt. Er begrüßte die Gäste mit dem Hinweis, dies sei wahrscheinlich der letzte parlamentarische Abend des BPI. Damit bekräftigte der BPI-Vorsitzende erneut sein Ziel, die Herstellerverbände BPI und BAH zu einer starken Stimme zu vereinigen. Der erste Versuch der Fusion war ergebnislos verlaufen. Als Grund wurden seinerzeit die unterschiedlichen Beitragsordnungen genannt.
Ein Blick auf die öffentliche Satzung des BAH schafft hierzu Klarheit. Der BAH erhebt Beiträge nur auf Umsätze mit patentfreien Arzneimitteln. Umsätze im patentgeschützten Bereich bleiben verschont – was vielen vfa-Mitgliedern eine Doppelmitgliedschaft vfa/BAH schmackhaft macht. Würde dieses Privileg nun auf alle Mitglieder einer fusionierten Einheit ausgedehnt, dürften BPI-seitig erhebliche Einnahmen fehlen. Nun hört man, es gebe eine Lösung zu aller Zufriedenheit. Wie das gelingen kann, bleibt allerdings noch ein Geheimnis; die Verhandlungen der Vorstände laufen vertraulich. Vielleicht hilft hier ein brancheneigener Joker aus dem Dilemma.
Generika-Hersteller schaffen es seit vielen Jahren, mit fast nichts in der Hand lebenswichtige Medikamente zu produzieren; der Preis für die Tagesdosis eines Generikums liegt im Schnitt bei 6 Cent. Das wirkt wie Zauberei. Mit solchem Zauber könnte auch eine Verbände-Fusion auf glatten Eis gelingen. Man darf gespannt sein. Spätestens zum parlamentarischen Abend im kommenden Jahr sollte Klarheit herrschen – dann hoffentlich im gern zitierten Zauber, der jedem Anfang innewohnt.
Sebastian Hofmann
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