Beim parlamentarischen Abend von Pro Generika stellen sich Fragen von Ulm bis Alzey

Zahlreiche Gäste beim parlamentarischen Abend von Pro Generika in der Landesvertretung Saarland
Bork Bretthauer, Anna Steinbach (beide Pro Generika), Gabriele Overwiening (ABDA) (vl.n.r.)
Das Podium bei der Diskussion beim parlamentarischen Abend von Pro Generika: Andreas Burkhardt (Pro Generika), Stephan Pilsinger MdB (CSU), Paula Piechotta MdB (Grüne), Tanja Machalet MdB (SPD), Thomas Trappe (Moderator) (v.l.n.r.)
Auf dem Podium als Vorsitzende des Gesundheitsausschusses: Tanja Machalet MdB (SPD)
Bork Bretthauer (l.), Andreas Burkhardt (beide Pro Generika) bei der Diskussion
Burkhardt Rodeck (DKGJ) (l.) mit Tanja Machalet MdB (SPD)
Kai Joachimsen (BPI)
Manuel Waldmann (AOK Nordost) (M.)
Stephan Pilsinger MdB (CSU), Tanja Machalet MdB (SPD), Andreas Heigl (Servier), Marc Schreiner (BKG) (v.l.n.r.)
Stephan Pilsinger MdB (CSU) (l.) und Andreas Heigl (Servier)
Burkhardt Rodeck (DKGJ) mit der einzigen Publikumsfrage
Aufmerksame Zuhörer sind Matthias Jahnel (Biogen) und Karoline Meyer-Ravenstein (BMG)
Maximilian Wilms-Posen (ABDA) (l.) und Sebastian Schwarz (Viatris)


„Ihr seid doch ausgezutzelt wie eine Weißwurst!“ – mit dieser scharfsichtigen Analyse spendet Stephan Pilsinger dem Gastgeber Pro Generika Trost. Seine Botschaft: Für Generika kann es keine neue Sparkeule geben.

Als Münchner Arzt mit CSU-Mandat wählt Pilsinger hier ein Bild aus dem bayerischen Brauchtum: Dort isst man die Weißwurst nämlich nicht mit Messer und Gabel. Der Bayer beißt hinein und lutscht (auf Bayerisch: zutzelt) die Wurst heraus. Übrig bleibt nur noch eine etwas unansehnliche Pelle. Das wirkt inhaltlich und optisch doch etwas schal und ruft sogleich den Gastgeber des parlamentarischen Abends auf den Plan. Als Vorsitzender von Pro Generika hält Andreas Burkhardt dagegen: Einem wichtigen Teil der Generika-Familie drohe neues Ungemach.

Anlass seiner Sorge ist Josef Hecken, der kürzlich ankündigte, der G-BA werde weitere Biosimilars für Rabattverträge freigeben. Das klingt bedrohlich nach Preisverfall. Die Kassen zutzeln schließlich, bis die Pelle leer ist. Burkhardt schimpft: Wenn für Biosimilars die Rendite verweigert wird, dann werde Teva, dessen deutsche Niederlassung er leitet, nie wieder eine Milliarde Euro für die Produktion in Deutschland ausgeben – wie vor einigen Jahren für eine neue Anlage in Ulm.

Das kann Stephan Pilsinger natürlich nicht auf sich sitzen lassen. Er zieht den ultimativen Joker: Der Pharma-Dialog wird’s richten! Da werde alles auf Augenhöhe besprochen und Josef Hecken sicher zur Vernunft gebracht. Das klingt zwar schön, wirkt aber auch etwas ausgezutzelt. Bis der Dialog zu Ergebnissen führt, hat Josef Hecken seine Pläne längst in Sack und Tüten.

Da kommt die Debatte in Fahrt. Bork Bretthauer von Pro Generika ist es nämlich gelungen, in unsortierten Zeiten namhafte Gesundheitspolitiker für die Podiumsdiskussion zu gewinnen. Neben Pilsinger und Burkhardt stehen gleich zwei Frischgebackene auf dem Podium der saarländischen Landesvertretung: Tanja Machalet (SPD) als neue Vorsitzende des Gesundheitsausschusses und Paula Piechotta (Grüne), die neuerdings der Opposition ein Gesicht geben muss. Beide Politikerinnen fremdeln noch etwas mit ihrer neuen Rolle. Machalet scheint eher der Sacharbeit zugeneigt zu sein; vorne an der Rampe wirkt sie etwas verloren. Als Ausschussvorsitzende muss sie sich zudem mit Statements zurückhalten. Schließlich repräsentiert sie alle Fraktionen im Ausschuss.

In dieser recht misslichen Lage zieht auch sie einen Joker und klärt die Zuhörer auf: Die anderen sind gefordert! Für die Ansiedlung von Unternehmen brauche es v.a. die Wirtschaftspolitiker sowie die Länder und die Kommunen. Also eigentlich alle anderen. Stolz verweist die Rheinland-Pfälzerin auf die Riesen-Investition von Eli Lilly im heimischen Alzey. Da waren die anderen doch sehr erfolgreich. Auch dies kann Andreas Burkhardt nicht unkommentiert stehen lassen. Er behauptet, mit Abnehmspritzen aus Alzey könne man keine Generikaversorgung organisieren. Das klingt plausibel. Den Generischen kann man halt nix mehr vormachen.

Schließlich ist Paula Piechotta gefordert. Auch sie hat es schwer. Die Opposition hat nix zu melden und muss stattdessen die Regierung kritisieren und kluge Alternativen aufzeigen. So kurz nach der Wahl kann man aber niemandem Untätigkeit, Versagen oder gar einen Kniefall vorwerfen. Schließlich ist noch gar nichts passiert, und ungelöste Probleme hat sie als ehemalige Ampel-Abgeordnete selber zu verantworten. Daher nutzt Piechotta einen beliebten Oppositionstrick: Sie haut einfach mal einen raus. Konkret: Piechotta lässt das Publikum wissen, sie hätte folgendes erfahren: Die Industrie wählt ihre Standorte gar nicht nach den Erstattungsbedingungen vor Ort, sondern nach ganz anderen Kriterien aus.

Das ist doch eine steile These, und der erstaunte Zuhörer fragt sich: Woher weiß die Frau das? Hat uns die Grüne Paula Piechotta jahrelang getäuscht und hinter einer taff-ablehnenden Fassade heimlich den Dialog mit der Pharma-Industrie gesucht? Gar mit vertraulichen Einblicken in das Kalkül der internationalen Konzerne? Wohl eher nicht, auch wenn alleine die Vorstellung Spaß macht. Und sagen kann man es ja mal. Nach weiteren klugen Bemerkungen schaltet Piechotta dann doch noch auf Oppositionsmodus und erklärt: „Stephan Pilsinger würde ich nicht vertrauen“. Der schlagfertige Pilsinger verwandelt die freche Attacke flugs in eine Erkenntnis: „Wenn sie so mit ihren Koalitionspartnern in der Ampel umgegangen sind, dann wundert mich gar nichts mehr“. Eigentor für Piechotta. Wie einst Franz Müntefering sagte: Opposition ist Mist. Besonders, wenn man um Gehör buhlen muss.

Nach diesen Wortwechseln lockt das Buffet. Bei einem bunten Teller in der Landesvertretung Saarland fragt man sich: Was sollen die netten Leute von Pro Generika jetzt damit anfangen? Auf den Pharma-Dialog warten? Das könnte dauern.  Näher wäre das Gesundheitssicherstellungsgesetz. Erst kürzlich hatte das BMG informiert, BMG, BMI und BMVg arbeiteten derzeit an gemeinsamen Eckpunkten. Anlass war ein Symposium der Bundeswehr zur „Gesundheitsversorgung in der Landesverteidigung“, bei dem auch Paula Piechotta dem Befehlshaber des Sanitätsdienstes der Bundeswehr aufmerksam lauschte. Für die Industrie bedeutet das geplante Gesetz: eine andere Abteilung im BMG (Sicherstellung) und zwei fremde Ressorts. Da lacht das Lobbyistenherz.

Bei der BMG-Abteilung Arzneimittel ist schließlich nichts zu holen. Bei der Sicherheit sind die Positionen noch offen. Fachfremde Ressorts können etwas reißen. Für die Forschenden hat sich seinerzeit Wirtschaftsminister Robert Habeck stark gemacht – mit Erfolg im MFG. Jetzt könnten sich die Minister Pistorius und Dobrindt für eine sichere Basisversorgung durch die heimische Generika-Industrie stark machen. Da heißt es auf zu neuen Ufern. Vielleicht steht beim nächsten parlamentarischen Abend einmal ein General im Podium? Dann hätte auch Piechotta wieder Spaß an der Oppositionsarbeit. Wir werden sehen. Pro Generika wird’s richten. Der nächste Sommer kommt bestimmt.

 

Sebastian Hofmann


Observer Gesundheit Copyright
Alle Szenebeiträge ansehen