Dr. Robert Paquet
14.01.2025
Überlegungen zu den Wahlprogrammen 2025
Dr. Robert Paquet
Am Ausgangspunkt steht die Frage: Lohnt sich die sorgfältige Lektüre der Wahlprogramme überhaupt? Auch die Fleißarbeit, die Inhalte der gesundheits- und pflegepolitischen Kapitel sortiert nach Themen gegenüberzustellen (siehe Synopse I und II), bringt keine wirklich neuen Erkenntnisse[1].
Wie erwartet zeigt sich: Im Großen und Ganzen versprechen und fordern die Parteien das, was man auch ohne die Lektüre von ihnen erwartet hätte. Trotzdem: Es gibt zarte Ansätze zu Strukturveränderungen, interessante Übereinstimmungen bestimmter Positionen und einzelne, bemerkenswerte Profilierungsversuche.
Nach der Diskussion der zentralen Aspekte wird auf die einzelnen Parteien eingegangen. Im Anschluss …
Dr. Robert Paquet
Selbstverwaltung oder staatliche Regulierung?[1] Das wird im Hinblick auf die kommende Bundestagswahl erneut zu einer zentralen Kontroverse für die Gesundheitspolitik. Dabei geht es grundsätzlich um die Governance unseres Gesundheitswesens. Im Moment reklamieren wieder viele Organisationen „Vorfahrt für die Selbstverwaltung“, wie sie schon Mitte der 1990er Jahre der damalige Bundesgesundheitsminister Seehofer proklamiert hat[2]. Zum Beispiel rief die Kassenärztliche Bundesvereinigung vor wenigen Tagen dazu auf, einen gemeinsamen „Pakt für die Selbstverwaltung“ zu schließen[3]. So einfach wird‘s jedoch nicht gehen.…
Rainer Hess beschreibt die Funktionsbedingungen dieses Systems, seine widersprüchliche Entwicklung und den …
Dr. Robert Paquet
Der GKV-Spitzenverband (GKV-SV) existiert seit 2008 und sollte die gesetzliche Krankenversicherung mit einer einheitlichen Stimme vertreten. Dass die Stimme stark sein sollte, lag nicht unbedingt im Interesse der Politik, damals wie heute. Auch die Selbstverwaltung und die Kassen als Mitglieder des Verbandes haben nicht immer dazu beigetragen. Dabei spielen die Kassenarten eine unselige Rolle. Die Politik hat den Verband mit kleinteiligen Aufgaben zugeschüttet und ihn gleichzeitig politisch klein gehalten.
Er ist bisher auch nicht als Kreativ-Agentur der GKV bzw. für die Gesundheitsversorgung hervorgetreten. Die Träger der Selbstverwaltung, der Deutsche Gewerkschaftsbund …
Dr. Robert Paquet
Die Techniker Krankenkasse (TK) will einen Beitrag zur Modernisierung des Gesundheitswesens leisten. Ihr Vorstandsvorsitzender Dr. Jens Baas sammelt zu den einschlägigen Themen regelmäßig Beiträge aus Wissenschaft und Praxis und gibt entsprechenden Sammelbände heraus. Diesmal steht die Künstliche Intelligenz (KI) im Mittelpunkt.[1]
Den Arbeitstitel „Wissensexplosion“ habe man schon gehabt; dann sei im November 2022 ChatGPT gekommen. So schreibt Baas in seinem Vorwort. Seitdem hagele es Beiträge, auch zur Rolle der KI im Gesundheitswesen. Ein zentrales Problem sei jedoch die „Wahrheitstreue“ solcher Systeme. Man müsse Ärzte und Patienten z.B. vor deren „Halluzinationen“ …
Dr. Robert Paquet
Die 2010er Jahre waren geprägt durch erbitterte Kontroversen zwischen den gesetzlichen Krankenkassen um den Risikostrukturausgleich (RSA). Mit dem zum 1. April 2020 in Kraft getretenen Gesetz für einen fairen Kassenwettbewerb in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-FKG) trat dann für kurze Zeit Beruhigung ein.
Die Beschränkung des Morbi-RSA auf 80 Krankheiten wurde aufgehoben; mit dem Übergang auf das sog. Vollmodell (heute mit rund 500 Diagnosegruppen) sollte die Zielgenauigkeit des RSA verbessert werden. Hinzu kamen die Einführung einer Regionalkomponente, die erneute Einrichtung eines Risikopools und verschiedene Maßnahmen, die künftig die Beeinflussung der Diagnosekodierung …
22.07.2024
Finanzierungskrise der Sozialversicherungen
Dr. Robert Paquet
Die Krankenkassenbeiträge werden steigen; auch der sozialen Pflegeversicherung drohen demnächst weitere Erhöhungen. In den aktuellen Haushaltsbeschlüssen zeigt sich jedoch, dass diese Themen auf der Bundesebene keine Priorität genießen. Gleichwohl arbeitet der Gesundheitsminister an teuren Reformen für das Gesundheitswesen und verspricht Leistungsverbesserungen in der Pflege. Die dabei wie ein Mantra angekündigten Einsparungen durch Effizienzgewinne sind reine Phantasie oder verlieren sich in der Zukunft.
Die Szene drängt unverdrossen auf Erfüllung des Koalitionsvertrages, die viele Probleme lösen würde.[1] Doch der K-Vertrag ist mit dem Ukraine-Krieg („Zeitenwende“) offensichtlich zur Makulatur geworden. Alle echten Lösungsansätze …
Dr. Robert Paquet
Angesichts der – vor allem am Gegenstand der RKI-Protokolle – neu aufgeflammten Diskussion über die „Pandemie-Aufarbeitung“ muss man in der Rückschau sorgfältig unterscheiden. Was waren die tatsächlichen Entwicklungen, was war Gesetzgebung, was war auf dieser Basis Regierungshandeln auf den verschiedenen Ebenen Bund, Länder und Kommunen? Wenn es nicht in erster Linie um politische Schuldzuweisungen und Rechthaberei geht, müsste sich die Aufarbeitung auf die Gesetzgebung und das Regierungshandeln konzentrieren.[1] Ob dabei eine Enquête-Kommission oder ein Bürgerrat zielführend wären, soll zunächst noch offen bleiben. Dabei ist einzuräumen, dass es für die Regierung …
Dr. Robert Paquet
Die CDU bereitet sich auf den Wahlkampf vor. Das ist z.B. spürbar an ihren Bemühungen um eine „Neue Grundsicherung“[1]. Das gilt aber auch für das Grundsatzprogramm, dessen Entwurf vor wenigen Wochen vorgestellt wurde[2]. Es ist das vierte in der Parteigeschichte und soll beim 36. Parteitag (6. bis 8. Mai 2024) in Berlin beschlossen werden. Zur Sozial- und Gesundheitspolitik gibt es darin nur gut dreieinhalb Seiten (S. 53ff. von insgesamt 74 Seiten).
Bisher hat sich noch kaum jemand darüber aufgeregt. Das hat seine guten Gründe; ein genauerer Blick darauf lohnt sich …
Dr. Robert Paquet
Reklame für den Gesundheitskiosk wird immer mit seinen Zielen gemacht: Abbau von Ungleichheiten im Gesundheitswesen und die Beseitigung bestehender Zugangsschwellen für benachteiligte Personengruppen zu den Versorgungsangeboten. Wer könnte da schon dagegen sein?
Für die allgemeine öffentliche Diskussion reicht das als Legitimation meist aus. Es wird nicht weiter gefragt, ob uns das vorgesehene Konzept diesen Zielen tatsächlich näherbringt. Ob die institutionelle Zuordnung der Aufgaben sachgerecht ist. Ob Organisation, Finanzierung und angedachte Allokationsmechanismen sinnvoll und durchdacht sind. Ob es damit Doppelzuständigkeiten gibt etc. Nun ist vor kurzem ein Büchlein[1] herausgekommen, das für …
15.01.2024
Themen, Trends und Transformationen
Dr. Robert Paquet
Das beginnende Jahr sollte Anlass sein, den Blick über die aktuelle Phase der Gesundheitspolitik hinauszuheben und die allgemeinen Trends über einen längeren Zeitraum zu betrachten. Vielleicht relativiert sich dabei die Kritik an den Einzelgesetzen, und die Performance der letzten 14 Jahre (von der 17. bis zur laufenden 20. Legislaturperiode des Bundestages) [1] stellt sich positiver dar als erwartet? Der Transformationsbedarf für viele Teile des Gesundheitswesens jedenfalls ist unbestritten.
In der Tat gibt es durchgehende Themen und Bearbeitungsstränge. Das betrifft den Dauerbrenner der Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und der …
17.12.2023
Krankenhausreform in der Warteschleife
Dr. Robert Paquet
Das Krankenhaustransparenzgesetz hat nicht geringe Chancen, im Februar unverändert durch den Bundesrat zu kommen. Die „große“ Krankenhausreform dagegen ist ins Stocken geraten. Die Länder werden wohl erst dann wieder zu ernsthaften Verhandlungen bereit sein, wenn das Transparenzgesetz (mit oder ohne Änderungen) endgültig beschlossen ist. Dann ist jedoch mit weiteren Verwässerungen des ursprünglichen Konzepts zu rechnen.
Gleichzeitig wächst die Not der Krankenhäuser und der Druck der Länder, einen Transformationsfonds einzurichten, der die Defizite (etwas) ausgleicht und die für die Zukunft wichtigen Häuser am Leben erhält. Immerhin haben einige Länder ihre Investitionsmittel …
15.10.2023
„Revolution“ im Postkutschentempo
Dr. Robert Paquet
Man erinnert sich noch gut an die Präsentation der Vorschläge der Regierungskommission, die sich Minister Lauterbach am Nikolaustag 2022 ohne Einschränkungen zu eigen gemacht hat. Die „Revolution“ wurde ausgerufen, und die krankenhauspolitischen Reformansätze in Nordrhein-Westfalen (NRW) und Niedersachsen wurden als viel „zu wenig radikal“ zur Seite gewischt. Nun wird gerade mit den Ländervertretern an einem „Vor-Arbeitsentwurf“[1] gewerkelt, der genau dem Vorbild der NRW-Reform folgt und bei den „sektorenübergreifenden Versorgungseinrichtungen“ (bzw. den ursprünglichen Level Ii-Krankenhäusern) das niedersächsische Konzept der regionalen Gesundheitszentren (RGZ) aufgreift.
Schon einen Monat später, am Drei-Königstag 2023 wurde …