Dr. Christopher Hermann


Dr. Christopher Hermann

In der Gesundheits- und Pflegepolitik hatte sich die Ampelkoalition 2021 quantitativ eine Menge vorgenommen. Der Aufgabe, gleichzeitig die GKV-Finanzen zukunftsfest aufzustellen und damit dem eigenen versorgungspolitischen Reformeifer eine solide Basis zu verschaffen, hat sie sich nur ungenügend gestellt. Die fehlende robuste GKV-Finanzperspektive erweist sich mittlerweile aber als veritabler Bremsklotz für jeden postulierten Veränderungseifer – nicht zuletzt und gerade auch bei der angestrebten Krankenhausreform.

 

1. Bauchladen als Aufgalopp

Das gesundheits- und pflegepolitische Fundament der sich selbst als „Fortschrittsbündnis“ verstehenden Ampelparteien in ihrem Koalitionsvertrag (KOV) von Ende 2021 (Motto: „Mehr Fortschritt …

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Der Beschluss des Gesundheitsausschusses des Bundesrates vom 10. November 2023 zum Krankenhaustransparenzgesetz (KHTG) der Ampelkoalition lässt aufhorchen. Der Ausschuss empfiehlt, gestützt auf ein parteipolitisch bunt gemixtes entsprechendes Votum von zwölf Ländern (Gegenstimmen nur Bremen, Rheinland-Pfalz, Saarland; Enthaltung Berlin), dem Bundesrat auf seiner nächsten Sitzung am 24.11. d.J. zu dem vom Bundestag im Oktober verabschiedeten Gesetz (Bt-Drs. 20/8904) den Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat (Art 77 II GG) anzurufen (Br-Drs. 541/1/23).

Damit stünde in der Gesundheits- und insbesondere in der Krankenhauspolitik ein Szenario mit offenem Ausgang ins Haus, das es seit …

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Nicht zuletzt von der permanenten Medienpräsenz während der Corona-Pandemie inspiriert, offerierte der Koalitionsvertrag (KOV) der Ampelparteien im November 2021 eine bunte Palette von weit mehr als 100 Absichten und Vorhaben quer durch die Gesundheits- und Pflegepolitik für die neue 20. Legislaturperiode des Bundestages. Hatte die letzte Große Koalition (GroKo III) in einem Parforceritt ohnegleichen einschlägige rechtliche Grundlagen umgepflügt, stellt sich eineinhalb Jahre später die Frage, ob und wie die Ampelkoalition diesen ausladenden Fundus novellierter und neuer Normen strategisch aufgreift.

Lässt sich in systemischer Perspektive mittlerweile ein gegebenenfalls eigener ordnungs- und …

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Dr. Christopher Hermann

Die Ampelkoalition hat sich (auch) in der Gesundheits- und Pflegepolitik viel vorgenommen. Im Koalitionsvertrag (KOV) werden dazu weit mehr als einhundert Vorhaben adressiert. Eine prominente Ankündigung betrifft die dauerhafte Weiterführung des sogenannten Innovationsfonds, mit dem Projekte der neuen Versorgungsformen und der Versorgungsforschung seit 2016 auf ihre Tauglichkeit zur Weiterentwicklung von Versorgungsabläufen, Effizienz und Qualität in der GKV untersucht werden (sollen). Nach aktueller Rechtslage hat es mit dem offiziellen Ende der laufenden Legislaturperiode des Bundestages 2024 auch mit dem Innovationsfonds sein Bewenden.

Eine Begründung für das Vorhaben liefert der KOV nicht. …

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Dr. Christopher Hermann

Die Erbringung von digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) als neue Leistung der GKV hat mittlerweile trotz teilweise widriger Voraussetzungen rechtlich umfassend Marktreife erlangt. Damit steht – theoretisch – dem Siegeszug der „Apps auf Rezept“ im ersten Gesundheitsmarkt sowohl bei Patientinnen und Patienten als auch bei Ärztinnen und Ärzten nichts mehr im Weg. In welchem Umfang das Solidarsystem der GKV alsbald vermehrt für neue DiGA-Leistungen aus den Garagen von Startups oder den Digitallaboren von Big-Data-Unternehmen tatsächlich einzustehen hat, bleibt mindestens so lange höchst spekulativ, wie im System Dynamik und Beharrungstendenzen gleichermaßen wirkmächtig wahrnehmbar

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Dr. Christopher Hermann

Die Ampelkoalition ist im November 2021 mit dem netten Slogan „Mehr Fortschritt wagen“ angetreten. Im Hinblick auf den in ihrem Koalitionsvertrag (KOV) gebotenen bunten Strauß an beabsichtigter Gesundheits- und Pflegepolitik stellt sich unmittelbar die Frage: Aber wo geht sie hin? Offeriert werden eine Vielzahl unterschiedlichster gewichtiger oder weniger gewichtiger Vorhaben, die in der Geschichte der KOV in der Berliner Republik zwar quantitativ ihresgleichen suchen, strukturell aber insgesamt wenig auffallen. Was vor mehr als 30 Jahren im ersten KOV mit knappsten Ansagen für vier folgende Regierungsjahre begann, wird mittlerweile in seitenlangen

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Dr. Christopher Hermann

Applaus für Helmut Hildebrandt! Er verspricht in seinem Beitrag im Observer Gesundheit unter der Überschrift „‚Weiter so‘ und alles wird gut?“ eine „Replik“, also eine Entgegnung, eine Gegeneinrede auf meine Anmerkungen im Observer Gesundheit über die „Schöne neue grüne Versorgungswelt durch ‚Gesundheitsregionen‘“. Mit zunehmender Lektüre reibt man sich freilich unwillkürlich die Augen und wird an Brechts „Guten Menschen von Sezuan“ erinnert: „Wir stehen selbst enttäuscht und sehen betroffen / Den Vorhang zu und alle Fragen offen.“

 

1. „Weiter so“-Apologet?

In meiner Analyse würde ich – so Hildebrandts (im …

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Mit dem Ende der GroKo III nach der Bundestagswahl im kommenden September wird sich für die Gesundheitspolitik – ganz unabhängig von dem Sonderthema Covid-19-Pandemie – unmittelbar ein gewaltiger Problemhaushalt auftun. Die Bearbeitung der desaströsen Bilanz insbesondere für die GKV der Jahre unter BMG Spahn – finanziell ausgebrannt, reformpolitisch lahmgelegt – wird zur Großbaustelle einer neuen Koalitionsregierung.

Vor diesem Hintergrund kommt steuerungspolitisch der Suche nach umsetzungsfähigen innovativen Konzepten zur nachhaltigen Effizienz- und Qualitätsoptimierung in der Versorgung ein ganz besonderer Stellenwert zu. Einem solchen Anspruch kann vom Ansatz her bei ansonsten parteipolitisch …

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Dr. Christopher Hermann

Die dritte Große Koalition unter Bundeskanzlerin Merkel (GroKo III) und dem ressortverantwortlichen Bundesgesundheitsminister Jens Spahn überzieht das bundesdeutsche Gesundheits- und Pflegewesen seit ihrem Amtsantritt im Frühjahr 2018 mit einem gesetzgeberischen Hyperaktionismus ohnegleichen. Mit mindestens 30 größeren Änderungspaketen, mal als Reform-, Entlastungs- oder Weiterentwicklungsgesetz, ein anderes Mal als Änderungs-, Stärkungs-, Schutz-, Modernisierungs- oder Sonstwie-Gesetz bezeichnet sowie tausenden Seiten neuer Normen nebst Begründungen hat sie systemisch eines mit Sicherheit erreicht: Folgen und Wirkungen einzelner Maßnahmenbündel und insbesondere deren kumulatives Zusammenspiel mit- und untereinander vermag seriös niemand mehr verlässlich zu beurteilen. Das System

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Dr. Christopher Hermann

„Der Sprung in die Zukunft, hinweg über die Bedingungen des Gegenwärtigen, landet im Vergangenen.“
Adorno, Minima Moralia

 

Anders als häufig in früheren Zeiten können sich Gesundheits- und Pflegepolitik in der laufenden Legislaturperiode in einer außergewöhnlichen öffentlichen Aufmerksamkeit sonnen. Während über lange Zeit gesetzgeberische Änderungsbestrebungen eine immer wieder zwar sporadisch aufkeimende, aber letztlich als Zeitfenster limitierte besondere gesellschaftliche Wahrnehmung erreichten, zeigt sich mittlerweile ein anderes Bild, das durch die Corona-Pandemie seit dem Frühjahr 2020 nur noch markanter konturiert wird. Themen aus Gesundheit und Pflege sind in der Republik inzwischen durchaus

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Dr. Christopher Hermann

Mittlerweile werden sie rar – die Normen im Krankenversicherungsrecht, die von der schier unbändigen Novellierungsflut der amtierenden GroKo (noch) nicht erfasst sind. Es wundert deshalb nicht, dass nunmehr auch die „besondere Versorgung“ (§ 140a SGB V) – die Selektivverträge außerhalb der Hausarztzentrierten Versorgung (HZV) nach § 73b SGB V – ins Visier von BMG und in der Folge Koalitionsfraktionen gekommen ist. Nicht weniger als 13 Einzeländerungen und Ergänzungen des 2015 von der GroKo ausdrücklich als verschlankende Neustrukturierung und Bürokratieabbau bei den „Möglichkeiten der Krankenkassen, Einzelverträge mit Leistungserbringern abzuschließen“, eingeführten §

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Dr. Christopher Hermann, Jürgen Graf

Der neue Vorstoß des Bundesgesundheitsministers im Rahmen des Digitale-Versorgung-Gesetzes (DVG) zur zukünftigen Aufgabengestaltung des Innovations-fonds reiht sich nahtlos in eine lange Kette von Maßnahmen ein, das Spannungsverhältnis zwischen der durch das Bundesgesundheitsministerium (BMG) repräsentierten Exekutive und der Selbstverwaltung nachhaltig zu Gunsten des Ministeriums und somit unmittelbaren machtpolitischen Durchgriffs zu verschieben.

Ob detaillistische Vorgaben im Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG), die „Schaffung“ von 13.000 Pflegekräften, der (vorerst gescheiterte) Versuch einer „BMG-VIP-LANE“ für neue Leistungen am Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) vorbei, die zweifelhafte Verwendung von Beitragsgeldern für staatliche Aufgaben der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung …

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