12.06.2024
75-Jahr-Feier des Virchowbundes in der Max-Liebermann-Villa am Wannsee
Abgelegen vom Zentrum Berlins feiert der Virchowbund sein 75-jähriges Jubiläum in der Liebermann-Villa am Wannsee. Der historische Ort mit seinem einmaligen Ambiente ist nicht ohne Grund ausgewählt worden. Max Liebermann und Rudolf Virchow waren politische Weggefährten. Mindestens zweimal hat der große Künstler Max Liebermann den ebenso hervorragenden Arzt und Politiker Rudolf Virchow portraitiert.
Für Liebermann und Virchow seien das berufliche Wirken und das politische Engagement immer zwei Seiten ein und derselben Medaille gewesen, sagt der Bundesvorsitzende des Virchowbundes, Dirk Heinrich, in seiner Begrüßung. „Die Medizin ist eine soziale Wissenschaft, und die Politik ist nichts weiter als Medizin im Großen“, mit diesem Zitat von Rudolf Virchow macht Heinrich deutlich, welche große Verpflichtung und soziale Verantwortung mit dem Tragen des Namens „Virchow“ verknüpft sind. Der Virchowbund habe in der Vergangenheit viel geleistet und auf den Weg gebracht, z.B. die Niederlassungsfreiheit für alle Kassenärzte (1960) oder die Möglichkeit zur Gründung von fachübergreifenden Gemeinschaftspraxen (1983). Der Virchowbund werde auch weiterhin konstruktive Impulse für die Herausforderungen im Gesundheitswesen entwickeln und umsetzen.
Was bedeutet die soziale Verantwortung des Arztes? Mit dieser Frage beschäftigt sich die eindrucksvolle Festrede von Ulrich Wenner, ehemaliger Vorsitzender Richter am Bundessozialgericht. Der heutige Veranstaltungsort ist der letzte Wohnsitz von Max Liebermann gewesen. Hier habe er fast nur noch Bilder von diesem Haus und dem Garten gemalt. Beides gehöre in seinen Kunstwerken immer zusammen, wenn auch mit unterschiedlichen Perspektiven.
In der grundlegenden Bestimmung der Bundesärzteordnung über den ärztlichen Beruf sei ein ähnlicher Dualismus seit Jahrzehnten zu finden. Demnach diene der Arzt der Gesundheit des einzelnen Menschen [=Haus] und des gesamten Volkes [=Garten]. „Niemand kann den Beruf als Ärztin oder Arzt ohne bejahten und gelebten Bezug zur Gesellschaft, in der er tätig ist, in vollem Sinne ausüben“, erklärt Ulrich Wenner. Er spricht über das große Vertrauen, was der Staat den Ärzten entgegenbringt und schildert dessen Reichweite (z.B. Steuerrecht, AU-Bescheinigungen, Gutachten). Die Neutralität von Richtern gehöre ebenso wie die Objektivität von Ärzten zu den Voraussetzungen, von denen eine freiheitliche Gesellschaft lebt, betont er.
Mit den spannenden Impulsen aus den Reden lassen sich die Gäste im Anschluss im wunderschönen Ambiente der Liebermann-Villa nieder. Das schmackhafte Grillbuffet und die stillvolle Musikbegleitung sorgt für einen gelungenen gemeinschaftlichen Sommerabend an einem der schönsten Orte Berlins.
Dr. Ines Niehaus
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